Was haben die ukrainische Kursk- und die deutsche Ardennenoffensive gemeinsam?

Die Feldmarschälle Walter Model und Gerd von Rundstedt sowie General Hans Krebs bei einer Besprechung im November 1944. Bundesarchiv, Bild 146-1978-024-31, CC BY-SA 3.0 de

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Die Kursk- und die Ardennenoffensive ruhten nicht auf ernsthaften, militärischen Plänen, sondern waren Glücksspiele mit sehr hohen Einsätzen an menschlicher Verfügungsmasse und mit entscheidenden politischen und ökonomischen Folgen. Beide sollten die Wende zum „Guten“ bringen, beschleunigten jedoch den Untergang ihrer eigenen Kriegsmaschinerien.

Es war ein letztes Aufbäumen der Nazi-Strategen – damals wie heute. Anhand der nachfolgenden Darlegungen über die Ardennenoffensive dürfte es nicht schwerfallen, die Ähnlichkeiten zu erkennen.

Der ukrainische „Blitzkrieg“ in die Grenzregionen Russlands nördlich von Charkow hat weltweite Aufmerksamkeit auf sich gelenkt und kurzzeitig sogar für eine willkommene Ablenkung vom zionistischen Völkermord im Gazastreifen gesorgt, der von den meisten Mitgliedern der westlichen Unwertegemeinschaft entschlossen mit Geld und Waffen unterstützt, von ihren Bevölkerungen aber heftig abgelehnt wird.

Allerdings ist die ukrainische Militäroperation in Richtung Kursk trotz nostalgischer Erinnerungen der Neofaschisten in Kiew an ihre deutschen Nazi-Vorbilder nicht mit einem „Blitzkrieg“ der Wehrmacht zu vergleichen, sondern vielmehr mit einer militärischen Kommandooperation. Denn bereits wenige Tage nach dem angeblichen „Blitzkrieg“ sind die Vorstöße der schnellen ukrainischen Verbände von den Russen gestoppt worden. Da sie kaum Hoffnung auf ausreichend Nachschub an Waffen und Material haben, ist ihr weiteres Schicksal vorherbestimmt.

Die Geschichte wiederholt sich zwar nicht, aber auf fatale Weise erinnert der angebliche ukrainische „Blitzkrieg“, der für Kiew die Wende bringen sollte, an die „Rundstedt-Offensive“, besser bekannt als „Ardennenoffensive“, die zum Jahresende 1944 die Front der West-Alliierten in Belgien und Luxemburg spalten und die Amerikaner und Briten bis zum Ärmelkanal zurückdrängen sollte.

Auch die deutsche Ardennenoffensive war im Zweiten Weltkrieg ein Spiel mit hohen Einsätzen. An der Westfront war es die letzte entscheidende Schlacht, die von Nazi-Deutschland im Winter 1944/45 gegen die alliierten Streitkräfte gestartet wurde. Benannt nach Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt, der die Operation befehligte, war diese Offensive Deutschlands letzter großer Versuch, das Blatt des Krieges zu seinen Gunsten zu wenden und – so war das Wunschdenken der Russen hassenden deutschen Generalität – einen Separatfrieden mit den Amerikanern auszuhandeln, um die im Westen gebundene Armee gegen die vorrückenden Sowjets einzusetzen.

Hier kurz die Vorgeschichte der Offensive: Nach ihrer Landung am D-Day im Juni 1944 in der Normandie hatten die Alliierten bis Ende des Jahres erhebliche Fortschritte gemacht. Das deutsche Oberkommando erkannte zunehmend, wie kritisch die Lage war und entwickelte einen wahnsinnig-kühnen Plan, um die alliierten Streitkräfte zu spalten, den wichtigen Hafen von Antwerpen zu erobern und vier alliierte Armeen einzukreisen und zu vernichten.

Dieser Plan war deshalb wahnsinnig, weil er nur gelingen konnte, wenn eine Reihe von nicht zu kontrollierenden Faktoren zusammenwirken würden, er also auf dem Prinzip Hoffnung aufbaute. Dieser Wahnsinn wurde vom deutschen Generalstab unter der Führung des GRÖFAZ (Größter Feldherr aller Zeiten) Adolf Hitler ausgearbeitet. Er sollte durch einen Überraschungsangriff in der dicht bewaldeten Ardennenregion ausgeführt werden, einem Gelände, das zuvor als unpassierbar für Panzer und andere großangelegte Militäroperationen galt.

Die Offensive, offiziell unter dem Kodenamen „Unternehmen Wacht am Rhein“ bekannt, zielte darauf ab, das Überraschungsmoment und schlechte Wetterbedingungen auszunutzen, die die überlegenen Luftstreitkräfte der Alliierten am Boden halten würden. Der Plan konzentrierte die verbliebenen militärischen Reserven Nazi-Deutschlands, einschließlich der elitären Panzerdivisionen, auf dieses Ziel.

Allerdings hegte selbst von Rundstedt, der als fähiger Kommandant bekannt war, ernsthafte Zweifel an den ehrgeizigen Zielen des Plans und den damit verbundenen logistischen Herausforderungen – zum Beispiel, dass die deutschen Panzer aufgrund von Treibstoffmangel nur eine eng begrenzte Reichweite hatten. Um weiter vorstoßen zu können, so der Plan, mussten erst die Treibstofflager der Amerikaner hinter der Front unbeschädigt erobert werden.

Die Hauptziele waren:

  • Durchbruch der dünn besetzten Frontlinie in den Ardennen
  • Eroberung wichtiger Straßenkreuzungen, insbesondere bei Bastogne
  • Erreichen der Maas und letztlich die Eroberung von Antwerpen
  • Isolierung und Vernichtung der alliierten Streitkräfte in Belgien

Am 16. Dezember 1944, unter dem Schutz von dichtem Nebel und Schnee, starteten die Deutschen die Schlacht. Der erste Angriff war aufgrund des Überraschungsmoments sehr erfolgreich und überwältigte die in der Region stationierten amerikanischen Streitkräfte. Der deutsche Vormarsch schuf einen bedeutenden „Bogen“ in den alliierten Frontlinien, daher der amerikanische Name für die Ardennenoffensive „The Battle of the Bulge“.

Schlüssel zum deutschen Vormarsch waren die Städte St. Vith und Bastogne. Wie geplant fiel St. Vith nach kurzer Zeit und intensiven Kämpfen. Aber bei Bastogne lief alles schief: Die Stadt, verteidigt von der 101. Luftlandedivision, wurde zum Symbol eines zähen und heroischen amerikanischen Widerstands. Trotz der Einkreisung und schwerer Engpässe an Waffen, Munition und Nahrung hielten die Verteidiger bei eisiger Kälte in den Verteidigungslinien aus, bis sie von General Pattons 3. Armee entlastet wurden. Dadurch blieb den deutschen Panzern der Zugriff auf die US-Treibstofflager versperrt.

Auch anderswo kam der deutsche Vormarsch ins Stocken, teils aufgrund heftigen Widerstands, teils wegen logistischer Probleme und der schnellen Fähigkeit der Alliierten, sich neu zu gruppieren. Das schlechte Wetter, das zunächst den Deutschen zugutekam, klärte Ende Dezember auf und ermöglichte den Alliierten ihre absolute Lufthoheit zu nutzen, unter anderem für verheerende Luftangriffe auf deutsche Nachschublinien und Stellungen.

Im Januar 1945 starteten dann die West-Alliierten ihre Gegenoffensiven vom Norden und Süden des Bogens und reduzierten den Bogen allmählich, wobei sie den deutschen Streitkräften schwere Verluste zufügten. Das Versäumnis, wichtige Ziele zu erreichen, und die Erschöpfung der deutschen Ressourcen markierten den Anfang vom Ende.

Die Ardennenoffensive war Deutschlands letzter Versuch im Zweiten Weltkrieg, die Niederlage im Westen abzuwenden. Die Verluste auf beiden Seiten waren erheblich, aber nur eine Seite wurde dabei entscheidend geschwächt. Mit deutschen Gegenoffensiven im Westen oder Operationen großer Heeresverbände der Wehrmacht war es danach endgültig vorbei. Nur noch punktuell, wie bei der Brücke von Remagen, wurde noch hart gekämpft. Bis zur endgültigen Niederlage Nazi-Deutschlands im Mai 1945, als Sowjetsoldaten ihre Siegerfahne auf das Dach des Reichstags setzte, waren es nach dem Ende der Ardennenoffensive nur noch wenige Monate.

Anmerkungen:

Vorstehender Beitrag von Rainer Rupp wurde unter dem Titel „Was haben die ukrainische Kursk- und die deutsche Ardennen-Offensive gemeinsam?“ am 12.8.2024 in „RT DE“ erstveröffentlicht. Die Seiten von „RT“ sind über den Tor-Browser zu empfangen.

Siehe auch die Beiträge

im WELTEXPRESS.

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