Wie erfolgreich eine Messe, auch eine Buchmesse ist, ist heutzutage nicht mehr so leicht herauszubekommen. Das, was sich früher in den reinen Zahlen, denen von Ausstellern und Besuchern, so einfach darstellte, ist längst einer komplexen Situation gewichen, in der beispielsweise der Anteil von verkauften Lizenzen ins Ausland oder der Einkauf von Bestsellern jenseits des Atlantiks für das Verlagsgeschäft und den Buchhandel insgesamt aussagekräftiger ist. All diese Fragen zusammen mit den Neuerungen auf der Buchmesse, verpackte Juergen Boos für die Öffentlichkeit in ein Gesamtpaket, das zu entschlüsseln nicht einfach ist. Fangen wir traditionell mit den Zahlen an. Waren es 2009 noch 7 314 Einzelaussteller, kommen dieses Jahr bis jetzt 6 930 aus insgesamt 114 Ländern. Die ausgestellten Titel reduzieren sich von 401 932 auf 309 885, wobei zu unterscheiden ist zwischen den Neuerscheinungen 102 867 (2009: 123 823) und dem laufenden Programm von 207 018 Titeln (2009: 278 109). Die Ausstellungsfläche ist mit 171 790 Quadratmetern gleich geblieben, alle Hallen sind gefüllt. Die letztjährige Besucheranzahl betrug 290 469.
Die um ein paar Hundert reduzierten Einzelaussteller lassen sich leicht erklären, weil einige Länder sich nun gemeinsam präsentieren, also zu einer der 75 Nationalausstellungen geworden sind. Außerdem hatte das letztjährige Gastland eine unglaublich hohe Zahl von Einzelausstellern mitgebracht, die dieses Jahr reduziert sind. Was allerdings absolut auffällig ist, ist der Rückgang der ausgestellten Titel um knapp 25 Prozent. Ob Transport und Standfläche einfach in den Zeiten der Weltwirtschaftskrise teurer für die Aussteller sind und zurückgefahren werden, oder ob der Markt immer stärker zu den Massenbüchern neigt, also denen, für die mit viel Werbung dann Tausende von Käufern gefunden werden, können wir noch nicht beurteilen. Auf jeden Fall muß man diese Entwicklung beobachten, die ja eines deutlich macht, daß das direkte Messegeschäft und der Handel mit existierenden Büchern sich massiv ändert, also eine Strukturveränderung der Messe sich andeutet, die mit dem in Frankfurt befindlichen Zentrum des internationalen Handels mit Rechten und Lizenzen auf der Buchmesse wiederum die Buchmesse selber stärkt. Zweimal mußte man im Vorfeld der Buchmesse die Quadratmeteranzahl für diesen Bereich erhöhen müssen, so viele Buchungen lagen vor, sagte die neue Pressesprecherin der Frankfurter Buchmesse, Katja Böhne.
Katja Böhne hatte auch die Neuerungen auf der Messe vorgestellt, zu denen „Frankfurt Sparks“ sich als digitale Initiative der Buchmesse versteht, die die Angebote zum E-Geschäft und für Kreativindustrien bündeln will und in der Selbstbeschreibung „Initialzündung zwischen den traditionellen Buchverlagen und Akteuren der Technologie“ sein will. Die im schwierigen Fachenglisch – Devices Hot Spot – oder dem versimpelten, wie Frankfurt StoryDrive benannten Bereiche für die Fachleute erhalten eine begleitendes Rahmenprogramm für das Publikum, für das den Machern auch nichts anderes einfiel als: „StoryDrive-You too“. Der Aussage von Katja Böhne: „Der Bedarf an Inhalten ist so groß wie nie zuvor“, würden wir uns vorbehaltlos anschließen, meinen nur, daß die Bedürftigen die Angebote auch sprachlich verstehen müßten. Inwieweit die Gesprächszusammenführung von Verlagen mit den Anbietern neuer Technologien und Geräte über Frankfurt Sparks gelingt, soll auch durch eine zweitägige Konferenz unterstützt werden. Erstmals arbeitet die Buchmesse mit dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien zusammen.
Zum Reduzierung der Ausstellerzahlen führte Katja Böhne vor allem Osteuropa an, wo die nationalen Gemeinschaftsstände zunähmen, weil sich insbesondere dort innerhalb der Wirtschaftskrise die Krise des Buchhandles potenziert habe. Anders, als in den vergangenen Jahren hat bisher auch keiner der angemeldeten Aussteller wieder abgesagt, ein sonst gängiges Geschäft auf Messen. Die bisherigen Schwerpunkte der Buchmesse wie Bildung werden beibehalten, wobei Juergen Boos sich dabei immer sehr ins Zeug legt, glaubwürdig dazu. Auch der Film wird Thema der Messe bleiben und neben den vielen abendlichen Lesungen und Messeempfängen wird der Hessischer Film- und Kinopreis, den das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst und die Hessische Filmförderung in Kooperation mit der Buchmesse veranstalten, auch wieder den von der Buchmesse gestifteten Preis für die beste Literaturverfilmung vergeben.
Literarische Größen haben sich auch schon angekündigt. Heimspiele gibt es für Günter Grass, Richard David Precht, Iris Hanika, Frank Schätzing, Martin Mosebach und Wladimir Kaminer. Aber es kommt auch Jonathan Franzen, nach der gerade erfolgten Übersetzung seines neuen Romans „Freiheit“ (Rowohlt) literarisch gelobt wie nach den erfolgreichen und wirklich lesenswerten „Korrekturen“ vor zehn Jahren. Auch Ken Follet ist angesagt und Bret Easton Ellis und wen die Argentinier unter ihren erst auf 60, inzwischen auf 70 angekündigten Schriftstellern präsentieren, wird auch nicht ohne sein. Denn für den Abnehmer, den Leser, stehen eben doch die Bücher und deren Erzeuger im Mittelpunkt. Ehrengast Argentinien wird zusammen mit dem Buchmessenschef eine eigene Pressekonferenz abhalten, auf der die rund 300 Veranstaltungen und die 216 Neuerscheinungen von argentinischen Büchern auf Deutsch, sowie begleitende Kunstausstellungen eine Rolle spielen.
Eröffnet wird die Buchmesse am 5. Oktober um 17 Uhr, wie immer vom Direktor der Buchmesse und dem Vorsteher des Börsenvereins des deutschen Buchhandles, Gottfried Honnefelder, angesagt haben sich auch der neue hessische Ministerpräsident Volker Bouffier, Guido Westerwelle als Außenminister, Griselda Gambaro als ’literarische Rednerin des Ehrengastes Argentinien` und deren Präsidentin Christina Fernandez de Kirchner.