Wenn also die EU-Bürokratie sagt, »die Modulation wird erhöht«, so ist gemeint, dass die Senkung der Zuschüsse jedes Jahr beschleunigt wird. Für große Agrarbetriebe kommt es noch schlimmer: wer laut Förderbescheid mehr als 300 000 Euro im Jahr erhält, bekommt zusätzlich 4 Prozent für den Betrag abgezogen, der die 300 000 Euro übersteigt.
Das trifft in erster Linie die mittelständische Agrarwirtschaft in Ostdeutschland. Agrargenossenschaften (ehemalige LPG), die durchschnittlich 1 700 Hektar bewirtschaften, erhalten im Regelfall mehr als 300 000 Euro Direktzahlungen. Also werden vom Mehrbetrag 9 bis 14 Prozent abgezogen. 97 Prozent dieser Betriebe liegen in strukturschwachen ländlichen Gebieten. Es sind meist Mehrfamilienbetriebe und darüber hinaus die wichtigsten Arbeit- und Auftraggeber in ihrem Umland. Durch die zusätzliche »Modulation« werden den geförderten deutschen Agrarbetrieben 2009 bis 2013 insgesamt 242 Millionen Euro gestrichen, davon sind 19 Millionen »progressive Modulation«, die zu 97 Prozent ostdeutsche Betriebe einbüßen.
Gegen die geplanten Kürzungen hatte kürzlich der Genossenschaftsverband e.V. protestiert, welcher Genossenschaften aus 13 Bundesländern repräsentiert. Sein Vorstandsmitglied Edgar Schneider bezeichnete die EU-Maßnahme als Diskriminierung von Agrargenossenschaften und der ostdeutschen Landwirtschaft insgesamt. Diese 1000 Genossenschaften engagieren sich für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung auf dem flachen Lande und werden dafür noch bestraft. Das verstoße auch gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung. Die zusätzliche Kürzung der Zuschüsse konnte auch der umsichtigste Genossenschaftsvorstand nicht in seine Planungen einbeziehen. Geplante Investitionen und die darauf beruhende Struktur der Produktion geraten plötzlich in Wanken. Einkommensverluste gefährden die Existenz der Bauern und Landarbeiter.
Der Genossenschaftsverband, der Mitteldeutsche Genossenschaftsverband und der Raiffeisenverband bestärken ihre Mitglieder darin, sich zu wehren. Und sie werden sie dabei unterstützen. Dazu sollen Musterverfahren geführt werden, zunächst vor deutschen Verwaltungsgerichten, da die Förderbescheide von deutschen Landwirtschaftsämtern ausgestellt werden.
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Erstveröffentlichung in junge Welt vom 17.11.2009.