„Ein Drittel der Produktverpackungen verschwinden auf wundersame und Kosten sparende Weise aus dem System – die an diesem Betrug beteiligten Unternehmen verdienen sich zu Lasten der Umwelt eine goldene Nase“, sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH). Resch fordert daher „ein Ende des skandalösen Wegsehens der für den Vollzug der Verpackungsverordnung zuständigen Behörden und strikte und lückenlose Kontrollen“, um den Betrug an der Umwelt zu beenden.
Knapp 700 Millionen Euro müssten die Unternehmen für die ordentliche Entsorgung und Lizenzierung der fehlenden zwei Millionen Tonnen Verpackungen bezahlen. Besonders für Kunststoff, Getränkekartons und andere sogenannte Leichtverpackungen aus den gelben Tonnen und Säcken sparen die betrügerischen Unternehmen das Geld. Die Entsorgung der Leichtverpackungen ist fünf bis neun Mal teurer als für Papier und kostet bis zu 20-Mal mehr als die Entsorgung von Glas. Die Unternehmen müssten allein für die nicht gemeldeten Leichtverpackungen mindestens 560 Millionen Euro zahlen. „Die Aussicht auf Kosteneinsparung regt offensichtlich die Kreativität der Unternehmen und ihrer Berater an“, sagte Resch. „Unternehmen verdienen bares Geld an der Nichtlizenzierung von Teilmengen und an der geschickten aber verbotenen Umdeklarierung von Verbundverpackungen zu beispielsweise Papierverpackungen.“ Auffällig sei zum Beispiel, dass die lizenzierte Menge Getränkekartons seit 2006 um 26 Prozent zurückgegangen ist, obwohl die in Verkehr gebrachte Menge laut dem Branchenverband jährlich nur um etwa 3-4 Prozent sinkt.
Leidtragende des Müllskandals sind die Umwelt, Unternehmen, die ihre Verpackungen ordnungsgemäß anmelden und die korrekt arbeitenden Verpackungsentsorger im dualen System. Da sie den Müll ordnungsgemäß entsorgen, haben sie höhere Kosten als die betrügerisch arbeitenden Wettbewerber. Das führt zu Wettbewerbsverzerrungen, die nach Erfahrung der DUH zu Lasten der Umwelt ausgeglichen werden. „Wir sind an einen Punkt gelangt, wo die Entsorgung von Verpackungen teilweise zu solchen Fantasiepreisen angeboten wird, dass wir bei einigen Systembetreibern eine sehr zweifelhafte Entsorgungsqualität befürchten müssen“, sagte Maria Elander, Leiterin Kreislaufwirtschaft bei der DUH. Die DUH befürchtet, dass die rechtlich vorgeschriebenen Mindestrecyclingquoten aus Kostengründen von den Systembetreibern zunehmend nur für die lizenzierte Verpackungsmenge erfüllt werden, und nicht für die tatsächlich anfallenden und gesammelten Verpackungen. Das bedeutet: Verpackungsabfälle könnten verbrannt statt umweltgerecht recycelt werden.
Die DUH fordert daher strenge Kontrollen bei den dualen Systemen und den dort meldenden Unternehmen. „Der Vollzug der Verpackungsverordnung scheitert derzeit, denn die Behörden führen nur sehr wenige und meist oberflächliche Kontrollen und Plausibilitätsprüfungen durch“, sagte Elander. „Die Behörden fördern damit stillschweigend einen Umweltskandal.“
Nach Brancheninformationen lizenzieren u. a. McDonald’s und Unilever ihre Verkaufsverpackungen bei der Veolia Umweltservice Dual GmbH. Allein diese beiden Großkunden würden jährlich rund 45.000 Tonnen Leichtverpackungen in Umlauf bringen, von denen allenfalls 12 Prozent (5.000 Tonnen) über sogenannte Branchenlösungen entsorgt werden könnten, hat die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung berechnet. Dennoch hat Veolia Umweltservice Dual GmbH nur gut 35.000 Tonnen Leichtverpackungen für das Jahr 2009 angemeldet. Das ist umso erstaunlicher, als dass die Firma Veolia weitere Kunden unter Vertrag hat. „Die erwarteten und die lizenzierten Mengen für die beiden Unternehmen stimmen offensichtlich nicht überein. Es kann nur darüber spekuliert werden, woran und in wessen Verantwortung das liegt. Klar ist aber, dass die durchschnittlichen Kosten für die Entsorgung pro 1.000 Tonnen Leichtverpackungen mehr als 700.000 Euro betragen“, kommentiert Jürgen Resch.
Verpackungen aus privaten Haushalten müssen grundsätzlich im dualen System entsorgt werden, schreibt die Verpackungsverordnung vor. Lediglich für Verpackungen, die z.B. in Restaurants, Hotels, Krankenhäusern und Schulen anfallen, können sogenannte Branchenlösungen eingerichtet werden. Diese Branchenlösungen sind für die Unternehmen billiger, als wenn sie den Müll als Verpackungsmüll von den Haushalten deklarieren, da zum Beispiel in Restaurants größere Mengen Müll aus demselben Verpackungsmaterial anfallen. Da ähnliche Verpackungen unterschiedliche Kosten für die Entsorgung verursachen, stehen geschickte Berater zur Kostenoptimierung bereit. Der DUH liegt das Angebot einer Beratungsfirma vor, die dem potentiellen Kunden eine „kostenoptimierte Verteilung der Lizenzmengen“ anbietet – auf ein duales System einerseits und eine Branchenlösung und eine sogenannte Eigenrücknahme anderseits.
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Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe e.V. vom 20.10.2009.