Union Berlin mit Leidenschaft und Rasenballsport Leipzig ohne Seele

Eiserne Schlachtenbummler im Stadion An der Alten Försterei (Archivbild). © Sportick

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Die Tabelle der Fußball-Bundesliga nach dem dritten Spieltag können sich die Union-Fans ruhig einrahmen lassen. Platz zwei punktgleich mit dem Spitzenreiter.

Zunächst galt das nach dem 2:1 (2:0)-Sieg gegen Rasenballsport Leipzig nur für 24 Stunden. Aber vielleicht war der Aufstieg der Eisernen vor 21 056 Zuschauern in der „Alten Försterei“ keine Eintagsfliege. Die Berliner spielten wahrlich eisern auf und setzten dem Starensemble aus Sachsen gewaltig zu.

Theoson-Jordan Siebatcheu erhielt vor dem Spiel den Pokal als bester Torschütze der Schweizer Nationalliga der vergangenen Saison. 22-mal hatte der US-Boy getroffen. Der Stürmer hat sein Pulver offensichtlich noch längst nicht verschossen, das bewies er in der 32. Minute, als er auf Vorlage von Sheraldo Becker zum 1:0 einklinkte. Sechs Minuten später die umgekehrte Variante. Siebatcheu legte vor und Becker traf.

Mit 2:0 verschwanden die Teams in die Kabinen. Auf den Rängen der Leipziger erhitzten sich die Gemüter, ob es in der 13. Minute einen Elfer hätte geben müssen. Christopher Trimmel, Union-Spieler des Jahres, rempelte sich mit Timo Werner. Schiedsrichter Deniz Aytekin sah keinen Grund für einen Strafstoß.

Natürlich kamen die „Roten Bullen“ mit geballter Kraft aus der Kabine und gingen sofort auf die Eisernen los. Doch die ließen sich nicht verbiegen und standen eben eisern in der Abwehr. Da auch die Linienrichter nicht die Fahne geschwenkte hatten, kamen erst nach dem Spiel die Diskussionen auf, zumal Werner in der 19. Minute mit einem Schuss den Pfosten rasiert hatte, ob nicht ein Elfmeter fällig wäre. Am Ende sorgte Willi Orban in der 82. Minute für eine Resultats-Kosmetik. Die drei Punkte indessen blieben in der Wuhlheide.

Es war das fünfte 2:1-Resultat der beiden Ost-Teams in Folge. In vier Punktspielen sackten die Köpenicker die Siege ein. Im DFB-Pokal zeigten sich die Leipziger überlegen. Beim Blick auf die Statistik kommt durchaus Erstaunen auf, warum die Unioner gewonnen haben. Alle Zahlen sprechen für die Sachsen. Torschüsse: Leipzig 16, Union neun. Ballbesitz: Union 32, Leipzig 68 Prozent. Ecken: Union eine, Leipzig 13. Flanken: Union elf, Leipzig 18. Nackte Zahlen, die nichts über Kampfmoral und Einstellung aussagen.

Natürlich sind die Geschichten von den Schlosserjungs schöne, nostalgische Geschichten. Die Union-Fußballer sind natürlich Profis wie aller anderen. Trotzdem verstehen es Trainer Urs Fischer und Präsident Dirk Zingler mit den Spierlern, Mitarbeitern und den meisten Fans, eine besondere Atmosphäre der Verbundenheit zu schaffen. Wenn Zingler sagt: „Bei uns gibt es Bier und Bockwurst und Schluss“, dann muss er sich zwar von irgendwelchen Kreisen beschimpfen lassen, aber die Fans halten zu ihm.

Robin Knoche über den Trainer Fischer sagt: „Gut das wir einen solchen Abräumer hinten haben,“ sah richtig glücklich nach dem Spiel aus, als er erklärte: „Es ist schön zu sehen, wie sich alle freuen. Wir waren super auf den Gegner eingestellt. Jetzt genießen wir den Moment.“

Wie die Wuhlheider ein Star-Ensemble aus Leipzig auseinander nehmen können, lässt sich wohl nur mit Moral und Psyche erklären. Wenn man sieht wie geschniegelt und gebügelt Trainer Domenico Tedesco am Spielfeldrand steht, wenn man dazu erkennt wie geschickt die Sachsen stürmen und kombinieren ,aber immer wieder an den wirklich aufopferungsvoll engagierten Köpenicker scheitern, kommt man schnell dahinter warum die Unioner ihren Schlachtruf „Eisern“ zu recht tragen. Dagegen stellten wir bei RB Leipzig anderes fest. Irgendwie, so hatten wir den Eindruck, fehlt den Leipzigern die Seele.

Alle Union-Fans verdienen übrigen durchaus nicht ein dickes Lob. Wenn nach Toren Bier über die Ränge geschwappt wird, ist das nicht nur eine Sauerei. Als ehemalige Bierbrauer schmerzt mich das, weil ich weiß, welch fleißige Arbeit dahinter steckt. Und wenn Timo Werner von einige beschimpft wird, ärgert das sogar Unions-Bankchef Urs Fischer: „Für Beschimpfungen gegen Timo Werner habe ich kein Verständnis. Er ist ein guter Junge, guter Fußball und Nationalspieler.“

Zudem muss man einen Profi wie Werner erst einmal finden, der auf zehn Millionen Euro bei Chelsea verzichtet, nur damit er in Leipzig spielen kann. „Wir wollten nicht langweilig spielen und den Zuschauern etwas bieten, aber dadurch haben wir Union genau in die Karten gespielt und müssen mit der Niederlage leben“, teilte Tedesco nach dem Spiel mit.

Am heutigen Sonntag dürfen sich die Unioner ausruhen. Ab Morgen beginnt die Vorbereitung auf das Spiel am nächsten Sonnabend auf Schalke.

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