Aus dem Mund von UNO-Sprecher Martin Nesirky heute in New York hört sich das dann so an, daß ein Auto des UN-Teams "von Heckenschützen mehrfach absichtlich beschossen worden" sei.
In der taz wird anschließend gemeldet, daß Regimegegner berichteten würden, "regierungstreue Milizen hätten vom Messe-Militärflughafen aus das Feuer auf das UN-Team eröffnet. „Sie wollen verhindern, dass die Inspekteure zu uns kommen“, sagte ein Revolutionär, der nach eigenen Angaben am Ortseingang von Moadhamijat al-Scham südwestlich von Damaskus auf die Ankunft der UN-Mitarbeiter wartete." Was in der taz "Regimegegner" sind, das sind in Spiegel-Online "Oppositionsaktivisten aus Irbin", die noch zu berichten wissen, daß die UN-Kontrolleure "auf dem Weg in den südwestlich von Damaskus gelegenen Ort Muadamija" waren, als sie "vom Messe-Militärflughafen aus unter Beschuss gerieten". Wo auch immer wird über das wann und wo mehr oder weniger ausführlich informiert. Die Fragen nach dem wann und wo werden ausreichend beantwortet.
Zur weiteren W-Frage teilt die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti unter Bezugnahme auf die französische Nachrichtenagentur AFP mit, daß die UN-Kontrolleure "von Regimegegnern beschossen worden" seien, wobei darauf hingewiesen wird, daß AFP sich auf "das syrische Staatsfernsehen" beruft. Doch Spiegel-Online geht darauf genau so wenig ein wie die taz, schreibt nur, daß "die Täter seien noch nicht identifiziert" seien.
Die Antworten auf die Fragen zur Tat sind das eine, die Antworten auf die Frage nach dem Täter oder den Tätern und die nach den Hintermännern, den Schreibtischtätern, sind nicht nur nicht weniger wichtig sondern entscheidend.
Das gilt für die Schüsse vom Montagmorgen bei Damaskus auf den Konvoi der UN-Kontrolleure wie auch für das Tun, welche die Kontrolleure kontrollieren sollen. Im Grunde soll auch die UNO bestätigen, was die Ärzte ohne Grenzen (WELTEXPRESS berichtete) längst bestätigt hat: den Einsatz von C-Waffen in Syrien. Doch das ist weder die Aufgabe der Ärzte ohne Grenzen noch die der UN-Kontrolleure. Das wäre eine Aufgabe für den Internationalen Gerichtshof in Den Haag.
Doch weder in Washington, noch in London und Paris und schon gar nicht in Ankara und Jerusalem wird auch nur der Internationale Gerichtshof als Akteur ins Spiel gebracht noch eine einzige Antwort mit einem Beweis als Argument vorgebracht.
Im Gegenteil: Den Führung der Türken scheint es scheißegal zu sein, an welcher Seite sie in den Krieg ziehen. Die Führer der Engländer mit Walisern, Schotten und Nordiren sowie die Führer der Franzosen, sie können den Krieg scheinbar nicht früh genug im Beiboot der USA bekommen. Da scheint jeder Lüge Recht und billig. Angela Merkel, die Kanzlerin der Deutschen, habe David Cameron, dem Premier der Briten, am Telefon erklärt, daß sie "wenig Zweifel" hätte und die Assad-Regierung in Damaskus Schuld am C-Waffen-Einsatz sei und somit mit einem Militärschlag bestraft werden müsse. Merkels Sprecher Steffen Seibert sagt: "Es handelt sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit um einen Giftgasangriff. Er darf nicht folgenlos bleiben." Berlin sieht sich politisch wie militärisch offensichtlich bei den Kriegstreibern, neben London, Paris, Ankara und Jerusalem an der Seite Washingtons und zählt sich zur Koalition der Wollenden.
Wie arm an Argumenten diese Koalition der Wollenden, an denen die Kriegstreiber in den Hauptstädten vor allem in Nordamerika und Westeuropa schmieden, zeigt dieses in der taz unter der Zwischenüberschrift "Israel will nicht auf den letzten Beweis warten" gefundene Beispiel. "Es sei „kristallklar“, dass das Lager des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad „und nicht die Opposition die nicht-konventionellen Waffen eingesetzt“ habe, „und dies nicht zum ersten Mal“, sagte der Minister (Juval Steinitz, HUS), der auch für die israelischen Geheimdienste zuständig ist. Das Warten auf den „letzten endgültigen Beweis“ sei oft nur ein Vorwand zum Nichthandeln."
Als ersten und einzigen "Beweis" aber nannte Steinitz "das Verhalten der syrischen Regierung, die anwesenden UN-Inspektoren sechs Tage lang am Betreten des Tatorts zu hindern und diesen zur Verwischung von Spuren zu bombardieren". Diese Äußerung von Steinitz dürfte als Aussage vor dem Internationalen Gerichtshof nicht als Beweis beachtet sondern als Meinungsmache mit Hohn und Spott überschüttet werden. Doch das, was der Mann sagt, ist leider nicht so albern wie das, was er macht.
"Auffällig ist", schreibt Knut Mellenthin in der jungen Welt (jungewelt.de, 26.08.2013), "mit welcher aggressiven Entschiedenheit vor allem die Regierungen Frankreichs, Großbritanniens, der USA, Israels und der Türkei noch vor Beginn der UN-Untersuchung behaupten, "das Regime" stehe bereits als Schuldiger für den Giftgaseinsatz fest. Vorbei scheinen die Zeiten, als westliche Politiker mit viel Aufwand gefälschte Beweise produzieren ließen, die sie dann der Öffentlichkeit treuherzig vortrugen, wie zuletzt vor dem Beginn des Überfalls auf den Irak im Frühjahr 2003. Jetzt bestimmen Sprachbausteine wie "glasklar", "zweifellos", "offensichtlich" und "alles spricht dafür" die Rechtfertigung des geplanten Angriffskrieges."
Das Unterlassen der Beweisführung kommentiert Mellenthin: "Die Logik liegt auf der Hand: Wer gar nicht erst vorgibt, tatsächlich etwas beweisen zu können, kann nachträglich nicht beim Fälschen und Lügen erwischt werden."
Das scheint auch für die Schüsse auf den Konvoi der Kontrolleure der UN am Montagmorgen bei Damaskus zu gelten.