Ramelow war zumindest ehrlich. Auf die Frage, wo er sparen wolle, antwortete er, er wolle mehr Geld einnehmen über die Erhöhung der Erbschaftsteuer, die Aktivierung der Vermögensteuer und die Einführung der Börsenumsatzsteuer…Althaus, … ging auf die meisten Vorwürfe gar nicht mehr ein…Während die beiden Herausforderer mit Mimik und Gestik ihre Aussagen unterstrichen, Ramelow sich die Souveränitat erlaubte, immer wieder die zweifellos erreichten Erfolge im Lande zu loben, und Matschie sogar die Eitelkeit einflocht, dass er bald Opa werde, obwohl er doch gar nicht so aussehe, stand Althaus wie angewurzelt auf seinem Platz, die Hände meist am Pult und sprach mit gesenktem Blick…“
Die Frankfurter Rundschau (25.08.2009) befasst sich mit den Chancen jener Partei, die sich als Piratenpartei bezeichnet und kommt zu dem Schluss, dass es damit nicht weit her ist. Unter der Überschrift „Piraten brauchen Partner“ schreibt das Blatt: „Die Piratenpartei wird nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Ulrich Sarcinelli bei der Bundestagswahl weit unter der Fünf-Prozent-Hürde bleiben. Sie bekomme möglicherweise ein bis zwei Prozent der Stimmen…Bei der Europawahl Anfang Juni erreichte sie in Deutschland bundesweit 0,9 Prozent der Stimmen…Die Piratenpartei hat rund 6500 Mitglieder – viele von ihnen kamen erst in den vergangenen Monaten hinzu. Eine "Signalwirkung" habe dabei das Gesetz von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) zur Sperrung kinderpornografischer Internet-Seiten gehabt…“
Aber nicht nur in Thüringen wird demnächst gewählt, sondern auch im Saarland. Und da dürfte es ganz besonders spannend werden. Warum, verrät uns die Junge Welt (25.08.2009). Unter dem Titel „Testfall Saarland“ schreibt Rainer Balcerowiak: „Selten dürfte eine Landtagswahl im Saarland soviel bundesweites Aufsehen erregt haben, wie die bevorstehende am 30. August. Alle Parteien erhoffen sich einen wichtigen Schub für die vier Wochen später stattfindenden Bundestagswahlen…Die Grundkonstellation ist ein waschechter »Lagerwahlkampf«. Auf der einen Seite steht die bislang alleinregierende CDU, die gemeinsam mit der FDP eine »bürgerliche Regierung« bilden will. Auf der anderen wollen SPD und Linke den amtierenden Minsterpräsidenten Peter Müller ablösen, was auf die erste »rot-rote« Regierung in einem Flächenland der Alt-BRD hinausliefe…Eine Besonderheit ist sicherlich die relative Stärke der Linken. Zwar wird sie ihr ursprünglich formuliertes Wahlziel von 20 Prozent plus x aller Voraussicht nach verfehlen, aber dennoch deutlich im zweistelligen Bereich landen. Zu verdanken hat sie dies in erster Linie der ungebrochenen Popularität ihres Spitzenkandidaten Oskar Lafontaine, der das Land – damals noch für die SPD – von 1985–1998 als Ministerpräsident regierte. Zwar hat Lafontaine von vornherein angekündigt, daß er nach der Wahl in die Bundespolitik zurückkehren werde, falls es nicht für den Chefsessel in einer neuen Landesregierung reicht, die Partei verfügt aber mittlerweile über eine ausreichende Personaldecke, da sich besonders enttäuschte Sozialdemokraten aus dem Gewerkschaftsapparat der Linken angeschlossen haben…Während diese auf einen weiteren Durchbruch im Westen hoffen, könnte eine »rot-rote« Landesregierung für die SPD eine mittelfristige neue Machtoption auf Bundesebene bedeuten, die nach der abzusehenden verheerenden Niederlage bei den Bundestagswahlen dringend benötigt wird. Der Zeitpunkt für eine entsprechende Neuorientierung der Sozialdemokraten ist günstig: Koalitionen mit den Linken könnten auch aus den Ergebnissen der ebenfalls im August bzw. September stattfindenden Landtagswahlen in Thüringen und Brandenburg entstehen, für die Enttabuisierung eines solchen Bündnisses auf Bundeseebne bliebe bis zur nächsten Bundestagswahl im Jahr 2013 genügend Zeit…“
Das Neue Deutschland (24.08.2009) zeigt das Selbstbewusstsein der LINKEN, indem es die Politik allgemein niedermacht, ohne die eigene Partei sonderlich auszunehmen. So kommentierte Jürgen Amendt den diesjährigen Wahlkampf in der gestrigen Ausgabe des Blattes unter dem Titel „Wiederholungstäter“ und schrieb: „Selten war ein Bundestagswahlkampf so langweilig, so inhaltsleer, so uninspirierend wie dieser. Die Politiker spüren, dass ihnen das Wahlvolk die Versprechungen eh nicht mehr abnimmt. Vielleicht ist das der Grund, dass sie noch die letzten Ladenhüter vergangener Wahlkämpfe aus den Lagern holen und anpreisen wie sauer Bier…Angela Merkel gab am Wochenende die Wiederaufführung der Eintagsfliege »Zahl der Schulabbrecher halbieren« bekannt und Frank Walter Steinmeier langweilte mit dem Versprechen, die SPD werde nach der Wahl die Bildungsausgaben erhöhen. Das alles ist so bekannt, wie es verlogen ist. Wäre es Union und SPD ernst mit der »Bildungsrepublik Deutschland«, dann hätten sie nicht Milliarden von Euro für die Abwrackprämie ausgegeben und damit das Ende des auf fossile Brennstoffe setzenden Autobaus künstlich hinausgezögert…So wird von der Großen Koalition vor allem eines in Erinnerung bleiben: Beton!“
Die ausführlichste Analyse des momentanen Standes im Superwahljahr liefert uns Spiegel-Online (25.08.2009). Unter dem Titel „SPD und Union zittern vor dem Supersonntag“ schreiben Veit Medick und und Philip Wittrock: Der Ausgang ist ungewiss. Union und SPD erhoffen sich von den Landtagswahlen am kommenden Sonntag Signalwirkung für den Bund. Die Nervosität steigt – der CDU drohen schwere Verluste und den Sozialdemokraten ungemütliche Debatten über ihr Verhältnis zur Linkspartei…Doch diesmal scheint man im Willy-Brandt-Haus tunlichst darauf bedacht, die Erwartungen nicht allzu hoch zu schrauben…Im Saarland liegen die politischen Lager – schwarz-gelb und rot-rot-grün – zwar Kopf an Kopf. Doch vergisst man darüber fast, dass den dortigen Genossen auch ihr historisch schlechtestes Ergebnis droht…In Thüringen dürfte es zwar bergauf gehen, aber nicht an der Linkspartei vorbei, weswegen sich Spitzenkandidat Christoph Matschie nur wenig Hoffnung auf das Amt des Ministerpräsidenten machen kann. Und in Sachsen könnte die SPD trotz Zugewinnen froh sein, wenn sie sich abermals in eine Große Koalition rettete…Der zweite Grund für die Zurückhaltung der Genossen ist der Umstand, dass selbst ein Erfolg ziemlich anstrengend werden könnte. Denn klar ist: Wo auch immer – einen Ministerpräsidenten wird man nur mit Hilfe der Linkspartei stellen können. Das ist zwar in den Bundesländern längst kein Tabubruch mehr. Richtig ist auch, dass etwa der Saarländer Heiko Maas seit Monaten offen von dieser Machtoption spricht und daher so ziemlich das Gegenteil dessen vollzieht, womit Andrea Ypsilanti ihre Partei in Hessen in eine tiefe Krise stürzte…Doch dass den Sozialdemokraten durchaus wieder eine Debatte über ihr Verhältnis zur Linkspartei drohen könnte, zeigte sich am Montag an den Reaktionen auf eine an sich völlig unspektakuläre Äußerung von Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier. "Die Landesverbände entscheiden in eigener Verantwortung", sagte er der "Rheinischen Post" mit Blick auf mögliche rot-rote Koalitionen. "Die SPD muss den Anspruch haben, Regierungen zu führen. Eine SPD-Regierungsbeteiligung im Saarland, Sachsen oder Thüringen kann für die SPD im Bundestagswahlkampf einen Positivtrend begründen."…Denn klar ist auch: Der CDU drohen am Sonntag in allen Ländern Verluste.Nach Sachsen blicken die Christdemokraten noch relativ entspannt, Ministerpräsident Stanislaw Tillich kann sogar mit einer schwarz-gelben Mehrheit rechnen. Die Gefahr lauert in Thüringen und im Saarland: Die Meinungsforscher sind sich sicher, dass die CDU ihre absolute Mehrheit in beiden Ländern verlieren wird. Den Christdemokraten drohen herbe Verluste, schlimmstenfalls sogar die Oppositionsbank…“
Der Tagesspiegel (24.08.2009) ließ in seiner gestrigen Ausgabe in einem Interview die frühere DGB-Vize Ursula Engelen-Kefer zu Worte kommen. Engelen-Kefer setzte sich immer mit Elan für den Sozialstaat ein – und eckte damit vor allem bei den Protagonisten der Agendapolitik Gerhard Schröders an. Engelen-Kefer, selbst Sozialdemokratin und viele Jahre im SPD-Vorstand, wurde von Schröder als Quengelen-Kefer tituliert. Sie warnt vor allem vor Schwarz-Gelb. Unter der Überschrift „Merkel und Westerwelle werden vielen wehtun“ sagt sie uns: „Die Älteren nicken, wenn ich vor einer schwarz-gelben Regierung warne und den Gefahren für die Sozialsysteme, für die Rente und die Gesundheitsversorgung. Die Jüngeren sind oft ablehnend, werfen alle Parteien in einen Topf, und haben nicht vergessen, dass nach der letzten Wahl die Mehrwertsteuer erhöht wurde. Da gibt es großes Misstrauen gegen Union und SIch sage ihnen, wie sich ihre Arbeits- und Lebensperspektiven mit Merkel und Westerwelle rapide verschlechtern würden…Jetzt im Wahlkampf ist neoliberale Politik natürlich kein Thema, das hat Merkel 2005 gelernt. Aber nach der Wahl wird das wieder aus der Schublade gezogen. Weil sie ja keinen inhaltlichen Standort hat. Der Westerwelle hat das, und der wird sie beeinflussen…Es wird um die Haushaltskonsolidierung gehen. Irgendwas in Sachen Steuersenkung werden sie machen müssen, weil sie das jetzt wie eine Monstranz vor sich hertragen. Um das zu finanzieren, muss man an die soziale Sicherung. Und das wird vielen Menschen wehtun. Ich sehe meine Aufgabe im Wahlkampf, dies immer wieder deutlich zu machen…“