Gefangen von seinen schrecklichen Erlebnissen während des zehnjährigen Gemetzels, folgen wir (anfangs) unschuldige Leser dem Exaufklärer Kien durch seinen persönlichen Alptraum. Die Unschuld der Jugend währt nur Sekunden, Gespenster wie Lebende peinigen Kien, in Bao Ninh`s Buch weigert sich der Krieg aufzuhören. Das ist das Ende mein Leser, das wirkliche Ende.
Scheinbar findet Kien eine Lösung, indem er das Geschehen aufschreibt, und versucht die Geister auf Papier zu bannen. Reden kann er schon lange mit keinem Menschen mehr, die sind mit dem Aufbau beschäftigt, dem Anhäufen von kleinem Glück. Doch Kien hat ein psychotisches Verhältnis zu Erinnerung. Die Orakel der Vergangenheit fressen ihn auf. Exsoldat und Neudichter Kien kann der Welt der Toten und des Todes nicht entrinnen. Seine Liebe Phuong erlebt am 1. Tag den Krieg mit seiner hässlichen Wucht. Beider Erinnerungen ist Wunde, ist ein einziges Trauma.
Wohl kein Autor hat so viele Tote und Tode beschrieben wie Bao Ninh. Der unglaublich spannende Roman wechselt in glasklarer Sprache bunt durch die Zeiten. Ein großes Buch über soziale Isolation, Trunksucht, Zerstörung durch Krieg. Ein inständiges, schmerzhaftes Antikriegsbuch, ganz große Literatur.
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Bao Ninh, Die Leiden des Krieges, Roman, 320 Seiten, Mitteldeutscher Verlag, Halle 2014, ISBN-13: 978-3954623396, Preis: 24,95 Euro (D)