Auf die internationale Spur des Erfolges programmiert
In Schweden debütierte mit dem Tyresö FF ein Starensemble, welches außer dem Jahr 2012/2013 zuvor noch nie Meister gewesen war, aber durch hohen finanziellen Einsatz in den vergangenen Jahren auf die internationale Spur des Erfolges programmiert wurde. Heute steigt das Hinspiel zwischen den zwei sehr unterschiedlichen Teams im wahrscheinlich ausverkauften Solihull-Stadion der Blues. Birmingham scheiterte bei seinem Königsklassen Debüt in Saison 2012/2013 schon in der Runde der letzten 32 Mannschaften. Diesmal feierte die Mannschaft der Blues sechs Siege in Folge und trifft nun auf den schwedischen Debütanten. Doch während Tyresö Stars wie die Brasilianerin Marta und Weltklassespielerinnen aus mehreren Ländern vor allem aus den USA (3) und Brasilen (5) in seinen Reihen hat, findet man bei Birmingham fast ausschließlich junge Frauen aus England. Die Engländer setzen auf Nachwuchs aus ihrem Heimatland. Nicht ohne Grund gelten die Birminghamer Ladies sportlich gesehen als krasse Außenseiter, aber wirtschaftlich als integer.
Das Gespenst des Konkurses kreiselt über Tyresö
Der Tyresö FF gilt schon zur Stunde im Sinne der finanziellen UEFA-Fairplay-Regeln nicht mehr als befähigt für eine Erstliga-Lizenz. Die UEFA beobachtet die Entwicklung mit Sorge. Der schwedische Cheftrainer Tony Gustavsson beschwor in den vergangenen Wochen seine Spielerinnen, ihren Traum nicht aufzugeben, den UEFA Cup zu gewinnen. Der Tyresö FF befindet sich in einer wirtschaftlichen Krise. Trotzdem ist die Ausgangssituation der Schwedinnen – mit Verlaub gesagt der Legionärinnen – zum Gewinn des Titels so gut wie noch nie. Das Gespenst eines Konkurses kreist über diesem Favoriten. Die notwendige finanzielle Umstrukturierung wird spätestens Anfang Juni dafür sorgen, dass der überteuerte Spielerinnenkader der Schweden auseinander fallen wird. Angesichts der aktuellen Lage, in der sich Schwedens CL-Hoffnung Tyresö FF befindet, hat man seinen Spielerinnen einen „Maulkorb“ verpasst. Die Mobiltelefone der Spielerinnen wurden überwiegend abgestellt, niemand war auf Anfragen zu erreichen oder gab Antwort.
Nur Cheftrainer Tony Gustavsson sprach mit dem Online-Portal uefa.com. Wir zitieren aus der englischen Fassung, die wir für die deutschsprachigen Leser übersetzt haben.
Frage: Von Tyreso hört man in letzter Zeit überwiegend schlechte Nachrichten. Wie schaffen Sie es, dass die Spielerinnen sich trotzdem auf den Fußball konzentrieren?
Tony Gustavsson: Wir haben uns gegenseitig daran erinnert, dass wir unseren Traum nicht aufgeben dürfen, egal was passiert. Wie unser Kapitän Caroline Seger sagt: „Es gibt nur eine Möglichkeit. Zusammen spielen bis dieser Kampf gewonnen ist und spielen, als gäbe es kein Morgen.“ Ja, alles schien gegen uns zu sein. Verletzungen, einige Spielerinnen und Personal musste entlassen werden und finanzielle Probleme. Aber selbst im stärksten Sturm geben wir nicht auf.
Frage: Letzte Woche wurde berichtet, dass viele führende Spieler das Team nach Mai verlassen werden. Spielerinnen wie Seger, Marta und Boquete, ein Finale in Lissabon würde das letzte sein, was sie für das Team machen werden. Kann man das Team damit motivieren?
Gustavsson: Natürlich. Weil wir uns daran erinnern wollen, wie wir unseren Traum gerettet haben. Wir wollen uns daran erinnern, wie wir unser Zeichen in die Welt des Fußballs gesetzt haben und Trainer, Spielerinnen und Kinder inspiriert haben, ihre Träume nicht aufzugeben.
Frage: Aber bevor es zum Finale in Lissabon am 22. Mai geht, steht erst mal das Halbfinale gegen Birmingham an. Was für einen Eindruck haben Sie von ihnen?
Gustavsson: Ich war von der Performance gegen Arsenal ziemlich beeindruckt. Sie haben gezeigt worum es geht. Ein Team, das diszipliniert, gut organisiert und eine gute Arbeitsmoral hat. Sie haben eine interessante Mischung aus erfahrenden Spielerinnen, wie Karen Carney, Jade Moore und Jo Potter und junge, beeindruckende Spieler, wie Kirsty Linnett, Melissa Layley und Aoife Mannion.
Frage: Wie finden sie es mit einem Auswärtsspiel zu starten und erst das zweite Spiel in Tyresö zu haben?
Gustavsson: Wir wissen, dass das Spiel am Samstag gegen Birmingham in Solihull ein harter Wettkampf sein wird. Wir werden natürlich unsere Performance von unseren vorherigen Champions League Auswärtsspiele wiederholen, wo wir eine gute Verteidigung hatten und ein Tor in drei Spielen eingeräumt haben. Wir sind froh, dass wir den Vorteil haben, dass das zweite Spiel zu Hause auf Kunstrasen stattfindet. Dort können wir schneller und offensiver spielen. Wir lieben es vor unseren Fans zu spielen und hatten das Privileg während der Champions League gleich 14 Tore in drei Spielen und durchschnittlich 3,8 Tore pro Spiel zu schießen, als wir im Tyresövallen gespielt haben.
Steuerzahler bedienen die Gehälter des Vereines
Der Cheftrainer von Tyresö FF verschwieg aber, dass mittlerweile der schwedische Steuerzahler die Gehälter der Mannschaft und des Trainerstabs bezahlt und nur ein nicht näher definiertes Entwicklungshilfeprojekt mit einem noch nicht offiziell benannten afrikanischen Staat den Konkurs verhindern soll.Der schwedische Fußballverband schweigt. Die Zeitung Expressen vermeldete Anfang März unter Berufung auf Quellen, die dem Verein nahe stehen, was es mit dem afrikanischen Entwicklungshilfeprojekt auf sich hat, zu dem der in Personalunion als Vorsitzende von Tyresö FF und gleichzeitig Chef der in der Insolvenz befindlichen Tyresö Fotboll AB agierende Hans Lindberg in der Öffentlichkeit nichts sagen wollte.
Die Hauptgeschäftspartner sind multinationale Ölfirmen
Die Sportredaktion von Expressen nimmt an, dass die 4 Millionen Kronen Nettoeinnahmen pro Jahr, die den Tyresö FF retten sollen, offenbar aus Äquatorialguinea stammen werden. Äquatorialguinea ist ein afrikanischer Ministaat, der nach einem Militärputsch im Jahr 1979 von Staatspräsident Teodoro Obiang autoritär regiert wird. Obiang, dessen Tochter mit Enthusiasmus Frauenfußball spielt, wurde zuletzt 2009 mit überzeugenden 95,4% der Stimmen als Präsident vom 500.000 Menschen zählenden Volk wiedergewählt. Der 71-Jährige gilt als eines der reichsten Staatsoberhäupter Afrikas. Seine Hauptgeschäftspartner sind multinationale Ölfirmen.
In Tyresö wird angeblich eine Fußballakademie gegründet
„Expressens Konkurrent Aftonbladet behauptet zu wissen, dass es sich nicht um den Staat Äquatorialguinea, sondern um ein anderes afrikanisches Land handele und beruft sich auf andere Quellen aus dem Verein,“ recherchierte der in Schweden lebende deutschsprachige Blogger Rainer Fussgänger. „In Tyresö soll eine Fußballakademie gegründet werden, zu der in mehreren Lehrgängen innerhalb der kommenden vier Jahre Mädchen aus Äquatorialguinea kommen, um in Tyresö zur Schule zu gehen und sich im Fußballspielen weiter ausbilden lassen sollen. Wegen dieses Projektes hat das Finanzamt dem Unternehmen Tyresö Fotboll AB weitere Zeit eingeräumt, an der Insolvenz zu arbeiten.“ Rainer Fussgänger gibt zu bedenken: „Pikanterweise wurde die Frist verlängert bis zum 72. Geburtstag des mutmaßlichen Diktators am 05. Juni 2014.“
Fulminanter 8:1 Gesamtsieg gegen SV Neulengbach
Der Vertreter der Finanzbehörde Göran Källqvist erklärte auf Fragen von Expressen: „Weil es jetzt ein Projekt gibt, das Tyresö Geld bringen kann, geben wir Tyresö drei Monate, um herauszufinden, ob das Projekt eine Zukunft hat.” Ob das denn nicht gewagt sei, da ja noch nichts offiziell sei um das Projekt mit Äquatorialguinea, wollte Expressen wissen. Källqvist: “Wir verlassen uns darauf, dass wir es mit einem ehrenwerten Vorsitzenden zu tun haben und dass das Projekt das Geld bringt, von dem die Rede ist.“ Das Debüt von Tyresö FF auf europäischer Ebene verlief bislang spektakulär, nach Erfolgen gegen Paris St. Germain (PSG) und Fortuna Hjí¸rring feierte man einen fulminanten 8:1-Gesamtsieg gegen den österreichischen Meister SV Neulengbach. Aktuell sind die Verletzungssorgen von Marta, Caroline Seger, Verónica Boquete, Meghan Klingenberg und Lisa Klinga.
Weltklassemannschaft mit Weltklassespielerinnen
Birmingham City Ladies Cheftrainer David Parker weiß, dass Tyresö im Halbfinal-Hinspiel am Samstag eine „massive Bedrohung“ für seine junge Mannschaft sein wird, trotzdem hat er vollstes Vertrauen. „Tyresö hat eine Weltklassemannschaft mit Weltklassespielerinnen", erklärte David Parker gegenüber dem Portal uefa.com. „Sie stellen eine massive Bedrohung für uns dar. Wir werden in Topform sein müssen, um mit ihnen mithalten zu können. Wenn unsere Mädchen das schaffen und an ihrem Limit spielen, haben wir eine gute Chance.“ In den letzten vier Partien kassierte Birmingham lediglich einen Gegentreffer. „Das ist immer eine tolle Basis, besonders in Europa“, ergänzte Parker. „Wir werden versuchen, das Spiel eng zu machen. Wir sind von unserer Abwehr abhängig, die noch sehr jung ist. Darauf wollen wir aufbauen und dann versuchen, ein Tor zu machen.“ David gegen Goliath scheint hier die Ausgangslage zu sein.
Schweigen im Walde
Die Reaktion von Pressesprecherin Carina Johansson zu den hoffentlich kritischen Fragen der britischen Kollegen von heute bleibt abzuwarten und ist auch, wenn nur ausweichend beantwortet werden kann, neben dem Ergebnis die zweite Nachricht, die es wert ist, in Klarheit erleben zu dürfen. Sämtliche Fragen der finanziellen Situation des Vereins betreffend blockiert sie bisher mit den Worten, die man nur in autokratischen Systemen mit ähnlichem Muster zu hören bekommt: „Wir kommentieren keine Fragen zur wirtschaftlichen Situation des Vereins, sondern verweisen auf Äußerungen, die früher in dieser Woche getätigt wurden,” so Johansson zu den anwesenden Journalisten das letzte Mal in Tyresö. Weltklasse war das nicht.
5. Juni Termin beim Amtsgericht Nacka
Christen Press, Whitney Engen, Meghan Klingenberg, Marta, Carola Söberg, Caroline Seger und Veronica Boquete werden den Verein verlassen. Am 5. Juni trifft sich der Vorstand wieder vor dem Amtsgericht Nacka. Sollte der schwedische „Pleiteverein“ mit einem Champions League Sieg am 23., 24. oder 25. Mai von Lissabon aus nach Hause zurückkehren, droht der Konkurs auf höchster europäischer Wahrnehmungsschwelle. Konkurs bedeutet auch in Schweden die Verabschiedung der Mannschaft aus dem laufenden Spielbetrieb. Ob ein afrikanischer Geldgeber das Team wieder ins wirtschaftliche Gleichgewicht bringen wird, weiß bisher niemand außer den Hauptverantwortlichen Hans Lindberg und Hans Löfgren.
Wer zuletzt lacht, lacht am Besten
Dem Cheftrainer Tony Gustavsson werden derzeit sehr gute Chancen nachgesagt, Nationaltrainer der USA zu werden. Neben Randy Waldrum, Jillian Ellis und Tony Dicicco steht er auf der „Short List“ des USSF Präsidenten Sunil Gulati. Für Gustavsson spricht, dass er als ehemaliger Assistenz-Trainer von Pia Sundhage dem US-WNT Team zum Olympiasieg 2012 in London verhalf.
Quellen: FF-Schweden Blog, Expressen, Aftonbladet, UEFA, Wikipedia, Washington Post, USSF