Früh aus dem Konzept
Die Chronik des 1:0 in der zweiten Spielminute: gefühlvoller Freistoß aus der eigenen Hälfte auf Duisburgs Linksaußen, die Hereingabe wird lang und länger, Jennifer Oster rückt aus dem Mittelfeld über rechts nach, hat Zeit und Platz, auf Jackie Groenen zurückzulegen, die ohne Bedrängnis zentral aus sieben Metern ins linke Eck einschiebt. Dieser Treffer brachte die Gäste früh aus dem Konzept. „Wir hatten uns so viel vorgenommen. Aber nach dem 1:0 war ein Bruch in unserem Spiel“, resümierte eine enttäuschte Susann Utes nach der Partie. Denn trotz des schnellen Gegentreffers bot sich den USV-Frauen in Hälfte Eins mehrfach die Möglichkeit zum Ausgleich. Carolin Schiewe etwa zielte nach einer Ecke zu genau und setzte das Leder per Kopf an die Latte, Amber Hearn traf aus spitzem Winkel ebenso nur das Gebälk, nach einem gelungenen Spielzug strich ein Schuss von Laura Brosius nur knapp am Tor vorbei.
Schnelles Umschalten
Wer weiß, wie das Spiel gelaufen wäre, hätten die Saalestädterinnen noch vor der Pause ein Erfolgserlebnis verzeichnen können. Aber alles „hätte, wenn und aber“ brachte auch an diesem Tag nichts ein, wie Susann Utes bekräftigte: „Wir haben gerade in der 1. Halbzeit zu viele Chancen nicht genutzt. Von denen müssen wir wenigstens eine machen.“ Im zweiten Durchgang wurde es für den Tabellenfünften nicht besser. Vielmehr zeigten die Gastgeberinnen nach gut einer Stunde erneut, wie es geht. Ballverlust Jena, schnelles Umschalten der Grün-Weißen auf Angriff. Als Lieke Martens kurz hinter der Mittellinie Carolin Schiewe mit einem Lupfer vernascht und ein Solo über links startet, bleibt Jenas Akteurinnen nur das Nachsehen. Duisburgs Nr. 10 dringt in den Strafraum ein, schaut Stenia Michel aus und schiebt den Ball überlegt an ihr vorbei ins lange Eck.
Bewegung gefehlt
Das 2:0 war an einem solchen Tag natürlich eine Vorentscheidung, zumal die Gastgeberinnen keine zehn Minuten später den Sack endgültig zumachten. Symptomatisch für den gesamten Spielverlauf die Entstehung des dritten Treffers: Sofia Nati, kurz vorher eingewechselt, legt sich den Ball unweit des linken Strafraumecks zurecht, schießt das Leder über die „kleine“ Jenaer 3-Frauen-Mauer (Arnold, Utes, Löser), Stenia Michel kommt zwar noch an den Ball, der schlägt aber trotzdem im linken oberen Eck ein. „Uns hat die Bewegung gefehlt. Wir hatten viele einfache Ballverluste im Spielaufbau, bei denen Duisburg gut umgeschaltet und letztendlich die wenigen Chancen effektiv und konsequent genutzt hat. Jetzt heißt es für uns, unter der Woche alle Kräfte zu mobilisieren, um das wichtige Pokalspiel gegen Sand zu gewinnen“, richtete Susann Utes kurz nach der unnötigen Niederlage ihr Augenmerk bereits auf die anstehende Bewährungsprobe im Viertelfinale des DFB-Pokals am 15. Dezember.
Nach der Niederlage
Mut machen dafür sollte den Thüringerinnen die Einschätzung von Sven Kahlert nach der Niederlage. Der Duisburger Trainer bescheinigte Jena, „über 90 Minuten seinem Ruf gerecht geworden zu sein, mit den schönsten Fussball in der Liga zu spielen. Der USV war fußballerisch die bessere Mannschaft.“ Eigentlich müssen die Saalestädterinnen nur umsetzen, was dem FCR Duisburg am 10. Spieltag gegen den FF USV Jena gelang und deren Coach Daniel Kraus im Anschluss treffend formulierte: „Wer seine Chancen so nutzt, gewinnt verdient.“ Duisburgs Cheftrainer Sven Kahlert, der wieder zum ersten Mal seit seiner Sperre am Spielfeldrand stand, bemerkte in zuversichtlicher Stimmung und mit berechtigtem Stolz: "Wir haben uns diesen Erfolg verdient, auch wenn noch nicht alles eitel Sonnenschein ist, aber Einsatz, Willen, Laufbereitschaft und besonders die konsequente Chancenverwertung haben mir imponiert."
Mission zielstrebig verfolgt
In der Tat war es ein kleines Wunder, was sich da im Duisburger PCC-Stadion abspielte. Im Angesicht der größten Krise des legendären FCR 01 Duisburg, der mit Luisa Wensing (heute Vfl Wolfsburg), Annike Krahn ( Paris St. Germain), Linda Bresonik (Paris St. Germain), Simone Laudehr (1. FFC Frankfurt), Fatmire Bajramaj ( 1. FFC Frankfurt/ 1. FFC Turbine Potsdam), Alexandra Popp (VfL Wolfsburg), Kozue Ando (1. FFC Frankfurt), Kathrin Längert (FC Bayern München), Anne van Bonn ( 1. FC Lok Leipzig/ SC Sand) und Inka Grings ( FC Zürich, Chicago Red Stars, 1. FC Köln) noch vor kurzem ein Weltklasseteam darstellte, hat der Nachwuchs das Heft in die Hang genommen unter einem sachkundigen Fußballlehrer, der seine Mission zielstrebig verfolgt und künftigen FCR-Sponsoren zeigen kann, was solidarisches Teamwork alles erreichen kann. Die reservierte Zurückhaltung möglicher Sponsoren aus dem Dienstleistungsbereich wie zum Beispiel die TargoBank Deutschland, die ihr zentrales CallCenter in Duisburg unterhält, sollte endlich beendet werden. Es gibt sicherlich noch andere Unternehmen, die jetzt beim FCR an Bord gehen können und den jugendlichen Elan des Vereins für ihre professionelle Mitarbeiterrekrutierung als Vorbild für junge Menschen nutzen könnten. Ein bißchen mehr Corporate Social Responsibility (CSR) der regionalen Unternehmen wäre jetzt notwendig.
Mentaler Belastung gewachsen
Sven Kahlert und seine Co-Trainerin Annike Kiesel können mit Recht stolz sein, auf zwei Siege hinrereinander mit einem "zu Null" Ergebnis. FCR-Sportvorstand Dieter Weber war nach dieser neuerlichen Energieleistung sichtlich beeindruckt von den Löwinnen: "Die Mannschaft hat erneut eine unglaublich positive Grundeinstellung an den Tag gelegt und zweimal nacheinander ihren Beitrag dazu geleistet, damit der Verein weiter in der höchsten Spielklasse existieren kann. Ich bin unglaublich stolz darauf, wie dieses Team mit dieser Situation umgeht und trotz aller auch mentaler Belastung eine solche Botschaft an Fans und Sponsoren sendet." Mit diesem Sieg gegen Jena rückte der FCR 01 Duisburg auf den 9. Tabellenstand punktgleich mit dem SC Freiburg. In der Winterpause wird sich das Schicksal des Vereines endgültig entschieden haben. Die Verantwortung für ein sportliches Weiterkommen des FCR liegt auch bei der DFB-Zentralverwaltung in Frankfurt. Ein Ausbildungsverein wie Duisburg mit erstklassigen sportlichen Perspektiven sollte seine Chance erhalten. Ein Niedergang des FCR wäre auch eine Blamage für die Verantwortlichen in der Otto-Fleck-Schneise – eine Art Blattschuss des Oberförsters Otto Fleck, der sich als Oberforstmeister im Frankfurter Stadtwald so verdient gemacht hat.
So spielten sie:
FCR 01 Duisburg: 12- Stina Lykke Petersen – 19- Stefanie Weichelt, 15- Laura Neboli ( 5- Alice Hellfeier, 85.), 33- Carole da Silva Costa, 21- Marina Himmighofen, Jacome Silva, 3- Barbara Müller, 6- Jennifer Oster, 17- Vanessa Wahlen ( 10- Lucie Vonkova, 60.), 7- Jackie Noelle Groenen ( 11- Sofia Nati, 65.), 23- Lieke Martens – Trainer Sven Kahlert
FF USV Jena: Stenia Michel – 23- Laura Brosius ( 8- Sara Löser, 60.), 33- Carolin Schiewe, Abby Erceg, 17- Lisa Seiler, 18- Vivien Beil, 19- Iva Landeka ( 21- Maxi Krug, 89.), 6- Susann Utes, 31- Julia Arnold ( 20- Louisa Lagaris, 75.), 2- Ria Percival, 10- Amber Hearn – Trainer Daniel Kraus
Tore: 1:0 Groenen (2.); 2:0 Martens (58.); 3:0 Nati (68.)
Zuschauer: 415