Die in den 1830er Jahren von Karl Friedrich Schinkel erbaute Nikolaikirche ist spätestens seit der Fertigstellung der Kuppel unter Stüler 1850, die durch den darunterliegenden Tambour 77 Meter hoch aufragt, das Wahrzeichen Potsdams, im 19. Jahrhundert eine Residenzstadt der preußischen Könige. Das mächtige Gebäude lag schon immer am Handelsplatz des (Alten) Marktes und neben den Zentren der weltlichen Macht. Östlicher Nachbar ist das (Alte) Rathaus, gekrönt von einem goldenen Atlas, der die Weltkugel trägt. Einer Kopie des Atlasses auf dem Amsterdamer Rathaus. Größer noch der südliche Nachbar, das Stadtschloss, einst einer der Sitze des Monarchen. Jüngst wurde der Platz weiter aufgewertet: nach dem Wiederaufbau des Schlosses sitzen hier die Vertreter des Souveräns; seit Januar 2014 tagen im Neubau die 150 Abgeordneten des Landtags.
Vom 14. bis 16. November 2014 heißt die evangelische St.-Nikolai-Kirche Potsdam wieder diejenigen besonders herzlich willkommen, die abseits unserer Gesellschaft stehen: Bedürftige, Arbeitslose, Obdachlose, arme kinderreiche Familien. Diese Menschen werden über verschiedene Potsdamer Einrichtungen, wie zum Beispiel die Potsdamer Tafel und Suppenküche seit vielen Jahren erreicht und betreut, aber Not und Vereinsamung scheinen zu wachsen. Beim `Gedeckten Tisch` sollen nicht nur Randgruppen angesprochen, sondern auch Kontakte zwischen Menschen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten hergestellt werden. Gerade in der kalten Jahreszeit soll die Nikolaikirche ein Ort der Zuflucht, der Geborgenheit, der zwischenmenschlichen Begegnungen sein. Für Leib und Seele ist gesorgt: außer einem reichhaltigen Buffet gibt es eine Kleiderkammer, medizinische Grundbetreuung, Sozial- und Rechtsberatung sowie die Möglichkeit zu seelsorgerischen Gesprächen.
Musikalisch umschlungen wird die Verstaltung am Freitag von den „Different Voices“, die sowohl Eigenkompositionen vortragen als auch Werke von Jocelyn B.Smith wie z.B. das auf einem Psalm basierende Lied „Where can I go (from your spirit)“. Die „Different Voices of Berlin“, so der vollständige Name des bunt zusammengewürfelten, aber fest zusammengeschweißten Chores unterschiedlicher Stimmen, sollten auch zwei Tage später bei einem Wohltätigkeitstermin auftreten: bei einem festlichen Gottesdienst am Sonntagmorgen anlässlich des vor zwei Jahrzehnten gegründeten Nachtcafés "Zum Guten Hirten". Aus organisatorischen Gründen fällt der Auftritt des Chores aus der „Gitschiner15“ aus. Herr Wenzel, Pfarrer der Kirchengemeinde “Zum Guter Hirten“, bedauerte die Absage sehr.
Das Nachtcafé „Zum Guten Hirten“ ist eine Winterinitiative für Menschen ohne Obdach. Es verfügt über zwei Übernachtungsräume mit 15 Schlafplätzen. Seit über 18 Jahren sind dort sowohl ehren- als auch hauptamtliche Mitarbeiter aus vier evangelischen Kirchengemeinden tätig. Das Nachtcafé ist nicht nur ein Platz zum Aufwärmen, Übernachten, Essen und Trinken. Es ist auch das persönliche Gespräch möglich, man findet dort die Bereitschaft und die Zeit zum Zuhören, ein offenes Ohr für Probleme und Problemchen sowie einen Ort, um zur Ruhe zu kommen.
Ganz gleich, ob der Kapitalismus, die Globalisierung oder persönliche Unzulänglichkeiten die Schwierigkeiten verursacht haben: Parallel zum Widerstand gegen die Brüsseler Autokratie und zu philosophischen Überlegungen muss denen geholfen werden, die allein einfach nicht mehr klarkämen. Besonders im Herbst und Winter, wenn sonst Menschen schlichtweg erfrören. Auch wenn es am Wochenende bei Temperaturen zwischen 7 und 14 Grad weitgehend trocken bleibt und der Oktober und November bisher für die Jahreszeit zu warm waren, darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Kältetod in dieser mitteleuropäischen Metropole lauert.
Deswegen wird auch in Berlin-Kreuzberg in der Gitschiner Straße daran gearbeitet, dass Menschen über- und aufleben. Das „Zentrum für Gesundheit und Kultur“ mit eigener Website (gitschiner15.de) ist wohltuend anders. Zwar richtet es sich auch „gegen Ausgrenzung und Armut“, wie den mit der – durch das Musical bekannt gewordenen – U-Bahnlinie 1 Vorbeifahrenden kundgetan wird, aber der positive Aspekt kommt zuerst. Zu der materiellen Hilfe und Beratung gesellen sich der musisch-künstlerische Ausdruck und die Integration. Malen kann psychische Probleme lösen, Trommeln und Tanzen Dinge in Gang bringen, die eine Wärmestube mit Gesprächsangebot allein so nicht bewegen könnte. Deswegen hatte sich vor einigen Jahren die US-stämmige Soulsängerin Jocelyn B. Smith entschlossen, in der Gitschiner 15 einen einzigartigen Chor mit einer unverwechselbaren Signatur aufzubauen, der in der Bundeshauptstadt oder eben in der brandenburgischen Landeshauptstadt Gutes tut.
Freitag, 14.11.- Sonntag, 16.11.2014, 11-16 Uhr: „Gedeckter Tisch“, Ev.St.-Nikolai-Kirche, Am Alten Markt, 14467 Potsdam
Sonntag, 16.11.2014, 9.30 Uhr: Festgottesdienst „20 Jahre Nachtcafé“, Evangelische Kirchengemeinde ‚Zum Guten Hirten‘, Bundesallee 76a, 12161 Berlin-Friedenau