Berlin, Deutschland (Weltexpress). Wie oft haben Sie heute auf die Uhr geschaut? Oder: auf welche, auf wie viele Uhren? Wir nehmen es kaum wahr: Die Zeit und die Uhr beherrschen unseren Alltag, ohne dass wir uns dessen so recht bewusst sind. Alltag eben . . Dazu einige Betrachtungen.
Seit wann gibt es Uhren? Und was überhaupt ist Zeit?
Vor mehr als 2 000 Jahren bereits gab es mehrere Zeitsysteme. Eines der erstaunlichsten Ergebnisse entsprechender wissenschaftlicher Forschungen besagt, dass eines davon das Sexagesimalsystem der Babylonier war. Die Basiszahl war 60, woraus das Duodezimalsystem entstand – also Zwölfereinheiten. Im Ägypten jener Zeit lebten Menschen, die den Tag in zweimal zwölf gleiche Abschnitte einteilten. Und das war die Basis für unsere heutigen Stunden, Minuten und Sekunden.
„In grauer Vorzeit“ orientierten sich die Menschen nach dem Himmel. Es gab natürlich Tag und Nacht, aber die Menschen dieser Zeit bereits unterschieden die Tage und Nächte nach sprichwörtlich „Sonne, Mond und Sternen“. So kam es in Ägypten zur Erfindung der Sonnenuhr. Ein gerader Baumast wurde in die Erde gesteckt, und seine Schatten ließen eine Tageseinteilung zu. Etwas genauer wurden die Wasseruhren, die es seit dem 16.Jahrhundert v. Chr. in Ägypten gab. Sie wurde von dem Beamten Amenemhet während der Regierungszeit des Amenophis I. erfunden. Die Technik: Aus einem Gefäß lief Wasser aus, wodurch eine gewisse Zeitmessung ermöglicht wurde. Das Prinzip wurde auch mit Sand praktiziert. Aus Ägypten gelangte diese Technik nach Griechenland, wo die Sanduhr „Klepsydra“ genannt wurde. Nächste „Station“ wurde das Römische Reich – womit die Wasser- und Sanduhren auch in Zentraleuropa „heimisch“ wurden. Das ließ sich 1913 bei Ausgrabungen in Trier nachweisen. Absolut sicher auch ist dies: Karl der Große erhielt im Jahr 807 als Geschenk des Kalifen Härün ar-Raschid eine Wasseruhr.
Ab 900 n. Chr. nahm die Zeitmesser-Entwicklung in Europa regelrecht Fahrt auf. Es gab beispielsweise Kerzenuhren in verschiedenen Größen und Formen. An ihnen waren Markierungen angebracht, so dass sich die Zeit aufgrund des „Abgebrannten“ ziemlich gut bestimmen ließ – selbst nachts.
Die Tageszeit im Mittelalter wurde durch Klöster und Kirchen bestimmt, von deren Türmen Glocken nicht nur den Ton, sondern auch die Stunde angaben. Zuständig und verantwortlich dafür war der Glöckner. Er rief durch den Glockenton zum Gebet. Aber auch Gerichts- oder Marktzeiten wurden lautstark angezeigt, ebenso das Schließen und Öffnen der Stadttore.
Als „epochale Erfindung“ bezeichnen Technikhistoriker die „Hemmung“ – was wohl ist dies?
Am treffendsten ist die Erklärung in Wikipedia: „Die Hemmung, früher auch Gang, ist jene Baugruppe in Räderuhren, die die Verbindung zwischen dem Räderwerk und dem Gangregler, etwa dem Pendel herstellt. So wurde die mechanische Uhr ermöglicht. Wann das war, ist nirgends verzeichnet. Aber die Uhrenentwicklung von da an ist lückenlos überliefert:
Die erste Uhr mit mechanischer Hemmung ,also die erste „Räderuhr“, wird um 1300 nachgewiesen. 1510 baute Peter Henlein die erste Taschenuhr. Die Anfänge der Uhrmacherei im Schwarzwald wurden mit 1667 ermittelt. Rubine als Lagersteine gibt es seit 1700. 30 Jahre später präsentierte Anton Ketterer die erste Kuckucksuhr. Bemerkenswert dabei: Bis vor etwa 10 Jahren durfte keine solche Uhr in einem deutschen Haushalt fehlen – und heute? Wo noch gibt es sie?
Aber zurück zum „Lebenslauf“ der Uhr: Er kann gar nicht lückenlos geschildert werden, weil er im Detail geradezu „übertechnisiert“ ist. Alle paar Jahre gab es Fortschritte Aber Meilensteine sollen hier Erwähnung finden. 1756 etwa wurden die ersten Taschenuhren mit automatischem Aufzug in der Schweiz hergestellt. Um 1810/1812 gab es die erste Armbanduhr von Abraham Louis Breguet. Die erste gültige Weltzeit, Greenwich Mean Time (GMT), wurde 1884 Realität. Sie wurde 1928 durch UT abgelöst oder ergänzt, die Universal Time. Adrien Philippe wartete 1842 mit der ersten Taschenuhr auf, die einen Kronenaufzug hatte, 1927 gab es die erste Quarzuhr, 1949 wurde die erste Atomuhr erfunden. Sie gilt noch heute als die genaueste, zuverlässigste Zeitangabe. Die deutsche Version steht in Braunschweig, Von dort werden die deutschen Atomuhren – zu den ersten Exemplaren gehörte eine Armbandversion von Junghans – gesteuert. Sie sind heutzutage allgegenwärtig.
Während „Uhr“ etwas Gegenständliches darstellt, ist der Begriff „Zeit“ weniger „griffig“. Wissenschaftlich betrachtet gibt es verschiedene „Zeiten“. Die relative Zeit etwa bei Newton. Die Kombination „UhrZeit“ wiederum ist dagegen etwas Alltäglich-Relatives. Sie wird vom Menschen sehr individuell wahrgenommen und interpretiert. Zwei entscheidende Gruppen existieren für Zeitforscher: Diejenigen, die Pünktlichkeit über alles stellen, und jene, die es damit nicht so genau nehmen. Beide werden als „eingefleischt“ betrachtet, was heißt: Unbelehrbar in jedem Fall. Der eine Mensch, steht lieber viele Minuten vor einer vereinbarten Zeit parat, der andere kommt generell zu spät – er weiß das, lebt damit, verändert sein Verhalten aber nicht.
Sehr unterschiedlich auch ist „Zeitempfinden“, wie es Dr. Marc Wittmann interpretiert, Zeitforscher in Freiburg: „Bei Langeweile, Schmerz oder Angst verrinnt die Zeit kaum. Bin ich hingegen abgelenkt, etwa weil ich ein interessantes Gespräche führe, vergeht die Zeit sehr schnell“.
Nicht zu unterschätzen ist der Einfluss der „inneren Uhr“. Die arbeitet geradezu stoisch. Denn der menschliche Körper – ausgehend vom Gehirn – ist auf einen 24-Stunden-Rhythmus aus Schlafen und Wachen geradezu programmiert. Selbst Isolation und Dunkelheit können dem nichts anhaben, urteilen Neurologen. Sie wie auch Psychologen sehen in der Zeitwahrnehmung, eine der erstaunlichsten Leistungen des Hirns. Bei wenigen Menschen ist die innere Uhr sogar ton-, also zeitangebend: Sie können in der Regel die Uhrzeit „in etwa“ Angeben, selbst auf Minuten, und selbst wenn sie zuvor für Stunden keine Uhr abgelesen haben.
Die Uhr, die Zeit also – unser ständiger Begleiter.