Der Geschichte wird aus der Sicht des Protagonisten, Arbeiter, erzählt. Gespielt von Sergej Pakhomov. Er hat mit weiteren Kollegen, in einem Stahlwerk, eine freie Gewerkschaft ins Leben gerufen. Um gegen die prekären Arbeitsverhältnisse, Lohnkürzungen und Entlassungen zu demonstrieren. Seine Figur gerät zwischen die Fronten. Denn als er eines Nachts mit zwei Gewerkschaftsmitgliedern die Fabrik verlassen will, entgeht er nur durch Zufall einem Mordanschlag. Wenig später wird er zur Geschäftsleitung bestellt. Eingeschüchtert und voller Todesangst steht er vor seinem Chef. Dieser stellt ihn vor die Wahl, entweder er verrät die Gewerkschaft oder er muss sterben. Er wählt das Leben.
Obwohl das was in „Za Marksa”¦“ passiert fiktiv ist, wird der Film so erzählt als wäre es eine Geschichte die sich tatsächlich so zugetragen haben könnte. Dieser Eindruck wird durch den halbdokumentarischen Stil und den Einsatz einer Handkamera verstärkt.
Darüber hinaus beruht der Film auf den Beobachtungen die Baskova im Vorfeld des Films gemacht hat. So reiste sie quer durch Land und traf sich mit Arbeiter, hörte bei Gewerkschaftssitzungen zu, filmte in den Betrieben, führte Interviews und war auch bei Demonstrationen dabei.
Sie lernte die Innenseite der freien Gewerkschaften kennen. Die in ihren Bestrebungen allseitig durch die Respektlosigkeit der örtlichen Politik und Verwaltung behindert werden. Die Arbeiter die auf die Straße gehen um ihre Rechte zu verteidigen, riskieren ihren Arbeitsplatz zu verlieren, landen auf einer schwarzen Liste oder geraten ins Visier der Staatspolizei. „Za Marksa”¦“ ist das Resultat dieser Nachforschungen.
In diesem Film kommt kein Marxismus vor. Jedoch werden in der Unabhängigen Gewerkschaft die Thesen des marxistischen Historikers Pokovsky besprochen. Überhaupt gibt es in Baskovas Film eine ganze Menge an politischen und künstlerischen Diskursen, bzw. werden eine ganze Reihe von Zitaten, passend zum Thema des Films, eingefügt.
„ Increase the intellectual level of our working class and make them believe how the world works. “
Neben der freien Gewerkschaft hat sich in der Fabrik auch ein Filmklub gegründet. Hier diskutiert man unter anderem über die Werke, „Wind from the East“ und „Until Victory“ von Godard. Die Auswahl ist nicht zufällig. So setzt sich Godard in seinen Filmen oft mit politischen Versäumnissen auseinander und experimentiert formal wie inhaltlich.
Nicht nur im Filmklub ist Godard zu sehen sondern auch am Stil des Films selbst.
Formal entsteht durch eine wacklige Handkamera und der Dreh an Originalplätzen ein halbdokumentarischer Stil, bei dem man das Gefühl bekommt direkt dabei zu sein. Inhaltlich beschreibt Baskova die Welt des Arbeiters in der heutigen Zeit in Russland. Die trotz der Angst vor Entlassung und Problemen mit der Betriebsleitung die Macht des Geldes herausfordern. Wie Godard sucht Baskova nach neuen unkonventionellen Erzählstrukturen für ihren Film. Und findet sie in der Überschneidung von Dokumentar und szenischem Film – im blutigen Hollywood-Showdown und der überhöhten Darstellung des kapitalistischen Fieslings.
„Za Marksa”¦“, weist auch Parallelen zu einem Film auf der vor etwas weniger als 90 Jahren in die Kinos kam. „Streik“, aus dem Jahr 1925, von Sergei Eisenstein. Auch in diesem Film (der im zaristischen Russland spielt) geht es um widrigen Arbeitsbedingungen, um schlechte Löhne in einem Betrieb, welche die Arbeiterschaft zur Demonstration treibt und um Spione die von der Betriebsleitung eingesetzt werden um die Arbeiterschaft zu unterwandern.
All das zusammen, die vielen Zitate und Querverweise, die politischen und künstlerischen Diskursen die in diesem Film geführt werden und schlussendlich der Titel selbst der mit seinen Auslassungspünktchen offen lässt an wenn die Botschaft den nun gerichtet ist, wirken ironisch. Schlussendlich macht es aber deutlich wie viel geistiges Gepäck der Mensch schon im Laufe mit sich herum trägt und sich dennoch immer wieder aufs Neue die Freiheit erkämpfen muss.
Was ist übrig von dem was der eiserne Vorhang einst verbarg und welches Ausmaß hat der wuchernde Kapitalismus in Russland angenommen? Der Marxismus selbst kommt in diesem Film überhaupt nicht vor, sein Gespenst schon.
Originaltitel: Za Marksa”¦
Englischer Titel: For Marx”¦
Land: Russische Föderation 2012
Produktion: Cine Fantom, Moskau; AD Studio, Moskau
Regie: Svetlana Baskova
Buch: Svetlana Baskova
Kamera: Maxim Moskin, Jegor Antonov
Ton: Kirill Vasilenko
Schnitt: Victoriya Pavlovskaya
Produzent: Andrey Silvestrov, Gleb Aleynikov, Anatoly Osmolovsky.
Darsteller: Sergej Pakhomov (Gewerkschaftsaktivist), Vladimir Epifantsev
(Pavel Sergejevitch, der Fabrikbesitzer), Victor Sergachev (Vater), Lavrenty
Svetlischny (Gewerkschaftsaktivist), Aleksandr Kovalev (Meister
der Gießhalle), Vladimir Yakovlev (Nikolaj Semjonovitsch Bodrikh), Denis
Yakovlev (Dodick, Assistent des Fabrikbesitzers), Michail Kalinkin (Direktor
der Gießhalle)
Länge: 100 Minuten
Sprache: Russisch, mit engl. Untertitel