In seinem zweiten Star Trek Film spart sich Regisseur J.J. Abrams (MI:III) lange Vorreden. STAR TREK INTO DARKNESS setzt in dem Moment ein, als eine Mission der Enterprise Crew aus dem Ruder läuft. Auf einem fernen Planeten laufen Captain Kirk (Chris Pine) und Pille (Karl Urban) einer Horde Eingeborener davon und das Seil, an dem Spock (Zachary Quinto) in einen Vulkan (die Ironie!) herabgelassen wird, reißt. Um Spock zu retten, verletzt Kirk die Oberste Direktive, die besagt, dass man sich nicht in die Entwicklung fremder Zivilisationen einmischen darf. Postwendend degradiert, bleibt Kirk wenig Zeit sich Gedanken um sein Handeln zu machen, denn in einem Archiv der Sternenflotte in London geht eine Bombe hoch. Dahinter steckt John Harrison (Benedict Cumberbatch), ein abtrünniges Mitglied der Sternenflotte. Kirk erhält den Auftrag von Admiral Marcus Harrison zur Strecke zu bringen und entgegen der Prinzipien der Sternenflotte ohne Verhandlung zu töten.
Viel wurde im Vorfeld über den Bösewicht spekuliert. Würde Abrams einen alten Gegner Kirks wiederbeleben, vielleicht sogar den legendären Khan? Die Aufregung in der Fangemeinde war groß, aber dann wurde bekannt, dass Benedict Cumberbatch (Sherlock) gecastet wurde – der Ricardo Montalban so gar nicht ähnlich sieht – und schließlich bekam er einen Namen: John Harrison. Die Aufregung wurde noch größer, wer zum Kuckuck sollte denn das sein? Die Antwort: ein unglaublicher, doppelter Glücksgriff Abrams. Harrison ist kein gewöhnlicher Terrorist. Er ist extrem intelligent, von enormer physischer Überlegenheit, und seine Beweggründe erlauben keine einfache Verurteilung. Harrison wird ohne Zweifel als einer DER Schurken des Star Trek Universums in die Geschichte eingehen, nicht zuletzt wegen Benedict Cumberbatch, der eine beeindruckende Präsenz zur Schau stellt. Wer des Englischen mächtig ist und dessen Kino auch die Originalversion anbietet, dem kann nur von ganzem Herzen empfohlen werden INTO DARKNESS auf Englisch zu sehen, denn keine Synchronisation der Welt kann Cumberbatchs Stimme gerecht werden, die gleichzeitig so bedrohlich, manipulierend und aufregend ist.
Der Grundstein für den Erfolg von STAR TREK INTO DARKNESS wurde bereits 2009 mit STAR TREK gelegt. Zum einen die perfekte Besetzung der Kultcharaktere der Originalserie aus den 60er – Pine, Quinto, Zaldana, Urban, Pegg, Yelchin und Cho sind inzwischen genauso wenig wegzudenken wie ihre legendären Vorgänger – und zum anderen schufen die Ereignisse mit der neuen Zeitlinie eine Ausgangsposition, die eine eigenständige Entwicklung ermöglichte. Das Besondere daran: Abrams nutzte die freie Hand in seinem zweiten Abenteuer nicht nur um das Tempo noch mehr zu erhöhen (ohne dabei gehetzt zu wirken) und die Bilder noch größer zu machen, er blieb auch Star Trek Gründer Gene Roddenberrys Vision treu. Für einen Nicht-Trekkie eine beachtliche Leistung. Und noch etwas machen er und seine Drehbuchautoren goldrichtig: die Figuren sind nicht eindimensional. Wer beispielsweise meint, dass Simon Pegg als Scotty nur den Chefkomiker gibt, der irrt.
STAR TREK INTO DARKNESS ist voller Anspielungen, die das Herz eines jeden Fan höher schlagen lassen werden. Aber auch für Nicht-Trekkies gibt es genügend Oh! Ah! Momente. Wie schon in STAR TREK wird die USS Enterprise mit einem wesentlich größeren Raumschiff konfrontiert, nur ist es hier ein Schiff der Föderation. Die USS Vengeance („Rache“) ist ein Schiff der Dreadnought Klasse – für alle Nicht-Trekkies: ein gewaltiges Ding – und wenn einen das nicht beeindruckt, dann gibt es genügend Action Szenen, perfekte Special Effects und Kirk in einem hautengen Neoprenanzug.
Auch wenn STAR TREK INTO DARKNESS als ein Film für ein breites Publikum angepriesen wird, so muss man sagen, dass jemandem, der noch nie eine Folge der Originalserie bzw einer der Nachfolger oder einen der Filme gesehen hat, einfach viel entgeht. Es empfiehlt sich auf jeden Fall, vorher noch schnell STAR TREK auf DVD/Blu-Ray zu sehen oder wenigstens eine Zusammenfassung davon zu lesen, um nicht an einer wichtigen Stelle im Film völlig verwundert die Leinwand anzustarren. Die Begleitung, falls ein Fan, nach einer Erklärung zu fragen, wird nämlich genau in dem Moment auf wenig Gegenliebe stoßen.
STAR TREK INTO DARKNESS ist großartige Unterhaltung. Extrem kurzweilig, sehr witzig und spannend, mit herausragenden Leistungen aller Darsteller, voller liebevoller Details und beeindruckender Bilder, einem unvergesslichen Schurken und einem moralischen Dilemma, das aktueller nicht sein könnte (siehe Bombenattentat in Boston, USA). Neben STAR TREK INTO DARKNESS verblasst die Erinnerung an so manch anderen Actionfilm der letzten Zeit und die Messlatte für sein nächstes Projekt – ausgerechnet Star Wars – hat sich Abrams unfreiwillig selbst sehr hoch gesetzt.
STAR TREK INTO DARKNESS (USA, 2013); Verleih: Paramount Pictures; Filmlänge: 131 min; Regisseur: J.J. Abrams; Drehbuch: Damon Lindelof; Roberto Orci; Alex Kurtzman; Darsteller: Chris Pine; Zachary Quinto; Simon Pegg; Zoe Zaldana; Benedict Cumberbatch; Karl Urban; John Cho; Anton Yelchin; Alice Eve; FSK: ab 12 Jahren; Kinostart: 9. Mai 2013 (Deutschland).