Der Jugendclub des jungen DT, 12 – 16jährige, die sich jede Woche treffen, um Theater zu spielen, hat sich in dieser Spielzeit mit den Untaten von Heranwachsenden auseinandergesetzt und dabei auch den Ärger und die Leiden nicht vergessen, die Kinder und Jugendliche durch Eltern, LehrerInnen oder Fahrkartenkontrolleure zu erdulden haben.
Aus den Texten und szenischen Ideen, die von den AkteurInnen entwickelt wurden, ist unter der Regie von Kristina Stang eine provokante kabarettistische Revue entstanden, aus der Erwachsene durchaus etwas lernen können.
Auf jeden Fall beeindruckend ist die lange Liste von Schimpfwörtern, unter denen sich auch so außergewöhnliche wie „Klebebandriss“ befinden. Die eingestandenen Schandtaten sind häufig Reaktionen auf das Verhalten der Erwachsenen. Die schüchterne Einserschülerin hat erstmals eine Zwei in einer Klassenarbeit bekommen und verbrennt das Heft aus Angst vor ihrer Mutter, wobei dann unversehens die ganze Schule in Flammen steht, und weil eine Großmutter sich auf einmal mehr um kleine Katzen als um ihre Enkelin kümmert, übt diese mörderische Rache.
Es gibt aber auch ÜberzeugungstäterInnen: Die engagierte Feministin, die sich bei einer Demo entschlossen der Polizeigewalt widersetzt und den Polizisten Anlass zum Staunen gibt, die Künstlerin, die das Abfackeln von Autos als kreatives Event betreibt oder der Machthungrige, der die Weltherrschaft anstrebt.
19 VertreterInnen der Altersgruppe zwischen Kindheit und Erwachsensein bevölkern die Bühne. Mit lieblichen Engelsstimmen singen sie „Sometimes I wish I were an Angel“, und dann wechseln sie von melodischem Gesang zu aggressivem Gebrüll. Bei ihnen schlagen die Gefühle Purzelbäume, was zu Peinlichkeiten führen kann, aus denen dann Mobbing entsteht.
Sie kommen in den Genuss des Weinens wie die große Schwester, als ihr kleiner Bruder mit seinen Freunden ein Barbie-Puppen-Massaker vollführt, das auf der Bühne live zu erleben ist. Sie sind aber auch von pubertären Lachanfällen geplagt wie der große Bruder, der beim Kindergeburtstag als Clown auftritt, dabei nur sich selbst zum Lachen bringt und dann mit dem Lachen überhaupt nicht mehr aufhören kann, was im Unterschied zur erhabenen Tragik des Weinens, als eher kindisch empfunden wird.
Sie sind ohrenbetäubend laut, sie sind aggressiv, aber sie sind auch vernünftig und klarsichtig. Was sie an den Erwachsenen stört, sind die Unarten und Charakterschwächen, die menschliches Miteinander beeinträchtigen.
„Nur weil ihr Eltern seid, wisst ihr nicht, wie ich mich fühle, und noch lange nicht, was gut für mich ist.
Nur weil ihr Eltern seid, mache ich nicht alles so wie ihr.“
Sie fordern Freiheit und wehren sich dagegen, für jede kleine Nachlässigkeit und jede Notlüge zur Rechenschaft gezogen zu werden. „Wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe“. Das Schicksal von Max und Moritz wird immer wieder warnend heraufbeschworen, und auch der Struwwelpeter ist zu hören. Zitate aus Werken moderner Kinderpsychologen sind kaum weniger bedrohlich als die antiquierten Kinderschreckbücher.
Christina Stang hat die Szenen sehr gut choreografiert. Wenn die AkteurInnen mordlustig mit Stricknadeln und Hockern aufeinander losgehen, entwickelt sich aus der aggressiven Auseinandersetzung eine sehr beeindruckende klassische Tanzszene, und das Christkind springt so elegant über Tische und Stühle, als könne der Darsteller wirklich fliegen.
Die Gruppe steht im Zentrum des Geschehens und beweist hervorragendes Zusammenspiel. Sie bildet auch den Rückhalt für die solistischen Auftritte, in denen die DarstellerInnen sich als eigenständige und ganz unterschiedliche Persönlichkeiten erweisen.
Die Vorstellung dauert 90 Minuten, in denen die Spannung niemals nachlässt, und die KünstlerInnen wurden nach der Premiere von einem begeisterten Publikum mit großem Applaus bedacht.
„Satansbraten“ vom Jugendclub des Jungen DT, Vorstellungen in der Box am 01., 02. und 03. Mai sowie am 21. Juni im Rahmen des Klubszene-Festivals in der Box.