Berlin, Deutschland (Weltexpress). Der Zustand, in dem sich Deutschland befindet, ist eine Zumutung für diejenigen, die noch die Bonner Republik erlebt haben. Bei allen Problemen, die es damals gab, konnte man ebenso auf eine freie und ausgewogene Presselandschaft wie auf eine tragfähige rechtstaatliche Ordnung zählen.
Das zeigte sich bei der „Spiegel-Affäre“ sogar in den jungen Jahren der Bundesrepublik. Es wurde um den besten Weg für das Deutschland der Bonner Republik gerungen. Selbst in ökonomischer Hinsicht bewies man Rückgrat gegenüber dem amerikanischen Verbündeten beim Erdgas-Röhrengeschäft mit der ansonsten verfeindeten Sowjetunion. Für die heutige junge Generation kann man das alles nicht mehr sagen. Sie haben keine eigene Erinnerung an die Bonner Republik und von Konrad Adenauer über Willy Brandt und Helmut Schmidt bis Helmut Kohl sind diese Persönlichkeiten so fern wie Karl der Große. Das macht den Unterschied in und für Deutschland aus und es spricht vieles dafür, dass wir und damit Deutschland daran zerbrechen werden.
Was macht den Unterschied denn aus? In der Übersetzung der Luther-Bibel aus dem Jahre 1912 wird die Antwort auf die zuvor gestellte Frage mit absoluter Klarheit gegeben. Demokratischer als Martin Luther kann man es nicht ausdrücken, wie er es in Jeremiah 29:7 formuliert: „Suchet der Stadt Bestes, dahin ich Euch habe lassen wegführen… denn wenn es ihr wohl geht, so geht`s auch euch wohl.“
Besser kann man es nicht ausdrücken, wenn es darum geht, die Bonner Republik im Gegensatz zu dem, was uns heute aufs Gemüt geht, zu beschreiben. Man kann die gesamte Entwicklung seit 1949 als Referenzgrundlage für diese Aussage nehmen. Von den Fragen der Grundorientierung des westlichen Deutschland über die Sozialgesetzgebung und die Notstandsgesetze und die Ostverträge, von der Nachrüstung ganz zu schweigen, es wurde debattiert und gerungen. Den Menschen wurde sehr bewusst, dass es ihre Republik war, um die es ging. Der Bürger wurde als Souverän angesprochen und sah sich auch so. Es wurde um das Beste gerungen und das Ergebnis war eine aufgeschlossene, demokratische Gesellschaft mit allen Ecken und Kanten.
Der Unterschied zu heute? Landauf-und landab verkünden uns die Regierenden, dass man darum wisse, was das Beste für das Land und die Menschen sei. Dabei brauche man weder Rat noch Widerspruch. Wer in dieser neuen Welt nicht spurt, dem wird kein Platz in den Medien mit seinen Ansichten eingeräumt, dem wird das Bankkonto entzogen, er wird von Erichs Ex-Schergen gesinnungspolizeilich in die Mangel genommen. Parteien wirken nach ihrem grundgesetzlichen Auftrag nicht mehr an der Willensbildung im Staat mit, weil sich die Parteien dem Bürger nicht mehr stellen und in der Fläche genauso wenig anzutreffen sind wie im Dorf die Kneipe oder der Tante Emma Laden. In der Bonner Republik war es selbstverständlich für die Parteien, auf den Bürger und seine Ansichten zu hören und im besten Sinne des Wortes „populistisch“ zu sein, nicht „populär“. Es ist nichts mehr mit Luther und dem Sinnspruch aus Jeremiah.
Dafür haben wir in der Welt der Nichtregierungs- und Lobbyorganisationen für Globalkonzerne den neuen „Verkündungs-Adel“, der fest in seinen Sätteln sitzt, solange kein „Relotius“ aus dem „Spiegel“ des Weges kommt.
Für diese „schöne, neue Welt“ der Nicht-Regierungs- und Lobbyorganisationen, die unseren ehemaligen demokratischen Staat heute dominieren, brauchen wir natürlich keinen Staatsapparat, der mit Leistungsstärke für die Zukunft das tradierte Wissen unseres Volkes und Landes im Auge hat. Weg damit, wie wir seit dem Umzug von Bonn nach Berlin gesehen haben. Dafür gibt es Milliardenausgaben für angelsächsisch dominierte Beratungsunternehmen, die an Deutschland gewiss das Interesse wie an einer „Melke-Kuh“ haben. „Deutschland kann mehr“, aber nicht mit dieser Regierung und überhaupt: das ist nicht mehr gewollt.
Es ist in hohem Maße zweifelhaft, ob man sich demnächst noch einmal die Frage vorlegen kann, wo die „schiefe Bahn“ diesmal für Deutschland anfing. Die Umstände als solche sind eindeutig und klar. Man musste erst gar nicht auf die kruden Vorstellungen sogenannter Reichsbürger über die Verfassung für Deutschland warten, um eines zu wissen: als die Bundesregierung Schröder-Fischer-Scharping mit dem Angriff auf die Bundesrepublik Jugoslawien am 24. März 1999 sich am ordinären Angriffskrieg der NATO im klaren Bruch der UN-Charta beteiligte, war außen-und innenpolitisch die „schiefe Bahn“ betreten. Die NATO-Kriege seither haben nicht nur Elend über andere Staaten und Millionen Menschen gebracht.
Man muss bei der amerikanischen Politik seit 1999 geradezu den Eindruck haben, dass diese Kriege einem Ziel dienten: Das gegenüber der Russischen Föderation geschaffene Vorfeld bis unmittelbar an die russische Westgrenze sollte so umgestaltet werden, dass es zu keiner –wie in der Bonner Republik-noch möglichen Willensbildung einer Nation zu einem angelsächsischen Krieg gegen Russland mehr kommen dürfte. In einem Land, in dem nicht mehr der Bürger als Souverän sondern der NATO-und NGO-Adel regiert, ist jeder Krieg auf Knopfdruck möglich.
Unsere Nachbarn in der Schweiz mit ihrer „bewaffneten Neutralität“ haben ein gutes Beispiel dafür gegeben, eine Gesellschaft strukturell „friedensfähig“ zu gestalten. Stattdessen geht Deutschland in der Europäischen Union hin und schafft unter Frau Dr. Merkel die Grundlagen für die globale Kriegsfähigkeit der Europäischen Union.
In wenigen Wochen wird man sich an die Gründung der NATO vor siebzig Jahren erinnern. Deutschland ist 1955 der NATO als einem Verteidigungsbündnis im europäischen Rahmen beigetreten und nicht einer weltweit agierenden Angriffsformation, zu der die NATO im April 1999 über das neue strategische Konzept in Washington verkommen ist. Die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse nach Ende des Zweiten Weltkrieges haben den Maßstab dafür gesetzt, wie das internationale Recht die Welt vor der Geißel des Krieges bewahren sollte. Wenn in diesen Tagen der amerikanische Außenminister Pompeo den Ermittlern des „Internationalen Strafgerichtshofs“ in Den Haag Sanktionen und Visa-Entzug in Aussicht stellt, wenn sie gegen amerikanische Soldaten wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen ermitteln, sagt das alles. Eine deutsche Generalbundesanwältin hat mögliche Ermittlungen deutscher Strafverfolgungsbehörden wegen in Afghanistan begangener Kriegsverbrechen durch amerikanische Soldaten deshalb abgelehnt, weil die USA ein Rechtsstaat sein würden. Das kann man heute bei Minister Pompeo unter Beweis gestellt sehen.
Luther schrieb über das Wohl der Stadt und das Wohl ihrer Menschen. Damit ist es seit dem 24. März 1999 und dem ordinären Angriffskrieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien vorbei.