„Ich glaube ja, Nina will den Film gar nicht wirklich machen.“, vermutet Hans. Hätte sie es nur sein lassen. So aber spielen die junge Schauspielerin Marie und ihr Kollege Hans in dem Erotikfilm der Experimentalfilmerin Nina mit. In einem heruntergekommenen Berliner Apartment beginnt sie mit den Probeaufnahme. In der Isolation der verlassenen Wohnung werden die drei mit ihren geheimen Wünschen und Ängsten konfrontiert:“Ich muss noch Zigaretten holen.“ – „Das sagen viele Leute und tauchen nie wieder auf.“ Letztes wäre keine schlechte Möglichkeit, den unerotischen Liebesspielchen der Protagonisten zu entkommen. Was Liebe heißt, wisse sie nur aus Dramen, klagt eine der Figuren. In der Kälte der Großstadt suchen einsame Menschen verzweifelt nach seelischer Nähe und finden doch nur physische Befriedigung, will „Bedways“ in bedeutsamen Szenen wie dieser vermitteln. Die die Filmepisoden unterteilenden Textkarten lassen die Handlung noch langatmiger erscheinen: 1.Tag, 2.Tag, 3.Tag… Wird es ganz gewichtig, steht in Großbuchstaben etwa ‚Gott‘ auf der Leinwand. „Hört ihr noch zu?“, fragt Nina in einer Szene. Nein, denn Dialoge sind nicht RP Kahls Stärke, es sei denn, er würde auf Albernheit abzielen. „Ich kann mit dem Projekt, so wie es ist, gar nichts anfangen.“, klagt einer der Protagonisten. So ergeht es auch vielen Zuschauern. Das Kino ist mittlerweile so leer, dass man sich ohne Aufsehen zu erregen wie die Charaktere benehmen könnte.
„x was never like this“, behauptet die Werbezeile für „Bedways“. Die bemüht verruchte Formulierung ist verräterisch. Unter der frivolen Aufmachung ist „Bedways“ so verklemmt, dass der längst nicht mehr tabuisierte Begriff ‚Sex‘ zensiert werden muss. Die Kamera lässt Nina schon lange vor dem eigentlichen Filmdreh laufen. Die Kosten für das dabei verbrauchte Filmmaterial plant sie vermutlich durch Doppelverwertung auszugleichen. Zuerst einen Porno drehen und das Restmaterial zu einem Dokumentarfilm über das Pornodrehen zusammenschneiden. An einem schlüssigen Drehbuch mangelt es Nina allerdings genauso wie RP Kahl. Nicht einmal für die Namen ihrer Figuren reicht ihre Fantasie: „Charlotte? Lula?“ Klingt alles zu sehr nach Porno. Man möchte ja subtil bleiben. Und einfach „Marie“ geht auch nicht. „Dann spiele ich ja mich selbst.“, bemerkt Marie scharfsinnig. Will der Regisseur hier vielleicht zaghaft andeuten, dass seine Charaktere auf der Leinwand das Medium Film zum Ausdruck ihrer verborgenen Sehnsüchte nutzen? „Jeanne“ soll Marie vor der Kamera heißen. Hans benötigt einen Filmnamen noch dringender: „Hans Wurst, Hans Dampf, kennt man ja alles.“ Vielleicht Billy? Das ist schon der Vorname der bekannten Kondommarke „Billy Boy“. „Nein, es muss zu Jeanne passen.“ Also „Paul“. Das passt: Jean-Paul Gaultier, Jean-Paul Belmondo… Über den Namen der Produktion wird ebenfalls gerätselt. „Testaufnahmen?“, schlägt einer vor. Genau danach sieht RP Kahls Spielfilm aus.
Oder „Blue Movie?“ Diesen Filmtitel gibt es schon. Allerdings ist das Original weit besser als Kahls prätentiöser Amateurfilm. Der sucht Antworten auf so existentiell Fragen wie:„Darf man im Film eigentlich rauchen?“ Klar. Ich hol ´ nur mal schnell Zigaretten….
Titel: Bedways
Berlinale Perspektive Deutsches Kino
Land/ Jahr: Deutschland 2010
Genre: Spielfilm
Regie und Drehbuch: RP Kahl
Darsteller: Miriam Mayet, Matthias Faust, Lana Cooper, Arno Frisch
Laufzeit: 76 Minuten
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