Wie ein Märchen klingt die Handlung und ein solches ist „Soul Boy“ auch. Hawa Essumans Jugendfilm ist keine der naiven Kindergeschichten, wie sie die üblichen Familienfilme meist erzählen, sondern ein echtes Märchen. Harsch und unbarmherzig ist die Welt, in welcher Abila auf seine mystische Suche geht. Dennoch gelingt es Essuman in ihrem bemerkenswerten Kinodebüt, in den Slums von Kiberia eine raue Schönheit zu finden. Die mit unsteter Handkamera aufgenommenen Bilder fangen die Lebendigkeit und die Farben in den verschlungenen Straßenzügen einzufangen. Der Name, welcher am häufigsten in Verbindung mit dem 2010 auf der Berlinale aufgeführten Film fiel, ist der des Produzenten Tom Tykwer. Doch es ist der magische Realismus der in Nairobi aufgewachsenen Regisseurin, dessen energetische Atmosphäre in die Geschichte zieht. Dokumentarisch anmutende Szenen und fantastische Momente gleiten nahtlos ineinander über.
Die Brutalität von Abilas Umfeld ist oft erschreckend, nicht weil sie abrupt in das Leben der Protagonisten einbricht, sondern ein selbstverständlicher Teil davon ist. Für verarmte Migranten der über 70 unterschiedlichen Volksstämmen Kenias fungiert der Vorort Nairobis als Auffangbecken. Schießereien, soziale Not und ethnische Konflikte zwischen den Charakteren machen „Soul Boy“ trotz seiner märchenhaften Handlung zu einem ungewöhnlich realistischen Kinderfilm. Die Authentizität ist besonders den nur jungen Laiendarstellern zu verdanken, die Essuman zu den Helden von „Soul Boy“ macht. Auf ihre Hilfe sind die Erwachsenen Figuren angewiesen, die zu schnell den Glauben in sich aufgeben, um den Abila und seine Gefährten kämpfen. Die Kraft traditioneller Legenden und die Lebensrealität der Moderne treffen einander in dem märchenhaften Kinderfilm, der ein Afrika jenseits der üblichen Elendsklischees zeigt. „Es mangelt uns nicht an eigenen Geschichten.“, sagt Regisseurin Essuman über ihre kenianische Heimat. Ihr malerischer Kinderfilm erzählt eine davon.
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Titel: Soul Boy
Land/ Jahr: Kenia, Deutschland 2010
Genre: Kinderfilm
Kinostart: 2. Dezember 2010
Regie:Hawa Essuman
Drehbuch: Billy Kahora
Darsteller: Samson Odhiambo, Leila Dayan Opollo,Krysteen Savane, Frank Kimani,Joab Ogolla, Luca Gachanja, Katherine Damaris, Nordeen Abdulghani, Kevin Onyango Omondi
Kamera: Christian Almesberger
Musik: Xaver von Treyer
Schnitt: Ng ´ehte Gitungo
Laufzeit: 60 Minuten
Verleih: X Verleih