Robert Harting und Lucas Jakubczyk – Neue Bestmarken mit dem Diskus und über 100 m reizen

Harting, der mit dem Diskus von Olympia über WM und EM bereits alles gewonnen hat, was mit der 2-kg-Scheibe zu erreichen ist. Und Jakubczyk, aus dem Vogtland an die Spree gekommen, der Anfang Mai während eines Trainingslagers in Florida mit einem Paukenschlag aufwartete: 10,07 s über 100 m. Den 29 Jahre alten Deutschen Rekord des Magdeburgers  Frank Emmelmann  nur um eine Zehntelsekunde verfehlt und in einer „ewigen“ nationalen Bestenliste mit dem Chemnitzer Martin Keller gleichauf Zweiter!

Die Organisatoren des 73. Internationalen Stadionfestes (ISTAF) am 31. August im Olympiastadion präsentierten die beiden Topathleten in der gut klimatisierten Zentrale der DKB Bank. Und kündigten für das traditionsreichste und wichtigste Leichtathletik-Ereignis auf deutschem Boden ein paar Neuerungen an, die das ISTAF attraktiver machen sollen: Gestrafftes Programm mit einer Kernzeit von drei Stunden, weniger Disziplinen und übersichtlichere Felder, verbesserte Athletenpräsentation in Verbindung mit einem Show- und Unterhaltungsprogramm. ARD/ZDF wollen 90 Minuten live berichten, über 160 Länder wollen die Bilder übernehmen”¦

Der frühere Berliner Mittelstreckenläufer Martin Seeber, seit 2010 Geschäftsführer der Veranstaltung und nun auch Meetingdirektor als Nachfolger von Gerhard Janetzky, versicherte, dass der sportliche Teil des Meetings und die Athleten immer Priorität vor dem Showteil (Musik und Feuerwerk) behalten werden.

Am 1. März war dieses Konzept des modernen Sport-Entertainments beim 1. ISTAF INDOOR in der O2 Arena äußerst erfolgreich. Und hatte bei Seeber und in Abstimmung mit dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) zur Neujustiierung des seit 1921 bestehenden ISTAF geführt.

Harting und Jakubczyk, schon im März bei der Wiederbelebung von Hallen-Sportfesten in der Hauptstadt dabei, lobten die Organisatoren für ihren Mut zu neuen Wegen in der olympischen Kernsportart. Die es auf dem hart umkämpften TV-Markt – und damit in der öffentlichen Wahrnehmung – gegen die Mannschafts-Sportarten von Fußball über Handball und Basketball bis hin zum Eishockey immer schwerer hat.

Der weltbeste Diskuswerfer erinnert sich an seinen ersten ISTAF-Besuch: „Da war ich 15, von Cottbus nach Berlin gekommen, und ging mit meiner Freundin ins Olympiastadion.“ Ohne zu ahnen, dass er selbst dort 2008 seinen ersten Auftritt haben würde: „Ich bin da Dritter geworden. Mit einer 66-er Weite hinter dem Iraner Hadadi und dem Litauer Alekna.“

In einer internen ISTAF-Rangliste liegt er mit 69,02 m (2013) auf Position vier hinter den Olympiasiegern und Weltmeistern Lars Riedel ( Chemnitz/ 70,60/1996) und  Alekna (69,70) sowie Hadadi (69,12). Natürlich hofft der 126-kg-Koloss auf eine Positionsverbesserung: „Aber man hat den Wurfring jetzt an einer für den Wind ungünstigeren Stelle.“ Immer wieder muss er sich dazu äußern, ob er seine Bestmarke von 70,66 m nicht näher an den Weltrekord des Schweriners Jürgen Schult (74,08 m/1986) heran schieben könnte?- „Da müssen mehrere Faktoren zusammen passen: Günstiger Wind, die persönliche Bestform, die Herausforderung durch andere Topgegner und die Gier, den Rekord zu knacken, und die entsprechende Stimmung durch die Zuschauerkulisse.“

Für manche aus heiterem Himmel, hatte der frühere Weitspringer Jakubczyk in Clermont schon am 11. Mai in Clermont die 100 m bei optimalen äußeren Bedingungen und zulässigem Rückenwind (2 m/s)  so schnell wie noch nie in seiner Laufbahn – 10,07 s – zurückgelegt. Und damit mediale Spekulationen beflügelt, den DLV-Rekord näher an die 10-s-Schallmauer oder darunter zu senken. Sein Fokus, so Jakubczyk, sei es nicht, eventuell als zweiter weißer Athlet nach dem Franzosen Lematitre unter dieser Marke zu bleiben: „Ich möchte stabil um die 10,10 s laufen. Und wenn ich damit meine Ziele erreiche, wäre ich zufrieden.“

Vor zwei Jahren schied er bei der EM in Helsinki im Halbfinale aus und gewann mit der 4x 100-m-Staffel Silber. Nun ist er momentan Europas Schnellster und träumt von einer Medaille bei der EM im August in Zürich und will mit seinen Kollegen im Quartett erneut aufs Treppchen. Sein DLV-Hauptrivale Julian Reus hat mit 10,12 s bzw. 20,44 s über 200 m wie andere DLV-Sprinter bemerkenswerte Fortschritte dokumentiert.

Der schlanke Gegenentwurf (78 kg bei 1,83 m Grüße) zu den meist muskelbepackten Weltklasse-Sprintern war vor zehn Jahren erstmals als Augenzeuge beim ISTAF. Damals war er noch vor allem Weitspringer (7,56 m) und gerade nach Berlin gezogen. Nun hofft er auf seine dritte Teilnahme seit 2012 im meist hochkarätig besetzten 100-m-Wettbewerb: „Da hatte ich bisher wenig zu bieten nach den Strapazen der Saison und will mich diesmal, falls ich eingeladen werde, mit einer guten Leistung zeigen.“

Am Mittwoch stellt er sich beim Anhalt-Meeting in Dessau wie Harting der nationalen Gegnerschaft, wo auch die Entscheidung für die jeweiligen DLV-Vertreter bei der Team-EM demnächst in Braunschweig fallen könnte.

Die 10,07 kamen für ihn übrigens nicht so unerwartet: „Das hat sich schon bei Temperaturen um die 30 Grad in Florida im April im Training angedeutet. Wir haben dort weniger, aber intensiver im Training gearbeitet und ich hatte vorher bei einem Testwettkampf mit etwas zu viel Rückenwind schon 10,11 geschafft.“

Mehr unter http://www.istaf.de

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