Berlin, Deutschland (Weltexpress). Trotz Dauerhavarie und zunehmender Mangel- und Misswirtschaft bei der Deutschen Bahn: Die Vorstände des Unternehmens kassieren zu ihren üppigen Gehältern mal wieder millionenschwere Boni. Zur Kasse gebeten werden Fahrgäste und Steuerzahler.
Die Deutsche Bahn ist unpünktlich und teuer, ihr Equipment und Schienennetz sind uralt und marode; schlechtes Wetter bringt die Züge zuverlässig zum Stillstand, Totalausfälle sind die Regel. Egal, denken sich die Privatiers in der Führungsetage: Während das knapp bemessene Personal ackert bis zum Umfallen, kassiert die Chefetage mal wieder satte Millionen-Boni. Fast fünf Millionen sollen fließen. Der Konzern begründet das mit ein paar schöngerechneten Ergebnissen.
Preisbremsen-Ende abgewartet
Dies belegten Dokumente, die den öffentlich-rechtlichen Ablegern NDR und WDR sowie der Süddeutschen Zeitung vorliegen, wie die Tagesschau am Montag berichtete.
Demnach geht es um Sonderzulagen für das Jahr 2022, die wegen der sogenannten Energiepreisbremse zurückgestellt wurden. Das Gesetz besagt, dass derart staatlich alimentierte Unternehmen – man könnte sie auch Stütze-Empfänger nennen – keine Boni auszahlen dürfen.
Doch Konzernchefs sind nun einmal gleicher als die lohnabhängige Normalbevölkerung. Abwarten und Champagner trinken hieß es da für sie, diesmal auf das Ende der Preisbremse. Das naht nun, wegen der Haushaltssperre vorzeitig, zum Jahresende.
Taschen füllen für fragwürdige „Erfolge“
Während ein Großteil der Bevölkerung dann wohl nochmals tiefer in die Taschen greifen muss für Grundbedürfnisse wie Heizen und Strom, füllen sich die sogenannten „Leistungsträger“ selbige. So sprudeln für die Chefetage der Deutschen Bahn AG die Boni wie eh und je – zusätzlich zu ihren Grundgehältern. Insgesamt, so heißt es, betrugen letztere für 2022 insgesamt schon vier Millionen Euro. Bahn-Chef Richard Lutz kassierte allein fast eine Million.
Zusätzlich gibt es allein für Lutz nun einen Bonus von 1,3 Millionen Euro, heißt es. In dem Papier seien dafür allerlei Begründungen zu finden: Winzige „Erfolge“ wurden offensichtlich aufgeblasen – fast 400.000 Euro soll es für angeblich „besonders zufriedene Mitarbeiter und einen hohen Anteil an weiblichen Führungskräften“ geben. Zudem seien mehr ICE-Züge als erwartet einsatzbereit gewesen.
Man staunt noch mehr: Die Qualität des Schienennetzes sei sogar um 200 Prozent übererfüllt worden, lobt sich die Führungsriege in ihrem Papier selbst. Überdies soll auch das Klimaziel, CO2 einzusparen, um ganze zwei Prozentpunkte besser ausgefallen sein als eingeplant, heißt es. Allein dafür soll der Bahn-Chef um 440.000 Euro reicher werden. Insgesamt kassiert er somit für das Jahr 2022 mehr als 2,2 Millionen Euro.
Zum Vergleich: Wenn ein Hartz-IV- beziehungsweise heute Bürgergeld-Bezieher 50 Jahre lang mit – hochgerechnet – 1.000 Euro inklusive Mietzuschuss monatlich alimentiert würde, käme er in der gesamten Zeit auf insgesamt 600.000 Euro. Das Durchschnittsgehalt für das Servicepersonal der Deutschen Bahn verdient derzeit im Mittel 33.900 Euro brutto pro Jahr – macht in 40 Berufsjahren insgesamt etwa 1,35 Millionen.
Dauerhavarie bei der Bahn
Am wenigsten verwunderlich ist wohl die angeblich marginal übererfüllte Klimabilanz. Es leuchtet schließlich ein: Wenn die Züge nicht fahren, ist das gut fürs Klima. Die unzähligen Medienberichte über Ausfälle und Havarien auf dem Schienennetz sind dabei wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs.
So endete zum Beispiel kürzlich eine ICE-Fahrt von Berlin nach Kassel wegen einer Stellwerksstörung im Totalstillstand.
In Hessen fehlt das Personal für die Stellwerke, in Sachsen-Anhalt klagt man über „veraltete Technik“, in Mecklenburg geht es um ähnliche Probleme. Überall herrscht Chaos bei der Bahn, sogar Lieferketten verzögern sich deshalb wohl schon. Die Deutsche Bahn hat wahrlich bessere Tage gesehen.
Uralte Technik aus Vorwendezeiten
Kürzlich auf einer Reise voller Pleiten, Pech und Pannen erläuterte mir ein sichtlich genervter Lokführer das Problem ausführlich: Die Technik in den Stellwerken stamme im Regelfall noch aus Vorwendezeiten. „Das Zeug da ist uralt, das läuft zum Großteil noch mit Relais.“ Für jedes Stellwerk brauche es daher extra ausgebildetes Personal, erklärte er. „Man kann die Leute da nicht einfach umsetzen, weil es überall anders funktioniert.“ Die Zustände als „rückständig“ zu bezeichnen, sei „geradezu verharmlosend“.
So ganz erstaunlich ist das alles aber nicht. Die Reichen fahren lieber SUV, das einfache Volk ist Mangel gewohnt und ahnt: Sehr viel von all dem Geld, eingetrieben durch überteuerte Preise und hohe Zuschüsse aus dem Steuertopf, sickert zuverlässig nach oben, auch, aber nicht nur bei der Deutschen Bahn. Vom angeblichen Trickle-down-Effekt – ein Mythos bürgerlicher Marktexperten, wonach mehr Geld nach unten sickert, je reicher die Reichen werden – ist hier jedenfalls nicht viel zu merken.
So kann der gewöhnliche Bahnkunde sich schon einmal auf den Schnee im Winter vorbereiten, wenn wieder gar nichts vor- und rückwärts geht, weil die Weichen dann bekanntlich regelmäßig zufrieren. Warme Decken und Getränke für alle Fälle im Gepäck sollten in der kalten Jahreszeit auf keiner Zugfahrt in Deutschland fehlen. Dann können Betroffene zumindest gemütlicher vom Luxusleben der Bahn-Chefs träumen.
Anmerkung:
Vorstehender Beitrag von Susan Bonath wurde am 11.12.2023 in „RT DE“ erstveröffentlicht. Die Seiten von „RT“ sind über den Tor-Browser zu empfangen.