Berlin, BRD (Weltexpress). Die am 18. Juli vom Europaparlament in ihrem Amt als Kommissionspräsidentin wiedergewählte Ursula von der Leyen hat am 17. September ihr Team vorgestellt. Es sind 26 Frauen und Männer, die das Europaparlament noch zu bestätigen hat und die sich dazu Anhörungen stellen müssen, die an diesem Montag beginnen und bis zum 12. November dauern werden. Zu ihnen gehört Raffaele Fitto von Giorgia Melonis faschistischer Partei „Brüder Italien“ (FdI), den diese zur Nominierung zum Vizepräsidenten der EU-Kommission vorgeschlagen hat. Fitto würde als Exekutiv-Vizepräsident der Kommission mit der Verwaltung des Portfolios der EU-Kohäsionsfonds und der Reformen betraut und damit die höchste Position unter den Vizepräsidenten einnehmen. „Ich gratuliere Raffaele Fitto zu seiner Nominierung zum Exekutiv-Vizepräsidenten der Europäischen Kommission mit Zuständigkeit für Kohäsion und Reformen“, schrieb Giorgia Meloni und betonte, „das ist eine wichtige Anerkennung, die die neue zentrale Rolle unseres Landes in der EU bestätigt. Italien ist endlich wieder ein Protagonist in Europa“. Während die faschistische Ministerpräsidentin mit ihren Koalitionsverbündeten von einem „großen Erfolg für Italien“ palavert, hagelt es in Brüssel kritische Äußerungen. Kein Wunder, denn mit Fitto als wichtigstem EU-Vize driftet die EU noch weiter nach rechts. Nun versucht der Faschist reinster Couleur mit seiner Darstellung als „konservativer Demokrat“ in der Tradition der Democrazia Cristiana (DC), das zu vertuschen.
Lassen wir die Tatsachen sprechen, wes Geistes Kind dieser Raffaele Fitto ist. Die Chefredakteurin des linken „Manifesto“, Norma Rangiero, zählte ihn zu den reuelosen Faschisten der Regierung Meloni. Seine Karriere begann der anpassungsfähige Fitto in den christdemokratisch gefärbten Nachfolge-Grüppchen der 1992/93 im Korruptionssumpf untergegangenen DC, die in Berlusconis 1994 gebildete erste Regierung eintraten, um ihr ein „demokratisches Outfit“ zu verleihen.
Das linke „Manifesto“ charakterisierte dieses Kabinett am 15. Mai 1994 als „Governo nero“ – schwarze Regierung, „Faschisten und Monarchisten, Lega-Leute und christdemokratischer Schrott, Industrielle, Anwälte und Manager der Fininvest, des Medienkonzerns Berlusconis: Das sind die Minister der Regierung Berlusconi“.
Nach dem Wechsel zur Forza Italia (FI) Berlusconis wurde Fitto 2008 Minister in dessen drittem Kabinett. Auf der Ministerbank saß er zusammen mit seiner Freundin Giorgia Meloni und vertrat mit ihr den von Lega-Führer Umberto Bossi verfolgten Rassismus, zu dessen Durchsetzung der im Wahlkampf gefordert hatte, illegale Einwanderer in Lager zu sperren, und bedauerte, es sei „leichter, Ratten zu vernichten als Zigeuner auszurotten“ („Süddeutsche Zeitung“, 16. 4. 2008).
Seither pflegen der aus Apulien stammende Fitto und Meloni eine enge Freundschaft. In ihrem Sinne wollte er – nachdem Berlusconi 2011 zurücktreten mußte – an dessen Stelle die Führung der FI übernehmen und trat 2013 zu den Wahlen auf einer eigenen Liste („Oltre con Fitto“) an, scheiterte jedoch und wechselte zu Meloni, die 2012 den Rest der Alleanza Nazionale (AN) – das war die umgetaufte Nachfolgerpartei Mussolinis Movimento Sociale Italiano (MSI) –, gesammelt und daraus ihre Partei Fratelli d’Italia (FdI) gebildet hatte.
Als Meloni 2022 an die Spitze der Regierung Italiens gelangte, ernannte sie Fitto zum Minister mit Zuständigkeit für die Umsetzung des Wiederaufbauplans der EU und für den Mezzogiorno, den wirtschaftlich schwachen Süden des Landes. In diesem gewichtigen Portfolio wachte Fitto darüber, daß die in der Corona-Pandemie von der EU versprochenen 200 Milliarden Euro von Italien „sinnvoll verwendet“ werden sollten.
Meloni wie ihre Freundin Ursula von der Leyen wollen die Anpassungsmentalität des Raffaele Fitto jetzt nutzen, ihn als „konservativen Demokraten“ in christdemokratischer Tradition zur Kaschierung ihres verstärkten Rechtskurses zu präsentieren.
Anmerkung:
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