Rachefantasien und Liebesschwüre – “Giulio Cesare in Egitto” in der Oper Bonn

GIULIO CESARE IN EGITTO DRAMMA PER MUSICA IN DREI AKTEN VON GEORG FRIEDRICH HÄNDEL MUSIKALISCHE LEITUNG: Wolfgang Katschner / LICHT: Friedel Grass Konzertante Premiere am 01 Jan 2017, OPERNHAUS © 2017 Foto: Thilo Beu

Bonn, NRW, Deutschland (Weltexpress). Julius Caesar auf Liebespfaden? Sonst eher vertraut mit Kriegslist und Schlachtengetümmel, verhilft ihm Georg Friedrich Händels Musik in „Giulio Cesare in Egitto“ zu einem Liebesgezwitscher, das in Kaskaden von Koloraturen leidenschaftlich aus ihm hervor bricht. In dessen Rolle Terry Wey, der als Countertenor die überbordende Stimmungslage des verliebten Feldherrn virtuos durchbuchstabiert.

Kein Wunder, hat er es doch zu tun mit Cleopatra (bezaubernd und mitreißend: Sumi Hwang), die entsprechend dem Libretto von Nicola Francesco Haym ihr Liebeshandwerk vortrefflich versteht: „Alles kann eine schöne Frau erreichen, wenn sie verliebt spricht und die Augen bewegt.“ Derart ausgerüstet mit den Waffen einer Frau, sollte einem schnellen Sieg des Liebesgottes Amor nichts mehr im Wege stehen.

Vielfältige Gefühlsvariationen

Doch noch knistert es im Umfeld der sich anbahnenden Liebesbeziehung, wobei Verrat und Herrschsucht, Hass und Missgunst in vielfältigen Variationen immer neue Verbindungen eingehen. Warum muss auch der ägyptische Feldherr Achillas (souverän: Giorgos Kanaris) nach seinem Sieg über Pompeius ausgerechnet dessen Kopf als Siegestrophäe abliefern? Und ohne Schonfrist die Liebe von dessen Ehefrau Cornelia (leidenschaftlich: Ceri Williamss) einfordern?

Statt der erhofften Zuneigung sieht sich Achillas jedoch nur den Hasstiraden Cornelias ausgesetzt, in die auch Sextus Pompeius, ihr Sohn (temperamentvoll: Katrin Leidig) einstimmt. Beide fühlen sich vom Schicksal verraten und treiben ihre Hasseskapaden immer weiter auf die Spitze. So muss auch der Vermittlungsversuch von Ptolemäus scheitern (als klangvoller Countertenor: Owen Willetts), der es schließlich listenreich selbst auf Cornelias Sympathien abgesehen hat.

Schwelgerische Arie

Und natürlich auf den ägyptischen Thron, den auch Cleopatra für sich beansprucht. Daraus entsteht eine machtpolitische Gemengelage, innerhalb derer selbst Caesar um sein Leben fürchten muss. Historisch oder nicht: Bei der hinreißenden Musik Händels verzeiht man dem Librettisten alles. Selbst einen wagemutigen Fluchtversuch des römischen Feldherrn, der sich in Geschichtsbüchern in dieser Version sicherlich nicht wiederfindet.

Als einer der musikalischen Höhepunkte der Oper gestaltet sich der Empfang Caesars im Palast der Cleopatra. Dabei gewinnt das Bühnenbild (Jürgen Wegner und Friedel Grass) an räumlicher Weite. Hiermit hebt es sich wohltuend ab von den auf die Bühnenrückwand projizierten Porträts jener Epoche. In dieser Atmosphäre versteigt er sich unter dem Eindruck galanter höfischer Klänge in einer schwelgerisch vorgetragenen Arie zu dem Urteil, nicht einmal Zeus im Olymp besitze eine derart schön klingende Musik wie diese.

Frenetischer Schlussapplaus

Eine Behauptung, zu der sich auch das Publikum in seinem frenetischen Schlussapplaus bekennt. Und in den es neben der durchweg überzeugenden Leistung der Gesangssolisten natürlich auch das Beethoven Orchester Bonn einbezieht. Unter der Leitung von Wolfgang Katschner verleiht es einer der schönsten Händel-Opern in konzertanter Aufführung einen wunderbaren Glanz.

Zudem trägt es in perfekter Abstimmung mit den Gesangssolisten dazu bei, dass die vom Libretto vorgegebene Dramatik zwischen Rachephantasien und Liebesschwüren bis zum Schlussakkord ausgekostet wird. Damit fügt sich „Giulio Cesare in Egitto“ mühelos ein in die Reihe gelungener Händel-Inszenierungen an der Oper Bonn.

Weitere Aufführungen: 02. März und 15. April 2017.

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