Berlin, Deutschland (Weltexpress). „Wir haben Respekt vor jedem Gegner aber keine Angst“, verkündet Trainer Urs Fischer vor jedem Spiel. Vor dem Treffen mit dem 1. FC Köln am Sonntag ist das nicht anders.
Wie der Union-Cheftrainer tickt, bekamen in der „Alten Försterei“ mit Dortmund, Hertha, Freiburg und Mönchengladbach auch schon richtige dicke Bundesliga-Brocken deutlich zu spüren. Die Eisernen erwiesen sich zu Hause durchaus als Edelstahl und sammelten in der Wuhlheide bereits zwölf Punkte. Die nächsten drei sollen am Sonntag folgen.
Publikumsliebling im Stadion Letzigrund und An der Alten Försterei
Die Fans feiern dafür die Mannschaft und ihren Trainer Urs Fischer. Im Juni vorigen Jahres konnte in der Alten Försterei niemand ahnen, dass Präsident Dirk Zingler mit der Verpflichtung des 53 Jahre alten Schweizers ein großer Wurf geglückt ist. Fischer galt einst als kantiger Verteidiger und im Letzigrund beim FC Zürich als Publikumsliebling .
Diesen Status erwarb sich Fischer längst auch bei den Union-Anhängern. Seit Fischer den Trainer-Job in der Wuhlheide hat und das Kommando führt, wuchs die Mitglieder-Zahl um über 13.000 an. Fischer übernahm die Eisernen als Zweit-Liga-Team und erfüllte den Köpenickern einen Traum. Er führte Union in die Bundesliga.
Bei Union-Präsident Dirk Zingler leuchten immer noch die Augen, wenn er sagt: „Urs Fischer hat uns gut getan. Er ist bodenständig, zugänglich und lässt sich auf die Leute ein.“ Der Schweizer kam nicht als Fußball-Amateur in die Wuhlheide. Als Trainer hatte er den FC Basel zu zwei Schweizer Meistertiteln und einen Pokalsieg geführt. „Trotzdem war Union eine ganz besondere Herausforderung“, gibt der Trainer zu.
Fischers Fritze
Doch der zugängliche Eidgenosse fand ziemlich schnell einen Draht zu Spielern, Funktionären und Fans im Berliner Osten. „Die Menschen hier gefallen mir. Ich komme mit ihnen gut klar“, sagt er und meint dann mit einem Lächeln: „Zudem finde ich in Köpenick für mein Hobby ideale Voraussetzungen.“
Fischer macht nämlich seinem Namen alle Ehre und ist ein leidenschaftlicher Angler. Selbst in der Wuhle gingen ihm schon Fische an den Haken. Das muss einem Angler erst einmal glücken! Der 53-Jährige besitzt nicht nur beim Angeln ein besonderes Händchen. „Wie er aus dem Union-Kader immer wieder ein spielstarkes Kollektiv formiert, ringt den Fans durchaus Hochachtung ab.
Gegen Gladbach
fiel Mittelfeld Motor Robert Andrich wegen Gelbsperre aus. „Ich habe für das Mittelfeld mehrere Optionen. Wie immer werde ich eine Startformation aufs Feld schicken, von der ich glaube, dass sie den Rasen als Sieger verlassen kann“, verkündete Fischer. Schließlich schickte er Felix Kroos und Anthony Ujah aufs Feld. Ein Sechser wie im Lotto. Kroos spielte ebenso wie Torschütze Ujah groß auf. Als bei den beiden Dauerläufern die Kräfte schwanden, bat der Trainer „Giftzwerg“ Manuel Schmiedebach und Marius Bülter auf den Rasen.
Auf Schalke
hielt sich Fischere mit den Auswechslungen zunächst zurück, weil Manuel Schlotterbeck verletzt gegen Florian Hübner ausgewechselt werden musste. Ein Glanzstück wie gegen Gladbach, als Fischer für den ausgepumpten Dänen Marcus Ingvartsen den frischen Norweger Julian Ryerson ins Spiel schob und der mit der ersten Ballberührung eine Traumflanke Andersson auf den Kopf zum 2:0 servierte, glückte auf Schalke nichts. Auch da kam Sheraldo Becker in der 86. Minute für Marvius Bülter, aber das 2:1 schossen durch einen Fehler von Neven Subotic leider die Königsblauen. Mal sehen, was sich der Schweizer für Köln einfallen lässt.
„Ich liebe Berlin. Doch meine Wurzeln sind in Zürich.“
In den vergangenen Tagen genoss er erst einmal ein paar gemütliche Stunden in seiner herrlichen Berliner dreieinhalb Zimmerwohnung an der Spree. „Es ist hier wunderschön“, darüber freut sich auch Ehefrau Sandra und die beiden Töchter. „Sie kommen immer gern nach Berlin zu Besuch“, erklärt Urs Fischer. Ebenso gern fährt er auch nach Hause an den Zürichsee. „Ich liebe Berlin. Doch meine Wurzeln sind in Zürich“, gesteht der Union-Coach gegenüber Schweizer Journalisten.
Mit einer Berliner Wohnung war es nicht so einfach. Die „Alte Försterei“ sollte nämlich fußläufig erreichbar sein. Fischer guckte sich etwa 30 Wohnungen an, ehe er zugeschlagen hat. Doch selbst da entdeckte er noch eine Hürde. In dem Haus wohnen auch zwei Unionspieler. „Mit denen musste ich sprechen“, berichtet Fischer. Der Grund ist einfach. Die Profis sollten sich in ihrem Privatleben nicht beobachtet fühlen. Das allerdings hat der inzwischen zum Wuhlheider Startrainer aufgestiegene Fischer nicht nötig. Wer so ein Händchen beim Einsatz der Auswechselspieler beweist, der kennt seinen Pappenheimer durch das Training, die Videoanalysen und die Mannschaftsbesprechungen ganz genau.