Das Dilemma derartiger Großprojekte liegt darin, dass der Kostendruck zu niedrigen Kostenangaben während der Phasen der Angebotserstellung und auch während der Planung führt, einfach auch deshalb, weil – kontraktmäßig vereinbart – erst im Rahmen des Projektfortschritts Zahlungen an den Auftragnehmer erfolgen; der sich bewerbende Auftragnehmer setzt die Kosten also niedrig an und strebt damit eine schnelle Auftragsvergabe zu seinen Gunsten an. Zusätzlicher Finanzmittelbedarf wird über "Regiekosten" abgerechnet, wegen des realen Mittelbedarfs meist im Konsens von Auftragnehmer und Auftraggeber.
Das sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich hier um fehlerhafte Kalkulationen in den Zeiträumen vor der Realisierung handeln kann, die auf Zeitmangel, wirtschaftlichen Druck oder Täuschungsabsicht beruhen: hier gilt es, im Zeitalter der totalen industriellen Digitalisierung die Möglichkeiten von "Industrie 4.0" auch auf den kompletten Angebots-, Planungs-, Realisierungs- und Betriebsbereich der hier diskutierten Gross-Projekte anzuwenden. In einer netzplanmäßig nach Schema "Super Project Expert" strukturierten Planungsübersicht können aus Berechnungen und/oder ähnlichen Vorläuferprojekten gewonnene Informationen zu Finanzmittelbedarf, zu terminlichen Abläufen und zu den notwendigen Gliederungen nach Verantwortungsbereichen definiert und hinterlegt werden, die im Rahmen eines vorterminierten "Mahn"-Verfahrens vor Beginn der Realisierung einzelner Planungsschritte dem Verantwortlichen und der Aufsichtsstelle ermöglichen, Maßnahmen zur Kostenkorrektur, zum Abruf kumulierter Pufferzeiten und zur zusätzlichen personellen Unterstützung in Angriff zu nehmen, bevor "das Kind in den Brunnen gefallen" ist.
Selbstverständlich helfen derartige "handwerkliche" Möglichkeiten nur, wenn sie intellektuell beherrscht und auch praktisch eingesetzt werden. Die "Freigabe" einzelner Planungsabschnitte zur Realisierung ist an das Okay des Controlling-Bereichs zu koppeln, der dem verantwortlichen Management zuarbeitet. – Sind in den einzelnen Planungsabschnitten konsensfähige Regieleistungen angefallen, sind diese detailliert und umgehend – mit Abzeichnung durch Akteure und Verantwortliche (gestaffelt nach den erforderlichen Leistungsumfängen) – abzurechnen und möglichst durch nachfolgend geplante Pufferungen zu kompensieren. Ggf. ist auch die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit der Geltendmachung von Konventionalstrafe in Betracht zu ziehen: die Vertragsunterlagen sollten hierüber eindeutige Auskunft geben. – Kann ein Auftragnehmer die vertraglich vereinbarten Leistungen nicht erbringen, ist unter Inanspruchnahme der Absicherung durch Aval-Kredite unverzüglich ein Wechsel des Auftragnehmers zu realisieren, um eine Gefährdung der Projektabwicklung zu vermeiden bzw. zu minimieren. Auch hier ist die Leistung der Controller von entscheidender Bedeutung.
Eine klare Gliederung des Groß-Projektes in einzelne Gewerke, mit zeitlichen und finanzmittelbezogenen Strukturen und den dazugehörigen Verantwortlichkeiten, bringt Transparenz für die Verantwortlichen im Management und in der operativ beteiligten Arbeitnehmerschaft. Erfolg ist besonders einleuchtend darzustellen, wenn Bezahlungen oder Erfolgsprämien an die erwarteten Projektfortschritte gekoppelt sind. Der auftragnehmende Betrieb kann das Instrumentarium des deutschen Fünften Vermögensbildungsgesetzes (Gültigkeit seit 1961, korrigierte Neufassung von 2013) für derartige Zwecke hervorragend einsetzen.
Großprojekte werden häufig in konsortialer, vertraglich geregelter Kooperation durchgeführt, wobei das konsortialführende Unternehmen den Geschäftsführer stellt; dem auftraggebenden Unternehmen oder der auftraggebenden Behörde steht die Aufsicht über die Einhaltung der vertraglichen Verpflichtungen zu. Zur Sicherstellung einer wirksamen Aufsicht ist operative Kompetenz in allen Projektphasen erforderlich, die notfalls durch "eingekaufte", begleitende Beratung sicherzustellen ist. Diese Beratung wird bei Aufsichtsgremien häufig durch die Institution eines mehrköpfigen Beirates wahrgenommen, ohne den aus fachlicher Sicht die kompetente Beaufsichtigung der "allmächtigen" Geschäftsführung problematisch sein kann. Bei manchen öffentlichen Großprojekten, man denke nur an den BER-Flughafen bei Berlin, stellt sich auch die Frage nach einem kompetenten Beirat des Aufsichtsrates, von anderen Verbesserungsfähigkeiten im Sinne einer optimalen Projektabwicklung ganz abgesehen.