Obst und Gemüse nicht nur für verarmte Feinschmecker – Die Fruit Logistica 2017

Obst und Gemüse in Schwarz, Rot und Gold am 6. Januar 2017 vor dem Brandenburger Tor in Berlin. © Messe Berlin

Berlin, Deutschland (Weltexpress). In Berlin ist wieder Fruit Logistica und die Messemacher sind stolz auf volle 25 Jahre. Dr. Christian Göke, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe Berlin GmbH, erklärte gegenüber WELTEXPRESS, dass sich die „1993 gestartete Fachmesse Fruit Logistica“ auf wunderbare Weise entwickelt habe. „Im ersten Jahr sind wir mit 100 Ausstellern gestartet, in diesem Jahr überschreiten wir erstmals die Dreitausender-Marke“, zeigt sich Göke vom Erfolg erfreut und betrachtet die Fruit Logistica „als globale Leitmesse“ und „Pflichttermin für die gesamte Wertschöpfungskette, denn sie bietet nicht nur die besten Geschäftsmöglichkeiten, sondern ist auch eine begehrte Informations- und Innovationsplattform.“

Und wirklich, auf dem großflächigen Messegelände unter dem fast 150 Meter hohen Berliner Funkturm zeigen sich über 3000 Unternehmen aus ein paar Dutzend Staaten. Laut Pressemitteilung der Messe Berlin vom 07.02.2017 würden „über 70.000 Fachbesucher aus mehr als 130 Ländern erwartet“ werden. Eine von ihnen bringen Kilo an Obst und Gemüse mit. Davon dürfte genug auf Plante Erde wachsen und gedeihen. Im vergangenen Jahr sollen „weltweit über zwei Milliarden Tonnen Obst und Gemüse erzeugt“ worden sein, ist der Pressemitteilung zu entnehmen. Das klingt erst einmal gut.

Doch wer auf Fleisch und weitere tierische Produkte verzichtet und sich mehr Obst und Gemüse verpflichtet, der verhindert zwar nicht den Klimawandel, die Ressourcenverschwendung und das Artensterben, aber er trägt wenigstens nicht mehr zu diesen und weiteren verheerenden Folgen des Fleischkonsums, die sich vor allem durch die Massentierhaltung ergeben, bei.

Wer will noch mehr Medikamenteneinsatz und Antibiotika-Resistenzen? Wer will noch mehr Macht und Herrschaft weniger Großkonzerne bei gleichzeitigem Kleinbauernsterben? Wer will noch mehr Überproduktion hierzulande und damit einhergehend Subventionierung, Export in ärmere Staat samt Zerstörung der dortigen Märkte und letztendlich die Ausbreitung des Hungers, der wiederum ein guter Grund für die Flucht von Millionen Menschen ist?

Staatsbürger aus Deutschland, Österreich und der Schweizer können das wirklich nicht wollen, weswegen Obst und Gemüse auch für Feinschmecker mit vielen Silberlingen und großen Beuteln zum Nonplusultra wird.

In diesem Jahr ist das Ausrichtungsland endlich und zum ersten Mal auch Partnerland der Fruit Logistica, aber politisch stehen Obst und Gemüse anstelle von Fleisch nicht auf der Agenda. Das ist nicht nur schade, das ist schlimm. Zwar bilden die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland (BRD) die größte Gruppe der Konsumenten in Europa, doch die Mächtigen legen hier und heute viel Wert darauf, dass Obst und Gemüse aus der BRD mehr denn je exportiert wird.

Glaubt man der Pressemitteilung, dann liege das „zum einen an der streng kontrollierten Qualität deutscher Erzeugnisse und an der Verlässlichkeit der Handelspartner“ und zum anderen würden „mit Unterstützung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) neue Märkte erschlossen und der bilaterale Handel gefördert“ werden. Wer als Fachbesucher also einkaufen will, der geht entweder zum Gemeinschaftsstand der Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen für Obst und Gemüse (BVEO) in die Halle 20 und direkt zu Erzeugern von Obst und Gemüse.

Davon ist genug da. „Nach Schätzungen der AMI und des Statistischen Bundesamtes beläuft sich die Obsternte 2016 in Deutschland auf rund 1,32 Millionen Tonnen und liegt damit in etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Die Rekordmenge aus 2014 mit 1,49 Millionen Tonnen wurde somit erneut deutlich verfehlt. Die Marktproduktion von Gemüse stieg 2016 in Deutschland nach AMI-Schätzung mit gut 3,5 Millionen Tonnen um mehr als zwei Prozent. Für den Anstieg sind hauptsächlich Flächenausweitungen verantwortlich, während die Erträge wie im Vorjahr eher unterdurchschnittlich ausfielen.“

Wer sich das nicht leisten kann, der denke an Heinrich Seidel (von 1842 bis 1906), der einst unter dem Titel „Der verarmte Feinschmecker“ dichtete:

Die Trüffel reift in Frankreichs Gauen,
verborgen in der Erde schoß.
Allein für mich, auf märkischen Auen,
wächst die Kartoffel bloß.

Es glänzt verlockend in der Sonne
Böhmens Fasan mit hellem Schein …
Für mich blinkt in des Krämers Tonne
Ein Hering mager nur und klein.

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