Oberhof kämpft wie gehabt mit Witterungsunbilden – Im Jahr eins nach Biathlon-Ikone Neuner Staffel dennoch auf dem Podium

Wenn es in zehn Jahren einmal anders aussieht – Minusgrade, Sonnenschein -, dann darf man am Rennsteig mehr als froh sein.

Es liegt daran – vor dem Mauerfall "Wintersport-Zentrum der Werktätigen", danach kurzzeitig mit dem mißglückten Marketingspruch "St. Moritz des Ostens" versehen -, dass Oberhof einfach nicht hoch genug (Stadion knapp über 900 m) und in einem ausgesprochenen Nebelloch liegt. Oder: Anfang Januar ist der falsche Termin. Februar wäre viel problemloser. Die Oberhofer haben schon mehrfach versucht, einen Terminwechsel zu arrangieren. Doch Antholz verteidigt dank beeindruckender Kulisse, Südtiroler Lebensart und Gastfreundschaft seinen traditionellen Termin Ende Januar (17. bis 20.1.) unangefochten. Als letzte Station jeweils vor dem Saisonhöhepunkt Weltmeisterschaften.

Also unternehmen die Organisatoren Jahr für Jahr größte Anstrengungen, um das Spektakel – auch wegen der Fernseh-Verträge – buchstäblich nicht ins Wasser fallen zu lassen. Richten Schneedepots ein. Setzen Schneekanonen bei ersten Minusgeraden im Dezember in Gang. Aktivieren mehr als 300 ehrenamtliche Helfer.

Dennoch hat der Weltverband IBU dem Zuschauer-Primus aller Weltcup-Rennen – meist total über 100 000 Zuschauer – Auflagen erteilt, um auch im Zyklus 2014 bis 2018 im WC-Zirkus vertreten zu sein. Deutschland hat als einziger Landesverband mit dem folgenden Wettkampf in Ruhpolding zwei solcher Höhepunkte im Kalender. Und andere (finanzkräftige) Organisatoren werben – von Frankreich bis Russland oder der große asiatische Raum. So verlangt die IBU in Oberhof einen "Schneiteich". Ein festes Wasserreservoire, aus dem man notfalls die 2 bis 3 km lange Strecke mittels Düsen beschneien kann. Derzeit werden die Schneekanonen mit Trinkwasser gespeist.

Eine zweite Hauptforderung bezieht sich auf den Neubau eines Multi-Funktionsgebäudes, das u.a. die Container-Blöcke für Sportler und Medien überflüssig machen würde. Und mehr Toiletten für die Besucher offerieren müsste… Doch die Genehmigungsverfahren in deutschen Behörden sind eher zäh, aber der Bau soll nach diesem Winter starten und im nächsten Jahr angeblich funktionstüchtig sein.

Sportlich bot der Donnerstag bei der abendlichen 4 x 6-km-Staffel der Frauen einiges: Stürze, Fehlschüsse, Strafrunden sowie deutliche Veränderungen im Klassement gegenüber dem ersten Teamrennen Anfang Dezember in Hochfilzen. Mit der Ukraine und Frankreich lagen zwei Vierer vorn, die in Österreich Zweite bzw. Fünfte waren und diesmal als einzige von den Favoriten ohne Strafrunde auskamen. Als Dritte platzierte sich das deutsche Quartett bei 1,7 Grad Lufttemperatur und angesichts des Dauerregens erstaunlichen Kulisse von 17 500 Zuschauern auf dem Podium. Ohne Rekord-Weltmeisterin und Olympiasiegerin Magdalena Neuner nach ihrem Wettkampf-Adieu und ohne die kurzfristig grippal erkrankte Lokalmatadorin Andrea Henkel (35). Mit den beiden war das deutsche Aufgebot in der vorjährigen Chaos-Staffel lediglich auf Rang vier eingekommen.

Insofern: Auch ohne die alles überstrahlende Neuner und ohne die mehrfache Weltmeisterin, Olympiasiegerin und Zuverlässigkeits-Konstante Henkel darf der deutsche Verband mit seiner schießenden Damensparte weiter auf vordere Ränge und künftige Sympathie-Träger hoffen.

In der letzteren Kategorie rangiert natürlich die 22-jährige Miriam Gössner ganz vorn in der Gunst des Publikums und des Fernsehens. Die annoncierte Neuner-Nachfolgerin kommt unbekümmert daher. Verkauft sich vor Kamera und Mikro bereits jetzt wie ein Profi. Verfügt nach Abwerfen von immerhin acht bis zehn Kilo gegenüber der Vorsaison nun über einen "Turboantrieb auf Skating-Ski". Hat ihre ersten Weltcupsiege feiern können. Und zieht – wie seinerzeit Vorgängerinnen wie Simone Greiner-Petter-Memm und Uschi Disl (Turbo-Disl) – die Fangemeinde in ihren Bann: Superschnell laufen und ittern am Schießstand.

Da leidet jeder mit, wenn Gössner wie am Donnerstag aufholt, die Spitze übernimmt, dann beim Stehendschießen flattert, zwei Strafrunden absolviert und hernach wieder wie der Teufel auf Verfolgung geht. Großes Biathlon-Kino jedenfalls ist mit ihr fast immer garantiert!

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