Karlsruhe, Berlin, Deutschland (Weltexpress). Wieder einmal Wahnsinn das, was Christen und Sozen der Altparteien CDU, CSU und SPD ausheckten. Sie beschlossen sogar eine Neuregelung der Verteilung der Sitze im Deutschen Bundestag. Dagegen klagten Mandatsträger der Opposition der Parteien FDP, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Der Eilantrag wurde heute abgelehnt. Einerseits.
Unter der Überschrift „Bundesverfassungsgericht – Eilantrag gegen Wahlrechtsreform abgelehnt“ wird in „Tagesschau/ARD“ (13.8.2021) mitgeteilt, daß „das neue Wahlrecht … bereits zur Bundestagswahl am 26. September“ 2021 gelte. Andererseits wolle das Gericht in Karlsruhe „genau prüfen“ und zwar im „Hauptverfahren“.
Dazu nahmen heute Friedrich Straetmanns, Sprecher für Rechtspolitik der Fraktion Die Linke, Marco Buschmann, Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, und Britta Haßelmann, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, wie folgt Stellung.
Straetmanns (Die Linke):“Wir erhalten unsere Kritik aufrecht, dass es sich hier um einen Präzedenzfall eines politischen Wahlrechts handelt. Bisher wurde das Wahlrecht stets mit einer breiten Mehrheit beschlossen. Beim ersten Bruch mit dieser Tradition schaffen sich CDU und CSU einen Bonus, indem drei Überhangmandate nicht ausgeglichen werden sollen. Im schlimmsten Fall entscheidet das über eine Regierungsmehrheit.“
Buschmann (FDP): „Es bleibt dabei: Teile des neuen Wahlrechts sind unserer Ansicht nach verfassungswidrig. Denn es schanzt der Union durch die unausgeglichenen Überhangmandate einen Mandatsbonus zu. Das neue Wahlrecht ist zudem so schlecht formuliert, dass nicht klar ist, wie aus einem konkreten Wahlergebnis eine konkrete Zusammensetzung des Bundestages abzuleiten ist. Beiden Argumenten hat das Bundesverfassungsgericht heute Stichhaltigkeit attestiert. Das Verfassungsgericht hat heute klar gesagt, dass es lediglich die Eilentscheidung ablehnt. Es hat ebenso klar festgestellt, dass es sein kann, dass es das neue Wahlrecht in der Hauptsache aufgrund beider Argumente für verfassungswidrig erklären könnte. Dafür tragen CDU, CSU und SPD die politische Verantwortung. Es wird Aufgabe des nächsten Deutschen Bundestages sein, eine Wahlrechtsreform durchzuführen, die verfassungsfest und fair ist und die vor allen Dingen das Wachstum des Deutschen Bundestages effektiv deckelt.“
Hasselmann (Bündnis 90/Die Grünen): „Das Bundesverfassungsgericht hat in einer verständlicherweise schwierigen Abwägung unseren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die Frage, ob das von der Koalition beschlossene Wahlrechtgesetz verfassungswidrig ist, bleibt dem Hauptsacheverfahren überlassen und ist damit juristisch nicht vom Tisch. Das Gericht hat klargemacht, dass unsere verfassungsrechtlichen Bedenken Gewicht haben und einer Klärung bedürfen. Unabhängig von der juristischen Entscheidung bleibt eine weitere zentrale Kritik bestehen: CDU, CSU und SPD sind bereits in ihrem Versuch einer wirksamen Wahlrechtsreform kläglich gescheitert. Denn das eigentliche Ziel, die Größe des Bundestages effektiv und dauerhaft zu begrenzen, wird mit diesem Gesetz klar verfehlt. CDU, CSU und SPD haben sich jahrelang geweigert, die notwendige Reform anzupacken und sich dann nicht getraut, wirklich effektive Maßnahmen für die jetzt anstehende Bundestagswahl zu ergreifen. Wahlrechtsexpert*innen befürchten, dass der Bundestag mit dem Wahlergebnis im September erheblich wachsen wird. Damit bleibt dieses Gesetz ein großer Bluff.“
Stephan Brander von der derzeit größten Oppositionspartei im Deutschen Bundestag teilt zur Entscheidung der Richter in Karlsruhe mit: „Das Bundesverfassungsgericht hat leider wieder im Sinne der Regierenden entschieden und den Weg freigemacht für einen noch größeren Bundestag. Einige Experten halten inzwischen bis zu 1.000 Abgeordnete für möglich. Das ist mehr als besorgniserregend, schließlich sind enorme Kosten mit einem immer größer werdenden Bundestag verbunden, seine Arbeit wird immer weniger effizient und die Kapazitätsprobleme wachsen. Ich habe kein Verständnis dafür, dass man nicht schon die zu Ende gehende Legislaturperiode dazu genutzt hat, das Wahlrecht endlich zu reformieren und so eine Verkleinerung es Bundestages zu erreichen.
Als AfD-Fraktion haben wir einen Vorschlag vorgelegt, der es ermöglicht hätte, das Problem sofort zu lösen, und eine Größe von 598 festzuschreiben. Gewollt war das aber von den anderen Fraktionen nicht. Uns geht es darum, effizient und kostensparend gute Politik für Deutschland zu machen und dafür sind schon 598 Abgeordnete mehr als genug. Es ist zu hoffen, dass wir in der nächsten Wahlperiode endlich die Wahlrechtsreform für einen kleineren Bundestag durchsetzen können.“
Klar ist, daß die Entscheidung der Richter in Karlsruhe sich nur gegen die Eilentscheidung richtete, die abgelehnt wurde. Das neue Wahlrecht könnte sich also in der Hauptsache zu einem Wahldesaster entpuppen. Die Chose mit den Überhang- und Ausgleichsmandate bleibt weiter ein Problem, ein großes Problem, von dem die Mitglieder von Parteien profitieren, die groß sind. Kommt jetzt der Bläh-Bundestag mit bis zu 1.000 Abgeordneten? Weit weniger als 500 Abgeordnete würde vollkommen reichen und auch nicht mehr erreichen. Kein Staat der Welt hat im Verhältnis zur Bevölkerung ein derart aufgeblähte Parlament.