Nairobi im Hochland von Kenia brauchte nicht einmal 100 Jahre, um von einem kleinen Ort britischer Beamter im Protektorat mit ein paar tausend Einwohnern zur größten Metropole Ostafrikas mit mehr als drei Millionen Menschen zu wachsen. Als Kenia 1963 Großbritannien seine Unabhängigkeit abgerungen hatte, baute es mitten hinein in das ehemalige Regierungsviertel seiner Kolonialherren eine riesige Kongresshalle samt hohem Turm, die den Namen des ersten Präsidenten Kenyatta erhielt. Zu den damaligen Kolonialbauten gehört das eingeschossige St. John House, der Sitz des damaligen Gouverneurs. versehen mit der Nummer 6, der gleichen Nummer wie in der Downing Street in London. Sie erscheinen von der Turmspitze zwergenhaft und werden im heutigen Regierungsviertel zwischen den zahlreichen Neubauten kaum wahrgenommen.
Peter kann sich noch genau an jenen Freitag erinnern, am 7. August 1998, als das Gebäude des Konferenzzentrum durch den gewaltigen Bombenanschlag auf die nahe US-Botschaft erzitterte. Heute ist an dem Ort, an dem 218 Menschen starben und viele tausend verwundet wurden, ein kleiner Park mit einer Gedenkstätte errichtet worden. Einer der wenigen Ruhepunkte in der den ganzen Tag von Hektik angetriebenen Stadt.
Bei guter Sicht sind vom Turm die nur wenige Kilometer von der Stadtgrenze entfernten Savannen zu erahnen, in denen Zebras, Giraffen und auch Löwen unterwegs sind. Im Eisenbahnmuseum gleich neben dem Bahnhof erfährt der Besucher, dass die Könige der Wildnis beim Bau der Eisenbahnstrecke von Mombasa an der kenianischen Küste bis zur Hauptstadt von Uganda Kampala traurige Schlagzeilen machten. Bei Angriffen der Löwen auf die meist aus Indien herbeigeschafften Arbeiter wurden 132 von ihnen getötet und sogar ein Sicherheitsbeamter von einem Löwenrudel aus seinem Eisenbahn-Wagon herausgeholt und gefressen. Auch ein in der Nähe liegender Friedhof mitten in Nairobi für hohe britische Offiziere und Prominente der damaligen Kronkolonie dokumentiert, dass eine nicht so kleine Zahl ihre Löwenjagden mit dem Leben bezahlten. Die Jäger, die heute in Wildparks auf Safari gehen, sind mit Fotoapparaten und Objektiven gut ausgerüstet und halten sich an das strikte Verbot, das Safari-Fahrzeug zu verlassen.
Am Schluss des Stadt-Rundblicks zeigt Peter Kamau auch in Richtung Nordosten zum Mathare-Valley, eines der ständig weiter wuchernden ältestens Slums um Nairobi. Dort wohne er seit vielen Jahren mit seiner Frau und seinen zwei Kindern, erzählt er und berichtet dann von seinem Glück, dass seine Familie dort in ein Mathare-Haus einziehen durfte. Jetzt wohnen alle in einem festen Haus, sie haben Stromanschluss, fließend Wasser, eine fest verschließbare Haustür sowie einen großen Raum, in dem die vierköpfige Familie lebt. Das Haus habe die deutsche Regierung ausgebaut, meint er abschließend. Ein Anruf bei der deutschen Botschaft bestätigte, dass Deutsche den Ausbau von Häusern unterstützten, allerdings von der nichtstaatlichen katholischen Hilfsorganisation MISEREOR.
Der Guide im Kenyatta-Zentrum hat an diesem Novembertag keine weiteren Besucher zu begleiten. Zu dieser Jahreszeit sind die wenigen Touristen nicht auf Sightseeing aus, sondern nur auf der Durchreise zu Safaris.