Nachruf – Eine wirkungsmächtige politische Stimme verstummte. Für immer. Heinrich Pachl ist tot.

Die Waffe von Heinrich Pachl war die Sprache. Eine Sprache, die kom ­plizierte Zusammenhänge nicht nur auf den Punkt brachte, sondern dies mit Witz und Ironie tat. Mit beißendem Humor sprach er gegen Konzerne, Nazis und alle anderen Feinde von Freiheit und Fortschritt. Wer Hein ­rich Pachl zuhörte, dem blieb nicht selten das Lachen im Hals stecken.

Heinrich Pachl war Kabarettist. Politischer Kabarettist. Keiner der stromlinierten Comedians. Vielmehr ein Spitzenkünstler des politischen Humors, der stets Partei ergriff. Für die Unterdrückten und Ausgebeu ­teten, für den Frieden und die Umwelt.

Mit Ecken und Kanten. Auch seinen Mitstreitern gefiel nicht immer, was er zur Sprache brachte. Aber da war er unerbittlich. Nicht Political Correctness war seine Maxime, sondern Aufrichtigkeit.

Und was ihn ganz besonders auszeichnete: Er beschränkte sich nicht auf die Bühne, auf Fernsehen oder Radio, auf das Kommentieren der politi ­schen Bewegungen. Er griff ein, war immer wieder vor Ort, dort wo die Kämpfe ausgetragen wurden, wo Reaktion und Fortschritt aufeinander ­prallten. Auf Demonstrationen, Gewerkschaftskongressen, Aktionen. Und auch als Kritischer Aktionär auf Hauptversammlungen der Konzerne.

Als der BAYER-Konzern sich in den frühen 80er Jahren daran machte, die Nordsee mit seinen Dünnsäureabfällen in eine Kloake zu verwandeln, stemmte Heinrich Pachl sich mit der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) dagegen. „Dünnsäure-Aale, frische Dünnsäure-Aale“, so seine Rufe auf dem Leverkusener Marktstand, an dem er die von BAYER geschädigten Fische feilbot. Mit Geschwüren übersät, mit verkrümmten Skeletten und verkrüpelten Gliedern. In Nullkommanix hatte er eine vielhundertköpfige Zuhörerschaft versammelt. Der politische Kabarettist Heinrich Pachl in Aktion. Sein Beitrag zu den jahrelangen Kämpfen, mit denen Ende der 80er Jahre der Stopp der Einleitungen von Dünnsäure erzwungen werden konnte.

Es war nur folgerichtig, dass Heinrich Pachl auf einer der Aktionärs ­versammlungen des BAYER-Konzerns auftrat. Und dass er 1986 zusammen mit mir und anderen den Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktio ­näre gründete. Und dass er dann immer wieder auf den Hauptversammlungen verschiedener Konzerne ans Mikrofon trat. Und den Profit als Ursache für Ausbeutung und Unterdrückung, für Krieg und Umweltzerstörung geißelte. Und die Hauptversammlungen der Konzerne als Zeremonien der Profitdiktatur entlarvte.

Am 4. Februar war Heinrich Pachl noch in der WDR 2-Zugabe zu hören, einem Satireprogramm. Dort empfindet er Hochachtung für den „Super-Bankster" Ackermann, dessen Zeit als Alleinherrscher der Deutschen Bank im Mai diesen Jahres vorüber sein wird. Wenn 4,3 Milliarden Gewinn als „Katastrophe" bezeichnet werden, dann ist man bei der Deutschen Bank. Und ausgerechnet die Investmentsparte von Ackermann-Nachfolger Anshu Jain bleibt weit hinter den Erwartungen der Aktionäre. Der designierte neue Chef nimmt es hörbar gelassen und stellt sich erstmal vor. http://www.wdr2.de/musik/audiowdrzugabedeutschebank100-audioplayer.html

Sein aktuelles Programm heißt "Das überleben wir": http://theaterkontor.de/pachl/index.htm (mit Ausschnitten auf YouTube).

Ein wirkungsmächtige politische Stimme ist verstummt. Für immer. Heinrich Pachl ist tot. Wir sind erschüttert und trauern.

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