Meissen startet heute ins Jubiläumsjahr: 300 Jahre weißes Gold aus Europas erster Porzellan-Manufaktur

In der Meissen-Schauwerkstatt - Bossiererin Angela Jähler.

Marco Polo, der große Fernreisende, soll es gewesen sein, der Ende des 13. Jahrhunderts das erste Porzellan aus China mit nach Europa brachte. Im „Reich der Mitte“ wurde bereits seit etwa 620 Hartporzellan gefertigt. Es gelang den Europäern zunächst nicht, das so genannte Arkanum – das Geheimnis der Porzellanherstellung – zu entschlüsseln. Die aus China und später auch aus Japan bezogenen Geschirre und Schmuckgegenstände aus edlem Porzellan waren aufgrund ihrer aufwendigen Produktion und langen Transportwege überaus kostbar. Solchen Luxus – „weißes Gold“ genannt –  konnten sich nur die reichen Höfe leisten.

Geradezu ein Porzellan-Narr war der in Dresden residierende sächsische Kurfürst August der Starke. Auf sein Drängen hin gelang es dem Alchimisten Johann Friedrich Böttger (1682 bis 1719), unterstützt von dem Gelehrten Tschirnhaus, in der Dresdener Jungfernbastei unterhalb der heutigen Brühlschen Terrasse am 15. Januar 1708 den ersten erfolgreichen Probebrand in Anwesenheit des Kurfürsten durchzuführen. 1709 stellte Böttger seine bahnbrechende Erfindung offiziell vor. Und jene damals als Sensation empfundene Mitteilung Augusts des Starken vom 23. Januar 1710 gilt als die Gründungsurkunde der heutigen Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen. Endlich hatten auch die Europäer dank der genialen Erfindung von Böttger das Geheimnis der Porzellankunst entschlüsselt!

Wegen des Geheimnisschutzes wurde die Fertigungsstätte unter Leitung von Böttger auf der sicheren Albrechtsburg hoch über der Elbe in Meißen untergebracht, wo sie bis 1863 blieb. Danach zog sie in das Meißener Triebischtal um, wo neue, großzügigere Gebäude entstanden waren.

Das sächsische Porzellan-Monopol hielt bekanntlich nicht allzu lange. Schnell schossen Manufakturen in Deutschland und ganz Europa wie Pilze aus dem Boden. Man denke z. B. nur an die bekannten Manufakturen Nymphenburg in München (seit 1747), die 1751 entstandene, von Preußenkönig Friedrich dem Großen 1763 erworbene Königliche Porzellan-Manufaktur (KPM) in Berlin und die seit 1762 bestehende „Aelteste Volkstedter Porzellanmanufaktur“ im thüringischen Rudolstadt.

Natürlich sind die sächsische Landesmetropole Dresden und die nahe Elbestadt Meißen als die historisch verbürgte Heimat des ersten europäischen und später weltberühmt gewordenen Meissener Porzellans seit langem große Anziehungspunkte für kulturell-künstlerisch interessierte Gäste aus aller Welt.

In der dem Freistaat Sachsen gehörenden Porzellan-Manufaktur Meissen gibt es seit 2005 einen modernen Erweiterungsbau. Dort ist das leistungsfähige Besucherzentrum untergebracht. Es umfaßt zwei Schauwerkstätten (wo man Drehern, Formern, Bossierern und Malern über die Schulter schauen kann), eine Schauhalle, ein Museum mit 3.000 ständigen Exponaten sowie Shops, ein Café und ein Restaurant. Jährlich kommen rund 300. 000 Gäste aus 40 Ländern. Neben den normalen Führungen gibt es zweimal jährlich einen „Tag der offenen Tür“ (24. April und 23. Oktober 2010) , an dem auch die reguläre Fertigung besichtigt werden kann.

Gerade im jetzt begonnen Jubiläumsjahr 2010 wird an der sächsischen Elbe eine Vielzahl von hochkarätigen Schauen, Vorträgen und Events rund um das weiße Gold angeboten. Das ganze Jahr über läuft die anfangs bereits erwähnte Sonderausstellung „All Nations are Welcome – 300 Jahre Manufaktur MEISSEN als Brücke zwischen Kulturen, Nationen und Religionen“. Sie widerspiegelt anhand herausragender Meissener Porzellanstücke die Bedeutung der Manufaktur für die internationale Kunst- und Kulturgeschichte. Ein Highlight sind Porzellane aus dem 18. Jahrhundert, die im Auftrag der russischen Zarin Katharina II. gefertigt wurden. Gezeigt werden aber auch Kunstwerke heutiger Meissener Künstler, wie die 2008 für die neue amerikanische Botschaft in Berlin geschaffene Großplastik eines Weißkopfseeadlers.

Übrigens, anläßlich seines Dresden-Besuches im Juni 2009 wurden US-Präsident Barack Obama exklusive Manschettenknöpfe mit den Gekreuzten Schwertern der Manufaktur Meissen geschenkt. Die Gekreuzten Schwerter sind seit 1722 das berühmte Meissener Markenzeichen für hohe Handwerkskunst und gelebte Tradition.

Ebenfalls ganzjährig geöffnet in der Manufakur ist der „Meissener Porzellan-Zoo für kleine und große Kinder“, der Tierfiguren von der Barockzeit über den Jugenstil bis zur Gegenwart zeigt. Ein besonderer Anziehungspunkt dürfte auch die „MEISSEN Jewellery Collection 2010“ sein, mit der die Manufaktur mit hoher Juwelierkunst einen neuen Angebotsschwerpunkt kreiert hat. Auf der Albrechtsburg Meißen, dem ersten Sitz der Manufaktur, wird vom 8. Mai bis 31. Oktober 2010 die Ausstellung „Der Stein der Weis(s)en“ rund um die Erfindung des weißen Goldes gezeigt. Und im Stadtmuseum Meißen gibt es vom 20. März bis 7. November 2010 die Ausstellung „Manufakturisten als Bürger der Stadt Meißen“. Am 26. September lockt die Stadt Meißen mit einem Großen Festumzug zum Jubiläum. Spektakulär verspricht die Sonderausstellung „Triumph der Blauen Schwerter“ zu werden, die vom 8. Mai bis 29. August 2010 in Kooperation mit der Porzellansammlung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden im Japanischen Palais in Dresden zu sehen ist und sich auf die ersten 100 Jahre der Meissener Manufaktur konzentriert.

„In seiner 300-jährigen Geschichte seit 1710 hat sich die Porzellan-Manufaktur Meissen ständig schöpferisch weiterentwickelt. Heute ist Meissen eine der weltweit führenden Luxusmarken, die für hohe Handwerkskunst und einzigartige Kreationen für den anspruchsvollen Kunden steht“, betont Dr. Christian Kurtzke, Vorsitzender der Geschäftsführung. Mit der Erfindung des weißen Goldes entwickelte sich Meissen zum „Objektausstatter“ August des Starken und kreierte weltweit begehrte Stilwelten für Tisch, Tafel und Interieur. Die Manufaktur beschäftigt heute 800 Mitarbeiter und ist mit 300 Fachhändlern und eigenen Shops in 30 Ländern vertreten. Unter dem Motto „Fine Living“ wurde eigens eine umfangreiche „Jubiläumskollektion 2010“ herausgebracht.

Ein „Flagschiff“ ist der von Grund auf neugestaltete, im Oktober 2009 eröffnete Meissen-Shop Unter den Linden 39 b in Berlin. Dort wird quasi die schöne und kostbare Meissen-Welt in einer Nuß angeboten, von Vasen und Geschirr über die gesamte neue Schmuck-Kollektion bis zum Wanddekor.

Infos:

Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen GmbH, Talstraße 9, D-01662 Meißen; Tel. 03521-4680; Fax 03521-468800; E-Mail: service@meissen.com; www.meissen.com

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