Verrückt auch, daß ein einziger Sieg – übrigens der erste Heimsieg nach fünfeinhalb Monaten und der zweite Sieg in der laufenden Saison – ,daß also ein einziger Sieg ausreicht, die Eintracht vom vorletzten Platz auf den nun elften zu hieven, da ihre sechs Punkte, die sie mit Wolfsburg und Nürnberg teilt, sie durch das gute Torverhältnis von 9:8 nach vorne bringt. Das zeigt aber auch, daß es richtig ist, nicht in Aufregung und Hektik zu verfallen, wenn man auf den unteren Tabellenplätzen in den Anfangsspielen sitzt.
Das Spiel begann munter und überblickt man den Gesamtrasen, findet fast alles in der Hälfte der Nürnberger statt, die irgendwie flügellahm auf die Angriffe der Eintracht reagieren. Also lag das Kopfballtor von Theofanis Gekas, das Georgios Zanellas mit einer Ecke vorbereitet hatte, in der 17. Minute buchstäblich in der Luft. Aber auch ein zweites schien zwingend. Nur kam das nicht. Wenn Trainer Skibbe nach dem Spiel zufrieden äußerte: „Wir hatten eine gute erste Halbzeit. Wir haben mutig und aggressiv nach vorne gespielt. Alles ist gut gelungen in der ersten Halbzeit.“, so stimmen wir doch dem Nürnberger Trainer Dieter Hecking zu, der sprach: „Die ersten 25 Minuten zeigten eine gute Eintracht, die zu recht in Führung geht“.
Und über die zweite Halbzeit sind sich dann alle einig. Hecking: „In der zweiten Halbzeit waren die Nürnberger sehr gut; es zeigte sich die Qualität der Mannschaft, die noch zu jung ist, um angemessen reagieren zu können.“ Ja, Hecking sprach sogar von den ’tödlichen Konter` der Eintracht und Skibbe fügte hinzu: „In der zweiten Halbzeit haben wir dem Gegner das Feld überlassen, nicht mehr kombiniert, sondern den Ball weggetreten.“ Und wurde noch deutlicher: „Kämpferisch bin ich sehr zufrieden, nicht so gut war der spielerische Mangel in der zweiten Halbzeit“. Von der er zuvor als eine Partie sprach, die lange auf des Messers Schneide stand, wie alle anderen Spiele zuvor auch.
Genauso haben es die 43 100 Zuschauer erlebt. Das war ein Hin und Her und ein Wechselbad der Gefühle und nach dem starken Auftritt einiger Nürnberger Spieler mit gewaltigen Schüssen, erwarteten alle eher ein Unentschieden. Das sahen viele schon als gegeben, als in der 52. Minute der Ball zwingend im Eintrachttor landete. Abseits. Aber in der 58. Minute war das Nürnberger Tor sicher, so sehr wackelte der ganze Kasten: Lattenschuß von Ilkay Gündogan und spätestens in der 72. Minute war der Ausgleich fällig, als Mehmet Ekici gewaltig an den Pfosten schoß. Es blieb also beim 1:0, wobei auch die Eintracht eine Chance hatte, als Köhler in der 56. Minute nur den Außenpfosten traf. .
Das alles war wie seitenverkehrt, denn genau dieselben Situationen hatte die Eintracht in den letzten Spielen erlebt, mit den eigenen versiebten, eigentlich todsicheren Treffern. Diesmal aber zeigte die andere Mannschaft Abspielschwächen, die aber erst recht die Verteidigungsschwäche der Eintracht deutlich machte. Solche eigentlich totsicheren Schüsse darf die Abwehr, darf die ganze Mannschaft einfach nicht zulassen. Warum die Eintracht dann doch gewonnen- und sogar mit 2:0 – liegt in der letzten Viertelstunde, in der die Mannschaft noch einmal durchzuatmen schien und sich nach vorne warf, statt weiterhin nur im eigenen Feld abzuwehren. Und so konnte Christ den Paß von Benjamin Köhler aufnehmen und zum sicheren Sieg, dem 2:0 in der 88. Minute verwandeln.
Fußball ist schon verrückt. Denn eigentlich war es wie immer. Nur war das Resultat ein anderes. Wichtig für die Eintracht bleibt, daß Kämpfen Niederlagen verhindern kann. Und die Nürnberger brauchen ein nächstes Mal das Glück, das diesmal die Eintracht hatte.
Die Eintracht ist übrigens ihren Fans böse. Wenigstens ein bißchen. Denn die Spieler haben zwar nach dem Spiel kurz in die Fankurve gegrüßt, aber sie haben keine Welle gemacht, wie sonst. Auf die Nachfrage hin befindet Michael Skibbe: „Die Unterstützung durch die Fans war hervorragend. Warum sie nicht in die Fankurve gegangen sind? Weil das noch in Erinnerung war, daß sie schlimm nach dem Freiburger Spiel ausgepfiffen wurden.“ Das war aber auch ein schlimmes Spiel und Spieler sind Profis, die für viel Geld Leistung zu geben haben. Auch sie dürfen empfindlich sein, aber nicht derart, daß sie die Empfindlichkeiten ihrer Fans nicht aushalten. Neues Spiel, neues Glück.
P.S.: Für uns war gravierend was vor dem Spiel passierte, beziehungsweise unterblieb, und betrifft die Leitstelle der Eintracht Frankfurt und ihre Unfähigkeit eines Krisenmanagements. Die Krise waren wir. Mit einem Rucksack mit Rechner mit Internetanschluß, dafür ohne Telefon und ohne Geld. Aufgebrochen aus einer Redaktionssitzung, wo ganz schnell noch Artikel redigiert und weggeschickt mußten und ein Anrufer zusätzlich aufgehalten hatte, rissen wir die gesammelten Akkreditierungen vom Nagel auf den Boden, um schneller an die von der Eintracht zu kommen. Beim Durchschreiten der Sperre stellte sich heraus: es war die falsche Karte. Nämlich die vom letzten Jahr. Kein Durchkommen, dafür aber Aufkommen der ersten Nervosität. Denn gleich begann das Spiel.
Es kam ein Mann im blauen Oberteil heran, der zu helfen versprach. Zwar könne er nicht den Pressesprecher anrufen, dessen Name hatte er auch noch nie gehört, aber seine Leitstelle. Nach ca. 5 Minuten Telefoniererei teilte er mit, es gäbe kein Durchkommen. Ich müsse wieder nach Hause, die richtige Karte holen, was beim Hin und Her bedeutet hätte, daß ich vielleicht die letzte Spielminute hätte erleben können. Vielleicht. Daß meine diesjährige Akkreditierung denselben Sitz aufweise, wie im letzten Jahr, könne jeder erzählen. Nein, er könne mich auch nicht mit der Leitstelle sprechen lassen, die sei für dienstliche Gespräche vorgesehen, aber nicht für private. Auf meine Rückfrage, was daran privat sei, wenn ich für Leser und damit auch für die Eintracht zu schreiben habe, antwortete er nur, die Leitstelle habe das entschieden. Einen Namen habe er nicht. Er befolge nur Anweisung von oben. Und meine letzten Spielberichte, auf meinem Rechner im WELTEXPRESS sofort abrufbar, wolle er nicht sehen. Er befolge nur Anweisungen von oben.
Zum Glück gibt es einen Zuschauerservice. Dazu muß man zwar zurücklaufen, was Zeit kostet, während man die Mannschaftsaufstellung schon hört, aber da wird man erstens wie ein normaler Mensch behandelt und nicht wie eine feindliche Abwehr und zweitens sind dort Personen, die Verstand haben und wollen, daß über die Eintracht berichtet wird, also auch mit Problemen fertig werden, weil sie diese lösen. Also konnte alles laufen und wir waren dabei und haben berichtet.
Wir aber fragen uns, was eine Leitstelle taugt, die einem Reporter, der die falsche Karte hatte, nicht durch Überprüfung des Sachverhalts – wie gesagt, der Pressesprecher hätte die gültige Akkreditierung sofort bestätigt, aber er wurde nicht einmal gefragt – den Besuch und damit den Bericht für die Leser möglich macht. Wenn wir Presseabteilung wären, würden wir uns auch deshalb wehren, weil wir von der Leitstelle noch nicht einmal eingeschaltet, also befragt wurden. In diesem Sinne hat sich diese Leitstelle total unprofessionell und problemlösungsverhindernd verhalten: es war kurz vor 15 Uhr und der ausführende Wächter, der angerufen hatte, wollte partout seinen Namen nicht nennen, nur seine Zuständigkeit als Gruppenleiter Gleisdreieck. Und wir wollen gar nicht erst sagen, was wir solch einer Leitstelle erzählen täten, wären wir die Eintrachtführung.
Damit das noch einmal klar ist. Es war unsere Schuld, die falsche Karte zu haben. Aber wir hatten den Auftrag zu schreiben. Hier geht es schlicht darum, wie eine Leitstelle Krisenmanagement bewältigt. Totstellen und nicht Hineinlassen ist ja wohl die billigste Lösung, die zeigt, daß hier nicht ordentlich im Sinne der Eintracht gehandelt wird.