Liebeskapriolen – „Möwe und Mozart“ im Bonner Contra-Kreis-Theater

© Contra-Kreis-Theater, Bonn

Dagegen Sofia (Heide Keller). Für sie gibt es nichts wegzuradieren. Im Gegenteil! Ihre lebensbejahende Art wirkt geradezu ansteckend auf Andere. Ja selbst das nicht mehr wegzuleugnende Alter, das hin und wieder  unüberhörbar an ihre Tür klopft, prallt an ihr ab, ohne der tief in ihr verwurzelten Lebensfreude grundsätzlich etwas anhaben zu können.

Platzender Versuchsballon

Zwei Charaktere wie Feuer und Wasser. Heftig zischender Dampf muss daher mit Notwendigkeit  aufsteigen, wenn Herbert und Sofia unvermittelt und ohne Vorwarnung auf einer Bank im herbstlichen Park aufeinanderprallen. Sie, die früher so genannte „Möwe“, die immer noch von ihrer afrikanischen Kindheit träumt. Und er, der einstiger Musiklehrer mit dem Spitznamen „Mozart“, für den sich der einstige Traum vom Komponieren längst erübrigt hat.

Und wer lässt sich über seine verkorkste Vergangenheit schon gern ausfragen? Sofia versucht es trotzdem und beißt mit ihrem charmanten Annäherungsversuch von Anfang an auf Granit. Herberts Verweigerungshaltung mit ihren kantigen Ausdrucksformen nimmt dabei zuweilen schrullige, ja skurrile  Züge an. Der Versuchsballon ist also schon zum Platzen bestimmt, noch ehe er über der Parkbank  aufgestiegen ist.

Zacke ab

Oder doch nicht? Denn da gibt es noch Herberts Neffen Carl (Daniel Buder), der sich nicht entmutigen lässt, unsichtbare Strippen zu ziehen. Dazu ein südamerikanischer Hausnachbar, der ohne große Erfolgsaussichten  mit Engelsgeduld seine Einladung zu einer brasilianischen  Party stets erneuert. Riecht das nicht förmlich nach Voodoo? Und so ist es nicht verwunderlich, dass das menschlich-allzu Menschliche doch noch zum Zuge kommt und sich in Liebeskapriolen entlädt.

Eine Komödie von Peter Limburg mit einer Vielzahl von geistreichen Pointen, die nie aufgesetzt oder gar aufdringlich wirken: „Das Leben ist wie ein Postbüro. Immer werden wir abgestempelt, und wenn eine Zacke ab ist, werden wir aussortiert“, wie der mürrische alte Griesgram Herbert in entwaffnender Offenheit feststellt.

Situationskomik und Spritzigkeit

Erneut erweist sich Regisseur Horst Johanning in dieser Produktion als Meister seines Fachs. Ständig hält er die handelnden Personen auf Trab und geleitet das Publikum durch die im Handlungsverlauf ständig sich erweiternden Erkenntnisstufen hindurch. Stets gehen Situationskomik und menschlicher Tiefgang dabei eine glaubwürdige Verbindung ein.

Auch das Bühnenbild auf kleinstem Raum überzeugt (Thomas Pfau), indem es im Handumdrehen eine ganze Parklandschaft oder eine komplette Wohnungseinrichtung hervorzaubert. Das Premierenpublikum, gruppiert im Halbkreis um die Bühne des Contra-Kreis-Theaters herum, zeigt sich von der Spritzigkeit und dem Pointenreichtum des Stückes sowie der schauspielerischen Qualität begeistert und spendet frenetischen Beifall.  

Weitere Vorstellungen bis 14. Dezember 2014, Telefon: 0228-632307 + 635517, www.contra-kreis-theater.de

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