Landung trotz Warnungen
Über den Inhalt dieses Berichts, der soeben Polen vorgelegt wurde, berichtete MAK-Chefin Tatjana Anodina am Mittwoch in Moskau. Die Tu-154 mit dem damaligen polnischen Präsidenten Lech Kaczynski an Bord war am 10. April beim Landeanflug auf Smolensk abgestürzt. 96 Menschen kamen ums Leben.
„Während des Flugs hat die Tu-154-Crew mehrmals Angaben über die unpassenden Wetterbedingungen am Zielflughafen bekommen“, sagte nun die MAK-Chefin. Die Angaben stammten laut Anodina von den weißrussischen Fluglotsen, dem Flughafen und einer kurz davor gelandeten polnischen Jak-40.
„Trotzdem hat sich die Tu-154-Besatzung nicht für die Landung auf dem Reserve-Flugplatz entschieden. Diese Tatsache darf als Ausgang einer gefährlichen Flugsituation gelten“, so Annodina.
Die Besatzung habe zunächst um einen Probeanflug gebeten. Die Maschine hätte bis 100 Meter tief sinken sollen, um durchzustarten und einen weiteren Landeanflug zu beginnen. Der Tower habe das erlaubt. Die Tu-154-Crew habe bestätigt, dass sie zunächst nur einen Probeanflug plane – trotzdem habe die Maschine versucht, zu landen.
0,6 Promille bei Luftwaffenchef
Die Crew habe unter psychologischem Druck gestanden, schlussfolgerte die MAK: „Flugexperten und Luftfahrt-Psychologen, darunter auch polnische, gelangten zum Schluss, dass die Präsenz des polnischen Luftwaffenchefs im Cockpit bis hin zum Crash den Chefpiloten unter psychologischen Druck gesetzt hatte, als entschieden wurde, den Landeanflug trotz ungerechtfertigten Risikos fortzusetzen – und zwar mit dem dominierenden Ziel, um jeden Preis zu landen“.
Die Untersuchung habe 0,6 Promille Alkohol im Blut von Luftwaffenchef Andrzej Blasik ergeben, hieß es.
Die Tu-154-Crew habe unter anderem mit Kaczynskis Protokollchef zu lange die Aussichten auf eine Landung im Nebel diskutiert – das sei ein „begleitender“ Faktor der Katastrophe gewesen: „Hätte sich der Crew-Chef für die Landung auf dem Reserve-Flugplatz entschieden, hätte er nach Angaben der technischen Experten-Kommission eine negative Reaktion des wichtigsten Passagiers an Bord erwarten können“.
Auf die Frage, ob Kaczynski vielleicht die Landung persönlich befohlen habe, antwortete der MAK-Kommissionschef Alexej Morosow, die Flugschreiber hätten keine konkreten Befehle dieser Art aufgezeichnet.
Fluglotsen nicht schuld
Anodina erklärte, es habe auch weitere „begleitende“ Faktoren gegeben. So sei der Autopilot zu lange eingeschaltet gewesen, als die Flughöhe schon zu tief dafür gewesen sei, was der entsprechenden Betriebsanleitung widersprochen habe. Die Maschine habe sich vor diesem Hintergrund zu schnell und zu steil dem Boden genähert.
Der Absturz sei weder auf Infrastruktur-Mängel des russischen Zielflughafens noch auf den technischen Zustand seiner radiotechnischen, Lichtsignal- und Meteorologie-Ausrüstungen zurückzuführen – und auch nicht auf die Vorgehensweise der zuständigen Fluglotsen.
Neben unmittelbaren habe es auch „systemische“ Ursachen des Absturzes gegeben, und zwar in Polen. Dazu zählen laut Anodina insbesondere „deutliche Mängel bei der Organisierung der Flugarbeit und der Vorbereitung der Besatzung“.
RIA Novosti