Die neueste und bis dato schönste deutschsprachige Gesamtausgabe des US-amerikanischen Comic-Klassikers "Prinz Eisenherz" bringt es mittlerweile auf 11 Bände, von 18 geplanten. Im Juli folgt Band 12 und macht das zweite Drittel voll.
Ritter-, Familien-, Entwicklungs- und Abenteuerroman zugleich, ist "Prinz Eisenherz" überdies und vor allem ein Fest für die Augen. Die zuletzt erschienenen, erstmals in Zeitungen der 50er Jahre veröffentlichten Seiten der Bände 9 bis 11 zeigen den Erfinder, Autor und Zeichner Hal Foster in Topform, indes das Epos die 1000-Seiten-Marke überschreitet. Während einer Lebensphase, in der andere in den Ruhestand gehen, lässt Foster mit großer Souveränität psychologisch stimmige Porträts, Tragik, Komik, Massenszenen, Zweikampfstudien und ausgedehnte Wildnis-Abenteuer ineinander übergehen. Ästhetisch ist der Kanadier ohnehin auf dem höchsten Niveau angelangt, das ein realistisch arbeitender Zeichner erreichen kann. Im Medium Comic bleibt die Präzision seines Strichs unerreicht.
Auf narrativer Ebene treten wiederum die Subalternen aus dem Schatten der adligen Helden und erweitern so den sozialen Hintergrund der Erzählung. Ob Prinz Arns patente Spielgefährtin Diane, die kluge Zofe Katwin, Sir Gawains tolpatschige Knappen, Eisenherz‘ so gewitzter wie edelmütiger Lakai Alfred oder der Jäger und Überlebenskünstler Garm: Sie alle degradieren die Ritter zu Zeugen der Ereignisse oder drängen sie ganz in den Hintergrund. Selbst zwei außergewöhnliche Pferde stehen nacheinander im Zentrum der Handlung.
Die für diese Edition restaurierte Kolorierung der Originalausgabe bleibt stets so behutsam und abgetönt, dass auch filigran getuschte Schraffuren zur Geltung kommen. Zugleich gewinnt die Bildkomposition enorm, an Temperatur, Atmosphäre und räumlicher Tiefe, besonders in Szenen, die in der Dämmerung spielen. Mitunter zieht Foster auf ein und derselben Buchseite alle Register: Eine Morgenstimmung auf dem Fjord mit zarten Farb-Übergängen, eine in Blautönen gehaltene nächtliche, vom Nordstern beschienene Schiffspassage, eine wartende Gruppe Bewaffneter in kühn getuschten, harten Hell-Dunkel-Kontrasten – hier zeigt sich der Künstler spielend, und so gut konnte der Leser ihm noch nie dabei zusehen.
Die sachkundigen Vorworte vertiefen die Wertschätzung der Bildkompositionen. Wie die Farbe selbst Bilder bereichert, die schon in Schwarzweiß ihre Wirkung nicht verfehlen, erläutert der Übersetzer und Comic-Experte Wolfgang J. Fuchs überzeugend anhand von Gegenüberstellungen einzelner Panels.
Wenn aus der Story bekannte Schauplätze wie Thule (Norwegen) erneut abgebildet werden, so geschieht dies mit einem noch höheren Maß an Realismus, denn die Bilder beruhen auf vor Ort angefertigten Skizzen und Fotos. Wer die Ruine der Burg Tintagel in Cornwall einmal besucht hat, weiß, dass es dort, wo König Artus‘ Wiege gestanden haben soll, tatsächlich so aussieht wie auf den Panoramen von "Prinz Eisenherz".
Die Figurenzeichnung stehen den Landschaftsbildern nicht nach. Im Kontext einer neuerlichen Mission Eisenherz‘ im notorisch unruhigen Cornwall wartet Band 11 mit einem der eindrucksvollsten Schurkenporträts der Serie auf. Des weiteren erhält Ginevra, "die schönste Königin aller Zeiten", endlich einen längeren Part und eine ihrer würdige zeichnerische Darstellung. In der langen Reihe makelloser Frauengestalten in "Prinz Eisenherz" bildet ihr Auftritt einen weiteren Höhepunkt.
Eine erinnerungswürdige Episode schildert den einsamen Überlebenskampf des Helden im Verlauf einer unfreiwilligen Gletscherwanderung. Zurück auf dem Schlachtfeld, rutscht Eisenherz obendrein in eine kurze, doch tiefe Existenzkrise, die überzeugend in Szene gesetzt ist.
Zum letzten Mal von Foster gezeichnet (Rückblenden ausgenommen), gibt ein überraschend auftauchender, derangiert wirkender Merlin einen wichtigen Fingerzeig – fortan ist Eisenherz in der aus den Fugen geratenen Welt der Völkerwanderung auf sich gestellt. Und begegnet der Herausforderung mit gesundem Menschenverstand und Pragmatismus. Kaum ein Kampf wird ohne Einsatz der grauen Zellen gewonnen.
Prinz Eisenherz
Hal Foster-Gesamtausgabe
Großformatige (32 x 23,5 cm) Hardcover-Bände
erstmals in der restaurierten ursprünglichen Farbversion der US-Sonntagsseiten
Zwei Jahrgänge je Band
Übersetzung von Wolfgang J. Fuchs
Bocola Verlag
19,90 EUR [D] / 20,50 EUR [A] / 34,90 SFr [CH] je Band