Siri Hustvedt schien keinen Tag gealtert, seit sie vor mehr als einem Jahr „die zitternde Frau“ an gleichem Ort vorstellte – diesmal begleitet von der charmanten und zurückgenommenen Schauspielerin Maria Schrader. Abwechselnd lasen die Frauen englische und deutsche Passagen aus dem Roman und der bedauernswerte Moderator wand sich auf seinem Stuhl. Warum? Weil es um sehr weibliche Themen ging. Zum Beispiel um die Entdeckung der Klitoris durch Columbus, ja, er hieß tatsächlich Rinaldo Columbus, der da 1559 bei der Besegelung des weiblichen Körpers die Klitoris entdeckte! Die Orgasmusfähigkeit weiblicher Primaten und Menschen wurde erörtert, das innen und außen der Geschlechtsorgane im historischen Diskurs. Frau könne sich vorstellen, was Kastrationsängste seine, angesichts des Herumbaumelns da draußen, wurde gelesen und das Schmunzeln der Anwesendinnen war fühlbar.
Beim Lesen des Wortes „Ejakulation“ brauchte Maria Schrader drei Anläufe, was sie selbstironisch zu erstaunten Innehalten bemüßigte. Als es geschafft war, lachten alle und Siri Hustvedt umarmte die Schauspielerin. Die Penis-Jokes hätten ihr großen Spaß gemacht, berichtet die New Yorkerin verschmitzt und es gehe in ihrem neuen lustigen Roman um die Frage, ob Menschen sich wirklich ändern können. Auf die Unterschiede der Unterschiede käme es an, „wann wird der Haarausfall zur Glatze?“ schob der Moderator ein und senkte sein bereits etwas gelichtetes Haupt. Siri Hustvedt, die dem deutschen Gespräch folgen konnte und akzentuiert Antwortete, erzeugte allein durch die betonte Kurzantworten empathisches Gelächter. Ob die imaginierten erotischen Häkeleien der alten Dame Abigal im Roman tatsächlich existierten? „Nooooauuuu“, rief Siri, „I invented it!“ Wahr seien hingegen alle wissenschaftlichen und philosophischen Erkenntnisse und Daten, die zitiert würden. Eben die Entdeckung der Lusterbse von Columbus”¦
„Können wir das Thema wechseln?“ fragt Bernhard Robben – der Saal gickert und dröhnt. Geschickt setzt er schlussendlich die Frage, da seien vier Zeichnungen im Buch, ob die vielleicht von der Autorin selbst stammen? „Yesssss“ zischt Siri Hustvedt, die Arme und Beine ihres schmalen Körpers mehrfach abenteuerlich in sich verschränkt, breitet sich aus und lächelt, das es bis zur 20 Reihe strahlt. Dieser Frau ist abzunehmen, dass sie unbändige Freude beim Schreiben empfindet. Dass sie aus einem alten Thema, Ehebruch des sich dem Alter verweigernden Mannes, ein überraschendes neues Buch gezaubert hat. „Ja, es ist banal“, ruft sie aus, aber entscheidend sei doch, wie etwas erzählt ist. Und übrigens sei ihr Roman wunderbar übersetzt, ruft sie aus, als sie der Lesung Schraders lauscht – ein Lob an Ulli Aumüller, der auch eine gellende Freude an diesem Text gehabt haben dürfte.
Bei ihr zu Hause ist übrigens alles in Ordnung, äußert die Grand Dame grinsend auf die zunehmende Fragenspirale nach der Ähnlichkeit zwischen Haupt-Figur und Autorin, Geburtsort, Alter, Tochter etc. Na bestens, dann dürfen wir uns weiterhin auf hochliterarisches aus dem Hause Auster/Hustvedt freuen! Und verlassen das Kino mit dem gejodelten „hohoho“ gewisser Affenweibchen beim, na Sie wissen schon…