Mit seinen erst knapp 21 Jahren kann der „Demichef de Partie“ des „Grand Restaurant M“ im Berliner „Hotel Maritim“ bereits auf eine ganze Reihe sehenswerter Erfolge zurückblicken. Allein 2008 erhielt Jungkoch Neumann drei Auszeichnungen, darunter zuletzt die Goldmedaille bei den 29. Deutschen Jugendmeisterschaften des Gastgewerbes auf dem Bonner Petersberg. Als „Bester der Besten“ wurde er daraufhin nach Kanada eingeladen – und gewann prompt Gold. Bei den „World Skills International“ messen sich junge Fach-und Nachwuchskräfte aus der ganzen Welt alle vier Jahre in über 50 Disziplinen; Deutschland gewann dieses Mal sechs Medaillen.
Im diesjährigen Kochwettbewerb wurde eine der sechs Aufgabenstellungen dadurch erschwert, dass die Teilnehmer nicht aus dem Vollen schöpfen konnten, sondern einen begrenzten Warenkorb erhielten, mit dem sie ihre Kreationen zu „improvisieren“ hatten. Alle anderen fünf Aufgaben hatten klare Vorgaben: Lachs und Lammrücken mussten zu je einem Gericht verarbeitet, ein warmes Dessert mit grünen Äpfeln und Variationen von Mini-Desserts und Fingerfood sollten kreiert werden. Dabei waren die „skills“ Neumanns so gut, dass er, das erste Mal nach acht mageren Jahren, den Titel im Kochen nach Deutschland holte.
„Koch zu sein ist kein 0/815-Job, bei dem um 16.00 Uhr der Hammer fällt“, sagt Florian Neumann,“ vielen, die den Beruf anfangen, ist nicht bewusst wie zeitaufwändig und nervenaufreibend es werden kann. Diese Leute halten dann auch meist nicht lange durch..“
Zur körperlichen Beanspruchung komme noch, dass es hinterm Herd mitunter „auch mit Worten hoch hergeht“, zu sensibel darf man in diesem Beruf also anscheinend auch nicht sein, denn Stress und Zeitdruck können schon mal extrem werden.
Vielleicht sind das die Gründe, das „Koch“ seltsamerweise in erster Linie ein Männerberuf ist, obwohl in Millionen Haushalten meist die Damen den Kochlöffel schwingen.
Florian Neumann spricht seine Sätze ruhig und überlegt. Trotz seiner teenagerhaften Erscheinung wirkt er reif und weltgewandt, und, trotz seiner frühen Meriten, keine Spur arrogant. Essen müsse bei ihm „in erster Linie gut schmecken“, erst danach komme das Aussehen. Mit modernistischen Auswüchsen, wie der Molekularküche, könne er nicht viel anfangen.
Die bodenständige Bescheidenheit, die ihn im Gespräch auszeichnet, hat vermutlich einen ganz einfachen Grund: „Ich habe schon als kleines Kind immer gerne zugeschaut, wenn meine Mutter und Großmutter kochten. Später durfte ich Ihnen immer öfter dabei helfen und habe so schon früh viel gelernt. Als der Augenblick der Berufswahl kam, war klar, dass ich Koch werde. Ich habe diese Entscheidung keinen Moment bereut. Koch zu sein ist einfach mein Traumberuf.“
Beeindruckend an der Persönlichkeit des jungen Mannes, ist die Offenheit und Ruhe die er ausstrahlt, wenn er sein vermeintliches Erfolgsrezept erklärt: „Es ist im Grunde ganz einfach. Nicht ablenken lassen, komplizierte Arbeitsgänge meiden und handwerklich exakt kochen – ohne jeden Firlefanz.“
Alles kein Problem also? Mitnichten, wie der sympathische Youngster lächelnd zugibt: „Es war schon ein bisschen aufregend in Calgary, weil man ständig von Jury-Mitgliedern umgeben war, die neben dem Kochen auch noch Sauberkeit, Effizienz und Abfallvermeidung bewertet haben. Man steht unter ständiger Beobachtung, auch, weil noch ein halbes Dutzend Kamerateams dabei war. Aber nach einiger Zeit konzentriert man sich nur noch auf sich selbst und auf einmal läuft’s dann.“
Die Nachricht seines Sieges schlug bei seinem Arbeitgeber, dem Maritim Hotel Berlin, ein wie eine Eis-Bombe: Geschäftsführer Gerd Prohaska soll laut Zeugenaussagen in lauten Jubel ausgebrochen sein, als die überraschende Nachricht eingegangen war. “Das war wirklich ein toller Moment als der Anruf aus Kanada kam. Wir haben Herrn Neumann immer unterstützt seit er bei uns ist und ihm für Calgary natürlich eine gute Platzierung gewünscht. Dass er aber als Sieger zu uns ins Maritim zurückehrt, war wirklich nicht zu erwarten, denn da kochen wirkliche Könner um den Sieg. Deshalb sind wir ganz besonders stolz, nun einen echten Weltmeister bei uns im Haus zu haben.“
Trotzdem will der stolze Chef seinem Zögling keine Steine in den zukünftigen Weg legen. „Uns ist klar, dass Florian Neumann irgendwann seinen Weg als Koch auch an anderer Stelle weiter gehen muss, um sich persönlich weiter zu entwickeln. Aber bis dahin freuen wir uns über jeden Tag, den er bei uns im Hause ist und für unsere Gäste kocht.“
Die nächsten „World Skills International“ finden 2013 in Leipzig statt. Seinen Titel wird Florian Neumann dann aus Altersgründen nicht mehr verteidigen dürfen. Angesichts seines abenteuerlichen Tempos ist jedoch zu erwarten, dass er dann bereits in einer ganz anderen Liga spielen wird.
Bei den ganz Großen seiner Zunft.