„Manchmal ist es wirklich besser, anstatt seine Individualität zu opfern, zu einem Außenseiter oder Monster zu werden“, schreibt Baddeley über die Transformation der Privatperson Brian Warner in die Pop-Figur Marilyn Manson. Dabei erzeugen Passagen wie diese, deren es in der Biografie jede Menge gibt, das begründete Gefühl, dass der Autor des Buchs genauso über sich wie über Manson schreibt. Wahrscheinlich ist das Buch aus diesem Grund ein weithin beschreibendes, distanzloses Buch geworden, dessen Aufhänger zwar Marilyn Manson ist, das jedoch vielmehr von Okkultismus, Drogenkonsum und Satanismus handelt. Der Satanist Anton LaVey und die von ihm gegründete Church of Satan oder der Sektenführer und Massenmörder Charles Manson nehmen ähnlich viel Raum ein wie der Musiker, der darüber hinaus auf seine Rolle als Bürgerschreck reduziert wird. Baddeley beleuchtet somit nur einen Aspekt der Pop-Figur Manson, für dessen überstarke Präsenz alle weiteren Aspekte weichen mussten.
Natürlich zeigt Manson die Attitüde eines Satanisten. Diese Haltung, dass man sich nehmen kann, was man will oder die kritische Haltung gegenüber der Kirche und der subtilen Konformität der Gesellschaft, die nur noch konsumiert. Aber eine Biografie muss mehr leisten. Sie sollte auch den Musiker, die Pop-Figur, den Künstler betrachten, in ihrer Gesamtheit versuchen – auch wenn es schwer möglich ist – dem porträtierten Menschen nahe zu kommen. All dies tut „Seziert“ nicht.
Passend zur unangenehm unkritischen Distanzlosigkeit ist der Text streckenweise in einem plauderhaften Ton abgefasst. Zudem verfranst sich das Buch in seiner grafischen Aufmachung. Seiten mit hinterlegtem Bild sind rein visuell schwer zu entziffern und stören gemeinsam mit grau hinterlegten Zusatzinformationen, die nicht den Hintergrund, sondern Abseitiges beleuchten, erheblich.
Insgesamt ist dieses Buch als Fan-Fiction einzuordnen, hierbei allerdings nur für wirklich echte Fans geeignet. Dem durchschnittlichen Fan des Musikers dürften die Informationen zu Manson zu spärlich und echten Satanisten zu wenig radikal sein. Am Ende der Biografie, die keine ist, entsteht ein unscharfes Bild von dem Menschen, der das Buch geschrieben hat, der Musiker Marilyn Manson bleibt eine Unbekannte.
Baddeley, Gavin: Marilyn Manson. Seziert, Ubooks-Verlag, Diedorf 2009, Seiten 272, 14,95 €, ISBN 978-3-86608-121-5