Unerschrocken
Es wäre nicht das erste Mal im Fußball, dass erklärte Favoriten ins Sperrfeuer eines unerschrockenen Aspiranten zu geraten, der schon jetzt in der Abstiegszone verweilen muss, aber über reichlich Potential nach oben verfügt. Die Tage werden kürzer, nur der Respekt von Schulte auf Trainer Fuchs Schröder wird nicht kleiner. „Vor Bernd Schröders Lebenswerk ziehe ich den Hut. Es ist unglaublich, was er in den 40, 45 Jahren bei Turbine geleistet hat", bemerkte die Cheftrainerin des Frauen-Bundesligisten BV Cloppenburg im Vorgespräch über ihren prominenten Kollegen. Tanja Schulte, übrigens die einzige Frau zwischen den vielen Männern in der Trainergilde der 1. Frauenbundesliga, begann ihre Laufbahn als Spielerin 1985 beim TuS Harpen und stieg mit der Mannschaft 1998 in die Verbandsliga Westfalen auf.
Handwerk von der Pike auf
1999 wechselte sie zur SG Wattenscheid 09 in die damals zweitklassige Regionalliga West, wo sie bis 2003 aktiv war. Sie ist eine Trainerin, die wie Schröder ihr Handwerk von der Pike auf gelernt hat. Bereits während ihrer aktiven Zeit als Spielerin trainierte Schulte die B-Juniorinnen ihres Heimatvereins TuS Harpen. Anfang 2005 wurde sie als Nachfolgerin von Peter Scheuren Cheftrainerin der SG Wattenscheid 09 in der 2. Bundesliga. 2007 führte Schulte die Wattenscheiderinnen zum Aufstieg in die Bundesliga, wurde jedoch bereits nach der Hinrunde der folgenden Saison, im März 2008, entlassen. Zur Saison 2008/09 wurde Schulte zunächst Co-Trainerin von Björn Kenter beim erstmals in die Bundesliga aufgestiegenen Herforder SV. Nachdem die Mannschaft 2009 wieder in die 2. Bundesliga abgestiegen war, übernahm sie dort den Cheftrainerposten.
Alter Ego Schröder
Mit den Herforderinnen gelang ihr 2010 der direkte Wiederaufstieg in die Bundesliga, wobei die Mannschaft über die gesamte Saison unbesiegt blieb und damit einen neuen Rekord aufstellte. In der nachfolgenden Saison wurde eine glücklose Schulte nach neun Niederlagen aus neun Spielen entlassen. Im Oktober 2010 wurde sie die neueCheftrainerin beim damaligen Frauen-Fußballzweitligisten der Staffel Nord, dem BV Cloppenburg. Mit den Niedersächsinnen gelang der resoluten Frau 2013 ihr dritter Bundesligaaufstieg. Nicht aufgeben, analysieren und handeln, da ähnelt Schulte ihrem Alter Ego Schröder. "Auch in dieser Saison, vor der fast nur noch von Frankfurt und Wolfsburg gesprochen worden sei, habe es sein Team wieder allen gezeigt. Allein die Tatsache, dass der Tabellenzweite in der Champions League Olympique Lyon ausgeschaltet habe, zeige Turbines Klasse," so Schulte.
Blessuren ausgeheilt
Das Schwergewicht der Bundesliga sei zwar Potsdam, aber die niedersächsische Fußballlehrerin analysiert so gerade heraus, dass es einem Fußballerherzen Spaß macht: „Potsdam war im Pokalfight gegen die SGS Essen 70 Minuten lang klar überlegen. Aber man hat gesehen, dass das Spielsystem Turbines dem Gegner Räume bietet. Sie spielen ein 3-4-3. Das ist in der Bundesliga eher unüblich und bedeutet, dass der Gegner zwar großem Druck standhalten muss, aber im Falle einer Balleroberung durchaus Platz hat", resümiert das derzeit einzige führende frauliche Trainertalent im Oberhaus der Liga. Glücklicherweise kann sie am Sonntag darauf zählen, dass die Blessuren von Sturmass Mandy Islacker sowie von Annabel Jäger und der Ex-HSV-lerin Nina Brüggemann ausgeheilt sind und der derzeitig verfügte Mannschaftskader stärker geworden ist.
Überragende Fittness
Eines steht jetzt schon fest: wegen der feuchten Wetterlage werden sich beide Mannschaften auf einen tiefen Boden einstellen müssen. Dass auf Potsdamer Seite irgendwann die Kraft nachlassen wird, ist aber nicht zu erwarten. „Turbine ist eine sehr athletische Mannschaft und die fitteste der Liga", erklärt Gastgeberin Schulte und verweist auf Tat von Johanna Elsig, die im knappsten Pokalspiel seit langem gegen den SC Freiburg im Breisgauer Möslestadion noch 2 Minuten vor ultimo zuschlagen konnte. Die listigen Freiburgerinnen hatten geschickt die Räume eng gemacht, die Potsdamerinnen aber dank ihrer überragenden Fittness die Heimmannschaft Freiburg doch noch niedergerungen. Trainerfuchs Bernd Schröder weiß um die üblichen Fallen in solchen Auswärtsspielen, in dem sein Team für alle der Favorit an sich darstellt: "Wir wollen gegen den BVC nicht nur gut spielen, sondern auch gewinnen."
Bekannte Gesichter
Heute zur Mittagszeit wird sich die Mannschaft auf den Weg nach Niedersachsen machen, wo nach der Ankunft noch einmal eine letzte Trainingseinheit für die Turbinen anstehen wird, ehe morgen Mittag der Anpfiff durch Schiedsrichterin Marija Kurtes gegen den BV Cloppenburg erfolgen wird. „Das wird sicher kein einfaches Spiel für uns“, erklärte Cheftrainer Bernd Schröder vor der Abfahrt, und hat dafür gute Gründe parat. „Cloppenburg hat seine letzten beiden Spiele gewonnen, unter anderem das Pokal-Achtelfinale gegen Bundesligist Bayer Leverkusen. Daraus wird die Mannschaft ein hohes Maß an Selbstvertrauen mitgenommen haben und nun mit breiter Brust auftreten. Der BVC hat jetzt ein Hoch und hat sich auch in den letzten Wochen und Monaten konstant verbessert.“ Im Team der Niedersachsen gibt es ein Wiedersehen mit gleich mehreren bekannten Gesichtern.
Liga-Neuland
So haben Marie-Louise Bagehorn, Daniela Löwenberg und Aferdita Kameraj bereits das Turbine-Trikot getragen, wenngleich letztere ihrer Mannschaft aufgrund einer Kreuzbandverletzung bereits seit mehreren Monaten fehlt. Weiter im Team des Aufsteigers stehen die schwedische Nationalspielerin Sofia Jakobsson und die brasilianischen Auswahlspielerin Ester, die zu Saisonbeginn vom russischen Meister FC Rossiyanka über Umwege eines Kurzintermezzo in der englischen Liga zum Kader der Niedersachsen gestoßen sind. Defensivakteurin Tabea Kemme, die unter der Woche mit der deutschen Nationalmannschaft von Bundestrainerin Silvia Neid zur WM-Qualifikation unterwegs war und im Spiel gegen Kroatien ihr Debüt feiern konnte, freut sich nun wieder auf den Bundesliga-Alltag: "Ich freue mich, dass wir endlich unser nächstes Punktspiel bestreiten. Als Aufsteiger ist Cloppenburg für mich ein ziemlich unbeschriebenes Blatt, ich kann die Mannschaft gar nicht einschätzen. Umso mehr werden wir die Sache von Beginn an konzentriert angehen, denn nur drei Punkte zählen", blickt die tatkräftige 21-Jährige auf das "Liga-Neuland" voraus.
Zuverlässiger Live-Ticker
Los geht es in der Cloppenburger TimePartner Arena am Sonntag um 14 Uhr. Sitzplatztickets sind zum Preis von 6 Euro (ermäßigt 3 Euro), Stehplätze zum Preis von 4 Euro (ermäßigt 2 Euro) zu haben. Kinder bis 12 Jahre haben zum Stehplatzbereich gar freien Zutritt. Für alle Turbinefans, die das Spiel nicht live vor Ort im Stadion verfolgen können, wird der zuverlässige Turbine-Liveticker alle Ereignisse auf dem Platz im Netz tickern.