Letzte sind im Englischen durch den Begriff „Dear-John -Letter“ Synonym für einen Trennungsbrief der Freundin geworden. Verabschieden sollte man sich auch von Lasse Hallströms Romanverfilmung. In Lebensgefahr sieht John vor seinem inneren Auge nicht Savannah, sondern Münzen. Geld oder Liebe? Beides, dachte sich Bestsellerautor Nicholas Sparks, der das Manuskript zu „Dear John“ dem Produzenten schon vor der Buchveröffentlichung überreichte und dank des zeitnah anlaufenden „A walk to remember“ in den hiesigen Kinos an zwei seiner Romanverfilmungen verdient. So groß ist die optische Ähnlichkeit der Werke, dass die Filme am gleichen Set gedreht worden sein könnten. Da „A walk to remember“ meist tagsüber spielt, wird demnach in „Dear John“ sehnsüchtig in den Nachthimmel geblickt. Vermutlich durfte zuletzt im Werwolf-Streifen „The Wolfman“ so häufig der Vollmond scheinen. Kitsch bis zur Schmerzgrenze soll Romantik in die Handlung zwingen, welche Pflichterfüllung über Gefühle stellt. Zuneigung sieht „Dear John“ dort, wo sie höheren Zielen geopfert wird. Wenn die Pflicht ruft, muss das Herz schweigen. Für einen Mann wie John heißt Pflichterfüllung Kriegseinsatz. Zweifel an jenem oder einen Hauch von Unlust verspürt John trotz seiner Beziehung zu Savannah nicht. Verständlich, dass Savannah schließlich einen „Dear-John“-Letter an den Typen sendet, dem seine Waffe näher steht als sie.
In Frage stellt Savannah als vorbildliche Kämpferin an der Heimatfront seine Entscheidung nicht. Stattdessen zieht sie Alan, den kleinen Sohn ihres besten Freundes Tim (Henry Thomas), groß und trägt so tapfer ihr eigenes Kreuz. Weil das noch zu leicht ist, lädt sie sich die Pflege des an Krebs erkrankten Tim auf und heiratet ihn. Bis dass der Tod sie von der Selbstaufopferung scheide. Der eigene Tod, wohlgemerkt – solange sie leben, müssen die Filmfiguren ihrer Verantwortung nachkommen. Wer es wagt, an sich zu denken, ist ein skrupelloser Egoist, wie Tims Frau, die sich aufgrund des psychisch kranken Kindes von ihm getrennt hat, oder Savannahs Kumpel, der mit John um sie konkurriert. Angesichts der Wohltätigkeitsexzesse der Figuren wirkt selbst Mutter Theresa wie eine Egomanin. Für Hurrikan-Opfer wird ein Haus gebaut, ein Vermögen für Alan gespendet, freiwillig der Militäreinsatz verlängert und ein Therapiezentrum für Kinder errichtet.
Den Großteil der Handlung sind die beiden Hauptcharaktere getrennt, physisch, formell, oder beides gleichzeitig. Dramaturgisch ist dies das Gegenteil von Romantik. Liebes ist Wahnsinn, Übermut, Narretei – alles, nur nicht Pflichterfüllung. „Dear John“ hingegen hält sich für so beflügelnd, dass er im Presseheft Platz für „Inspirationen für Ihre Liebesbriefe“ lässt. Letzte sollen die Kritiker wohl dem Film widmen. Doch manchmal muss man eben seine Pflicht tun, auch als Kritiker. Dear Nicholas Sparks, bitte keine Romane mehr. Filmvorlagen erst recht nicht.
Titel: Das Leuchten der Stille – Dear John
Land/ Jahr: USA 2010
Genre: Liebesfilm
Kinostart: 6. Mai 2010
Regie: Lasse Hallström
Drehbuch: Jamie Linden
Darsteller: Channing Tatum, Amanda Seyfried, Richard Jenkins, Henry Thomas
Laufzeit: 102 Minuten
Verleih: Kinowelt