Herrin der Lüfte – „Nausicaa aus dem Tal der Winde“ kämpft in Hayao Miyazakis dystopischem Animé – Serie: 25 Jahre Studio Ghibli: Meisterwerke der „Ghibli DVD Collection“ des Universal Verleihs (Teil 1/ 7)

Die Welt von „Nausicaa aus dem Tal der Winde“ ist eine Welt nach der Apokalypse. Sieben Tage regnete es Feuer vom Himmel. Die bekannte Fauna und Flora ist zerstört. Statt ihrer bedeckt ein giftiger Pilzwald bevölkert von gigantischen Insekten die Erde. Die wenigen Überlebenden ziehen als Nomaden durch endlose Wüsten oder leben in Stämmen, ständig in Angst vor den Giftgewächsen, die unaufhaltsam das fruchtbare Land überwuchern. Einzig die junge Nausikaa (Sumi Shimamoto), Prinzessin des Königreichs Pejite im „Tal der Winde“, zieht es in die giftige Schönheit des Pilzdschungels. Die Aggression der Menschen provoziere die im Grunde friedfertigen Insekten, glaubt Nausicaa. Doch ein fremdes Kriegsschiff, welches Pejite unterwirft, will die verlorene Herrschaft der Menschheit wieder herstellen.

Miyazakis längster Animé fasziniert weniger durch seine Handlung als durch das fantastische Szenario. Ihm widmet der Regisseur noch größere Aufmerksamkeit als den Charakteren. Prachtvoll und bizarr sprießen die monströsen Pilze aus dem Boden, überwuchert von Schlingpflanzen und schwammartigen Gewächsen. Wundersam, ehrfurchtgebietende und bedrohlich ist die Erde in „Nausicaa aus dem Tal der Winde“. Aus einer Fabel scheint die Szenerie erstanden. Eine antike Sagengestalt inspirierte auch den Namen der Heldin. Die für ihre Naturliebe gerühmte Prinzessin Nausikaa ist eine Nebenfigur der Odyssee. In der Anfangsszene schwebt Nausicaa auf einem Gleiter über halb futuristische, halb urzeitliche Landschaft, die Miyazakis Zeichenkunst in ausführlichen Szenen um stetig neue Details bereichert.

Gerade sie verleihen dem Animé trotz seiner Weitschweifigkeit Eindruckskraft. „Nausicaa“ ist nicht das Science-Fiction-Abenteuer, als das es bei seiner Veröffentlichung vom internationalen Verleih vermarktet wurde. Die Geschichte ist eine epische Parabel über das harmonische Zusammenleben von Mensch und Umwelt und den Respekt vor dem Leben in seinen unterschiedlichsten Formen. Die eindrucksvollste Sequenz von „Nausicaa“ zeigt von den Menschen erschaffenen Kampfkolosse inmitten der Apokalypse durch Lavaströme waten. Titanische Schatten in einem Meer aus Feuer und Rauch, Symbol für die Macht und Hybris der Menschheit, die ihren eigenen Untergang besiegelte. Die Giganten sind Vorgänger der Riesenroboter aus dem späteren Studio-Ghibli-Animé „Das Schloss im Himmel“. Ihre Kraft ist nicht zerstörerisch aus sich selbst, sonder durch die machthungrigen Menschen, die sie steuern.

Die Titanen sind nur eines der visuellen Motive und dramaturgischen Topoi, die charakteristisch für Miyazakis Werk werden sollten: Bezüge zu literarischen Klassikern, wie der aus Jules Vernes „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ inspirierte Pilzwald, eine junge Heldin, eine ökologische Botschaft, das Fliegen als zentrales Handlungselement, Alte, Frauen und Kinder in insbesondere für die Entstehungszeit von „Nausicaa“ atypischen starken Rollen. Die Reise zu „Nausicaa aus dem Tal der Winde“ ist auch ein Streifzug zur den Ursprüngen und Inspirationen von Miyazakis Kunst und der der Ghibli Studios. Die Handlung umspielen sie hier noch zaghaft, wie der sanfte Soundtrack Joe Hisaishis.

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Titel: Nausicaa aus dem Tal der Winde – Kaze no Tani no Naushika

Land/ Jahr: Japan 1984

Genre: Animé

DVD-Start: 5. September 2005

Sprachen: Japanisch, Deutsch

Regie und Drehbuch: Hayao Miyazaki

Darsteller: Sumi Shimamoto, Mahito Tsujimura, Hisako Kyoda, Goro Naya, ichiro Nagai, Kohei Miyauchi, Joji Yanami, Minoru Yada, Rihiko Yoshida, Yoyi Matsuda

Musik: Joe Hisaishi

Schnitt: Naoki Kaneko, Tomoko Kida, Shiyiji Sakai

Laufzeit: 116 Minuten

Verleih: Universum Film

www.universumfilm.de

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