John Lennon war da und Rapunzel ist hier – Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 09.12.2010

Rapunzel – Neu verföhnt“ ist so ein Film, den man sich schon aufgrund des deutschen Titels als viel schlimmer vorstellt, als er ist. Natürlich ist das, was die Disneystudios als abendfüllenden Animationsfilm in bunten Bildern vorführen nicht die Verfilmung des Märchens der Gebrüder Grimm, sondern ein freier Umgang mit der Grundkonstellation: schöne, reine Rapunzel, böse, sehr böse Stiefmutter, die sie gefangen hält. Aus gutem Grund. Denn in dem 27 Meter langem Blondhaar der Rapunzel – die einzige Grimmsche Übernahme – verbirgt sich ein Geheimnis: das der ewigen Jugend. Deshalb hatte die angebliche Mutter die Königstocher einst entführt. Nun kommt der Held ins Spiel, der nach Hollywoodmanier draufgängerisch und eingebildet ist, was ihm eine selbstbewusste, emanzipierte Rapunzel nach und nach austreibt, bis nach vielen Abenteuern, auch mit Hilfe des Pferdes Maximus, das zu den beiden überläuft dem romantischen Happy End nichts im Wege steht.

Was will ich mehr“ ist eine Frage, die als Filmtitel doch eher nach Zufriedenheit mit der Situation klingt. Aber es ist gekonnte Selbstironie, mit der uns Regisseur Silvio Soldini hier kommt. Sein Film „Brot und Tulpen“ wurde auch in Deutschland Kult und seither hat er sich mit weiteren Beziehungsdramen oder einfachen alltäglichen Liebesgeschichten sich eine Fangemeinde erspielt. Hier geht’s um Anna und Alessio und auf einmal auch um Domenico. Worum es überhaupt nicht geht, ist die Aufarbeitung um traumatisierte Kindheit, um die Selbstfindungsorgien deutscher Bürgerkinder, sondern schlicht darum, wie man leben soll, wenn das Leben in einem lebt und auf einmal Dinge passieren, die so nicht vorgesehen waren.

Klar, daß dies auf eine Dreierkonstellation zielt, die hier einmal das sich auf ewig eingerichtete Paar Anna und Alessio darstellen, die heute schon so leben, wie man es von dreißig Jahren Ehe erwartet, was jäh aus den Schienen läuft, als sich Anna in Domenico verliebt. Nur ist der verheiratet und hat die Kinder, die Anna eigentlich von Alessio bekommen sollte. Das ist ein schöner Film, der Soldini gelang, der mit Alba Rohrwacher, Pierfrancesco Favino, Giuseppe Battiston und Teresa Saponangelo als lebenspraktischer und um ihre Familienkonstellation kämpfenden Ehefrau auch so selbstverstädnlcih agierende Schauspieler hat, das davon wiederum der Zuschauer etwas hat.

Das kreative Universum“ Wir mögen solche Filme, in und aus denen wir viel lernen. Und schön anzuschauen sind sie auch, diese Aufnahmen, die uns von einer Natur erzählen, die überbordend und im Überfluß die schönsten Exemplare hervorbringt. Warum?, das ist die hintersinnige Frage dieses Dokumentarfilms, der einerseits gute alte Erinnerungen an die Schulfilme aus dem Biologieunterricht wachruft, andererseits aber dem Phänomen mit Hilfe von Experten auf den Grund geht, die zu klären versuchen, welche Funktion im Sinne von Darwin diese Explosion haben könnte. Hans Peter Dürr oder Rupert Sheldrake, ausgewiesene Experten geben Antworten in diesem Film, den Rüdiger Sünner gedreht hat.

Ein Mann von Welt“ ist ein gut gemachter Film aus Norwegen, der auf den Spuren von Kaurismäki wandelt, ein Vergleich, der unfair ist. Regisseur Hans Petter Moland setzt zu Recht auf seinen Hauptdarsteller Stellan Skargard, der aus dem Gefängnis kommt und sofort von seiner Gang in Beschlag genommen wird, sich also im neuen Gefängnis wiederfindet, was er mit einer Mischung von Chuzpe und Verzweiflung durchsteht und uns dabei immer wieder die Innensicht eines Kleingangsters zeigt. Einen gebrochenen Helden haben wir vor uns, allerdings einen, der subtil die Welt einzuschätzen weiß und uns diese Gangsterkomödie als innere Tragödie vorführt. Ein witziger, ein melancholischer, ein skandinavischer Film.

Dot.com“ hätte nicht sein müssen. Dieser portugiesische Film aus dem Jahr 2007 kommt vielleicht wegen des Erfolges von „The Social Network“ nun auch in deutsche Kinos. Die Idee ist toll: ein schönes kleines Dorf, abseits der Zentren, erstellt eine Webseite. Da gibt es aber den Weltkonzern, der diesen Domainnamen für sich reklamiert und mal nicht die Anwälte einschaltet, sondern eine Frau schickt, ihre äußerst reizvolle Marketingdame, die in die Vollen geht. Doch die tolle Geschichte wird leider lahm und allzu herkömmlich mit vorhersehbaren Szenen inszeniert.

Monga – Gans of Taipeh“ ist auch ein Gangsterfilm, dem der taiwanesiche Schauspieler Doze Niu Chen-Zer als Regisseur Gestalt gibt. Das macht er nicht schlecht, indem er viele Vorbilder verwurschelt und daraus laut eigener Aussage einen „neuen Stil“ kreiert, der sich absetzt gegen die japansichen Samuraifilme und die Hongkong Actionsfilme. Sein taiwanesischer Actionsstil führt hier eine Jugendgang in Taipeh vor, in Monga, dem ältesten Stadtviertel, wo in den Achtzigern sich eine Jugendgang breit macht und wir nun die Aufnahmerituale und den Verhaltenskodex lernen. Am Anfang ist der Film prall bunt und zieht den Zuschauern in den Film hinein. Bei der folgenden zarten Liebesgeschichte werden andere Bilder und eine andere Erzählsprache benutzt. Das ist interessant und wechselt wiederum, wenn es nun ums Eigentliche geht: den aufgezwungenen Kampf, den die Jugendbande nun gegen die Triaden vom Festland führen müssen. Richtig gut gemacht.

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