"Jimmy’s Hall“ wurde inspiriert durch das Leben von James "Jimmy“ Gralton (1886 – 1945) und den politischen Umwälzungen in Irland in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts.
Nach Jahren im amerikanischen Exil kehrt Jimmy Gralton (Barry Ward) 1932 in sein Heimatdorf zurück, da sein Bruder, der bisher den Hof bewirtschaftet hat, gestorben ist und er selbst durch die Rezession in Amerika keine Arbeit mehr hatte. Gleichzeitig hoffte er, dass die neue Regierung unter Éamon de Valera weniger auf die Großgrundbesitzer und die katholische Kirche, sondern mehr auf die Bauern und Arbeiter hören würde.
Dort im County Leitrim im Norden der Republik Irland, hatte er, bevor er 1921 das Land verlassen musste, auf dem Land seines Vaters einen Tanzsaal eröffnet. Diese "Pearse-Connolly Hall" (benannt nach zwei der Anführer des Aufstandes von 1916) war ein Ort zum Tanzen aber auch ein Bildungszentrum unabhängig von der Bevormundung der Kirche. Als Jimmy nun, nach über 10 Jahren, zurückkehrt, möchte er eigentlich nur noch den Hof seiner Eltern bewirtschaften zusammen mit seiner alten Mutter. Nach kurzer Zeit wird er aber von einer Gruppe junger Leute, unter Führung der Tochter des örtlichen Faschisten-Führers, angesprochen, die einen Platz zum Tanzen und Unterhalten suchen, um nicht dauernd von der Polizei und dem erzkonservativen örtlichen katholischen Priester, Pater Sheridan (Jim Norton) gegängelt zu werden.
Das Gemeindezentrum wird mit dem Geld, das Jimmy aus Amerika mitgebracht hat, und der freiwilligen Arbeit vieler Bewohner des Ortes wieder hergerichtet. Es finden dort wieder Kurse zum Malen, Singen von gälischen Liedern, Lesekreise zu Büchern (z.B. Interpretationen von Yeats-Gedichten), Boxkurse und natürlich auch Tanzabende statt. Jimmy hat aus den USA ein Grammophon und Schallplatten mit den neuen in Irland verbotenen Tänzen wie z.B. Shimmy mitgebracht, die von den jungen Leuten mit Begeisterung gelernt und getanzt werden. Jimmy trifft auch seine alte Liebe, Oonagh (Simone Kirby) wieder, die inzwischen verheiratet ist und zwei Kinder hat. Sie wird zu einem der wichtigsten Mitglieder des Komitees, das das Zentrum verwaltet.
Daneben wird der Saal natürlich auch zum Abhalten von politischen Veranstaltungen genutzt, als z.B. Pächterfamilien – trotz gegensätzlichem Gerichtsbeschluss – vom Land durch die Großgrundbesitzer vertrieben werden sollen.
Besonders der örtliche Pfarrer sieht in Jimmy einen Vertreter des Teufels und schreckt nicht davor zurück, die Besucher der Tanzveranstaltungen von der Kanzel bloßzustellen. Dies führt z.B. dazu, dass eines der Mädchen von ihrem den Faschisten angehörenden Vater mit der Peitsche blutig geschlagen wird – sie wird trotzdem am nächsten Tag wieder in der Halle erscheinen. Der Priester verlangt sogar, dass die Halle an die katholische Kirche überschrieben werden soll.
Als auch Schüsse durchs Fenster während einer Tanzveranstaltung nichts helfen, wird die Halle von den örtlichen Faschisten niedergebrannt. Durch Zusammenarbeit der örtlichen Justiz mit Kirche und Großgrundbesitzern soll Jimmy Gralton ohne Verhandlung, da er die amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt, als illegaler Einwanderer ausgewiesen werden. Nachdem er sich 6 Monate verstecken konnte, wurde er 1933 nach New York abgeschoben. Er sollte nie wieder nach Irland zurückkehren können. James Gralton ist damit der einzige Ire, der jemals ohne Gerichtsbeschluss aus Irland ausgewiesen worden ist.
Ken Loach ist zwar mit Jimmy’s Hall kein spektakulärer Film gelungen, dennoch sind die Themen, die angesprochen werden, wie Unterdrückung und religiöse und politische Engstirnigkeit sowie der Versuch kleiner Leute sich solidarisch dagegen zu wehren, heute auch über Irland hinaus ähnlich aktuell wie 1932. Leider sind die Personen des Films eingeteilt in die Guten, wie die Männer und Frauen um Jimmy, die versuchen, sich selbst eine gewisse Bildung anzueignen, und die Bösen, wie die Vertreter der katholischen Kirche, die Großgrundbesitzer und die Schlägertruppe der örtlichen Faschisten.
Insgesamt hätte dem Film eine etwas differenziertere Kritik an den damaligen Verhältnissen gut getan, denn schließlich führte der Rechtsruck derselben irischen Regierung zur Neutralität im 2.Weltkrieg. De Valera hat sogar als Einziger zu Hitlers Tod kondoliert. Die irischen Soldaten, die auf Seiten Englands gekämpft haben, wurden in der Republik lange als Deserteure behandelt und erst 2012 rehabilitiert.
Auch wenn Ken Loach nicht der große Wurf gelungen ist, es ist ein interessanter Film zur politischen Geschichte Irlands, den man sich unbedingt ansehen sollte.
* * *
Jimmy’s Hall (Großbritannien/Frankreich/Irland 2014)
Genre: Drama
Filmlänge: 106 Minuten
Regie: Ken Loach
Drehbuch: Paul Laverty
Darsteller: Barry Ward, Simone Kirby, Jim Norton u.a.
Verleih: Pandora Film
FSK: ab 6 Jahren (beantragt)
Kinostart: 14. August 2014