Istanbul, Kulturhauptstadt Europas 2010

Das Goldene Horn, der 6,5 Kilometer lange Seitenarm des Bosporus, trennt Alt- und Neustadt Istanbuls. Im Bild zu sehen ist auch der Galataturm.

Schiffe auf dem Bosporus, der 30 Kilometer langen Meerenge zwischen Europa und Asien, die Marmara-Meer im Süden und Schwarzes Meer im Norden verbindet. Schiffe am Goldenen Horn, dem 6,5 Kilometer langen Seitenarm des Bosporus, der Istanbuls Altstadt von der Neustadt trennt. Den Beinamen golden verdankt die hornartig gekrümmte Wasserstraße dem Licht bei Sonnenuntergang. Schlanke Minarette dominieren das Bild.

„Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen…“ Die Liebeserklärung des türkischen Dichters Orhan Veli Kanik (1914-1950) gilt der Glocke der Wasserverkäufer, den Marktschreiern, dem Ruf des Muezzins, dessen Stimme im Gleichklang aller 3.000 Moscheen erschallt.

Istanbul, die Stadt auf zwei Kontinenten, Europa und Asien, muss erlebt werden.

Ein Drittel der Bevölkerung lebt auf asiatischer Seite. Drei Millionen Berufstätige wechseln täglich von Asien nach Europa über Brücken oder mit der Fähre. 1.200 Mal am Tag wechseln die Fährschiffe die Ufer. Untertunnelt ist der Bosporus bereits, fehlen nur noch die Bahnschienen. Die Eröffnung ist für 2011 vorgesehen.

Wasser spielt also in Istanbul eine bedeutende Rolle. Wohl mit ein Grund, weshalb eines der nahezu 500 Projekte im Kulturhauptstadt-Jahr „Europa auf dem Wasser“ heißt. Internationale Künstler geben sich ein Stelldichein, Maler, Musiker, Schriftsteller, Tänzer, Architekten, Designer, Kochkünstler, denn auch die türkische Küche soll nicht zu kurz kommen. „Melez Kulinarik“, ein kulinarisches Festival, wird im März und April stattfinden. Am 6. September gibt die irische Band U2 ein Konzert. Von Oktober bis Dezember ist die Tanz-Show „Istanbul Dreams“ zu Gast, bevor sie auf Europa-Tourneee geht. Vural Öger, Chef des Türkei-Spezialisten Öger Tours, der im Jahre 2009 35.000 Pauschaltouristen allein nach Istanbul flog und 80 Hotels anbietet, wünscht sich die Events rund ums Kulturhauptstadt-Jahr (www.istanbul2010.org) ohne Pause, wie ein einziges Straßenfest.

So ähnlich wird es wohl auch zugehen. Nehmen wir allein die Ausstellungen, die es im Topkapi-Palast zu sehen gibt, und sie werden immer durch neue ersetzt. Da gibt es „1.000 Jahre persische Zivilisation“, „Kreml-Schätze“, „Chinesisches und japanisches Porzellan“ und und und. Der Sultanspalast, in dem 26 von 36 Sultanen regiert haben – der letzte verließ ihn 1886 -, besitzt allein 700.000 Objekte und kann immer nur einen Bruchteil zeigen. Den riesigen Komplex von Wohn- und Audienzräumen, vier Innenhöfen, Terrassen, Pavillons, Küchen, Bädern, Bibliotheken, Schulen und Moscheen hatte 1465 Sultan Mehmed II. anlegen lassen. Eine Stadt von 70.000 Quadratmeter auf der Spitze des Altstadt-Dreiecks mit eigener Grenzmauer. Man schätzt, dass dort 40.000 Menschen lebten. Etwa 5.000 gehörten zur Familie des Sultans und seinen Bedienten. Allein der Harem hatte 300 Räume für etwa 300 Frauen.

Etwa 1.000 Objekte sind in der Schatzkammer zu sehen: Pures Gold, größte Diamanten, Smaragde, Hochkarätiges von Dolch bis Thron, kostbarstes Glas und Porzellan, darunter solches, das sich bei Gift verfärbt.

Im Restaurant Konyali (www.konyalilokantasi.com), das sich in der Palastanlage befindet, speist man prächtig auf türkische Weise.

Internationale Spezialitäten bietet das „Vogue“ (www.istanbuldoors.com) auf dem Dach des BJK Plaza im Stadtteil Beᶊiktaᶊ. Hier spricht man gern dem türkischen Wein der Firma Doluca zu. Man muss das Flaschenetikett lesen und verzweifelt an der türkischen Sprache: Der Rotwein entstammt der Traube „Öküzgözü“, zu Deutsch Ochsenauge.

Mit Blick auf das Goldene Horn und unzählige Moscheen isst man auf der Dachterrasse des „Zinhan Kebap House“ (www.zinhanrestaurant.com) im Stadtteil Fatih, einem ehemaligen Frauenverlies. Wie der Name sagt, serviert man verschiedene Kebaps, also Fleischspieße, Lamm, Hähnchen, Rind.

Immer gut besucht ist das „yakub-2“ (www.yakuprestaurant.com) im Kneipenviertel Tünel-BeyoÄŸlu. Hier wird der Tisch gut bestückt. Als Vorspeise reichen die Kellner die typische Meze: viele Teller mit verschiedenen Kleinigkeiten wie Teigtaschen, Auberginen, Shrimps, frischen Salaten, Yoghurtcreme, Schafskäse. Zum Essen trinkt man gern Yeni Raki, jene feine türkische Anis-Spezialität und Nationalgetränk, mit Wasser aufgefüllt. Wer sich noch fit fühlt, beschließt den Abend in einer der Bars.

Istanbul ist eine quirlige Metropole. Was das Verhalten im Verkehr betrifft, bringt die Stadtführerin Zümrüt es auf den Punkt: „mutig, schnell und entschlossen“. Das trifft für Autofahrer wie für Fußgänger zu. Selbst bei winterlichen Temperaturen lebt die Stadt am Wasser draußen. Open air heißt die Devise. Das bedeutet aber nicht, dass Bars ohne Terrasse keinen Zulauf haben. Die Bar ZiHNi (www.zihnibar.com) im Stadtteil Niᶊantaᶊi etwa hat ein herrlich orientalisches Ambiente, so dass sie nur während der Sommerferien geschlossen bleibt.

2006 wurde die Galatasaray-Insel im Bosporus zu „Suada“, einem Beach-Club mit Pool und Sonnenliegen am Tag, fünf Restaurants und Bars bei Tag und bei Nacht. Fähren stehen für die kurze Überfahrt bereit. Nach dem Dinner feiert man die Nacht durch oder schippert in einen der angesagtesten Nachtclubs, ins „Reina“. Open air wie alle Discos und auch von Paris Hilton besucht. Interessanter dürften dennoch die Szene-Bars „Perestroyka“ und „Frame“ sein.

Kunstkenner dürfen die Ausstellung im Museum „Istanbul Modern“ nicht auslassen. Originelle Malerei und ebensolche Video-Installationen begeistern. Da presst etwa eine spärlich bekleidete Frau ihre roten Lippen auf weiße Wände und Möbel, zuletzt auf ihr Hemdchen, ihre Beine und Arme. „Emotion in motion“, ein Kusswerk, das Kopfhörer hörbar machen.

Neu dürfte selbst für Istanbul-Repeater das „Santral Istanbul“ (www.santralistanbul.org) sein, das ehemalige Elektrizitätswerk und erste des Osmanischen Reichs, jetzt witziges Energie-Museum mit Objekten zum Hand-Anlegen und Museum für zeitgenössische Kunst. Für die „Retrospektive von Yüksel Aslan“, einem systemkritischen und die Erotik liebenden Maler, könnte man allein einen ganzen Tag einplanen. Pausen einlegen darf man im Café Tamirhane, zu Deutsch Reparaturwerkstatt.

Info:

Unterkunft und Pauschalreise: 4,5-Sterne-Hotel Titanic City, im Taksim-Viertel im Zentrum der Neustadt, 3 Ü/F ab 382 Euro pro Person (inkl. Flug und Transfers), gültig bis Ende März, ab 1. April bis 31. Oktober ab 467 Euro. Zu buchen beim Türkei-Spezialisten Öger Tours in Hamburg (Tel. 01805/351035, www.oeger.de und im Reisebüro). Er bietet günstige Flugpauschalreisen rund ums Jahr an.

Vorheriger ArtikelStarkes Signal für den Software-Standort Deutschland
Nächster Artikel„Familienbande“ mit einem Beigeschmack von Wahrheit – Benjamin Brittens „Owen Wingrave“ als Erstaufführung der Oper Frankfurt