Bregenz, Österreich (Weltexpress). Auch im Winter kann man in Bregenz klassische Musik erleben, wenngleich das allseits bekannte Festspielhaus aktuell vermehrt für Events quer durch das Genre Showbusiness gebucht wird. Es sind dann nicht die Bregenzer Festspiele, die planen, sondern das Kongresszentrum Bregenz. Nun ja, das Haus verursacht sicherlich hohe Kosten rund ums Jahr, dennoch, man stelle sich vor, dass im Wiener Musikverein auch Popkonzerte, Musicals sowie Varieté stattfinden würden. Die Grenzen verwischen sich immer mehr zwischen den Unterhaltungsgenres und der Klassik. So durften Die Prinzen kürzlich mit dem Gewandhausorchester Leipzig auftreten. Ob dies nun der Qualität des Auftritts genutzt hat, bleibt dahin gestellt, sicherlich war der PR-Effekt gewollt.
Finden sich im Sommer die Wiener Symphoniker am Bodensee ein, seit Jahrzehnten das Hausorchester der Bregenzer Festspiele, so war letzten Sonntag das Kammerorchester des Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, unter der Leitung von Konzertmeister Radoslaw Szulc, zu erleben. Stehend, Szulc mit Violine unterm Kinn, zelebrierten die Musiker den Abend, wohl anspielend auf vergangene Zeiten, auch Hans von Bülow ließ sein Meininger Orchester stehend musizieren. Vielleicht geriet deshalb auch der Auftakt mit Samuel Barbers Adagio für Streicher etwas disharmonisch, man musste sich schon anstrengen, um die bekannte Komposition zu erkennen. Es fehlte der große Bogen, das verbindende Element, auch der Streicherklang der Bayern war etwas ruppig.
Merci Hélène Grimaud
Das gilt auch für Beethovens Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4. Doch Hélène Grimaud konnte mit ihrem brillanten Spiel davon ablenken. Ihr unglaublich leichter Tastenanschlag begeistert, schwebend perlende Klänge, die dem Klavierkonzert Nr. 4 so gut zu Gesicht stehen, zaubert sie ohne Ende in den Raum. Rhythmik sowie Phrasierung sind bei ihr einfach perfekt, danke Maestra Grimaud.
Nach der Pause dann Unbekanntes. Zwei Kompositionen des 1937 geborenen Komponisten Valentin Silvestrov: Der Bote und Zwei Dialoge mit Nachwort, beides in der Besetzung für Klavier und Streicher. Etwas zaghaft war der Eindruck der durchweg an die Klassik angelehnten Kompositionen, gerne würde man die Werke noch einmal in einer Interpretation mit mehr Dynamik hören. Zum Schluss noch etwas Heiteres: Joseph Haydns Sinfonie Nr. 60, auch Il Distratto (Der Zerstreute) bezeichnet. Charmante Musik à la Commedia dell’arte, die von dem vergrößerten Kammerorchester nun mit viel Elan musiziert wurde. Irgendwann wurde man auch aufgefordert zu klatschen, war es wegen dem Zerstreuten oder während der Zugabe, ich weiß es wirklich nicht mehr. Eben doch ein etwas konfuses Konzert.