Wir sehen den ca. 61 Jahre alten Eduard müde auf seinem Thron hängen; er hat seinen Schwager Harald Godwinson, damals der mächtigste seiner Fürsten, gerufen und bittet diesen, 1064 gen Frankreich zu reisen und Wilhelm den Treueschwur als künftigem englischen König zu leisten. Nun wird die Geschichte kurzfristig verwickelt, denn Harald strandet, wird gefangen genommen, von Wilhelm befreit und leistet den berühmten Eid. Und in dieser Szene sieht man deutlich, dass dieser Teppich ein Propagandawerk ist, wie jedes Bild, jedes Foto bis heute, das Herrschende von sich und den Vorgängen für die Welt und Nachwelt machen lassen, schließlich sind Bilder Träger von Botschaften und dieser Teppich ist gedacht für ein des Lesens unkundiges Volk!
Eindeutig zeigt der Teppich nämlich die fiese Absicht des freundlich tuenden Briten. Denn dieser Harald schwört ganz offensichtlich einen Meineid. Während er mit der Rechten Wilhelm Treue schwört, leitet die linke Hand diesen nach hinten ab, was zwei Normannen beobachten, die aufgeregt dies anzeigen, aber nicht beachtet und gehört werden. Harald kehrt nach England zurück, der Anglenkönig Eduard stirbt am 5. Januar 1066 und Harald lässt sich von zwei Adligen die Königswürde antragen. Diese Schilderung ist völlig undramatisch, wie überhaupt unsere Emotionen und unsere Geschichtskenntnisse den Teppich färben, der eigentlich nur vor sich hin erzählt. Jetzt beispielsweise, daß dem Volk Harald verkündet, der sterbende König habe ihn zum Nachfolger gemacht, weshalb sein Treueschwur hinfällig sei. So geschieht es und er wird als Harald II. König von England – für rund 40 Wochen. Der größte Teil Europas ist empört und Papst Alexander II. schickt Wilhelm ein Kreuzbanner in seinem „Kreuzzug“ gen England.
Die bösen Vorboten zeigen sich auf dem Teppich. Ein flammender Himmelsschweif ist zu sehen – tatsächlich handelt es sich um den immer wieder auftauchenden Kometen Halley, benannt nach dem englischen Astronomen aus dem 17. Jahrhundert, der aufgrund der Aufzeichnungen seit 466 v. Chr. bei den Chinesen, dessen Umlaufbahn berechnete und sein Erscheinen vorhersagte, was 1910 in Europa zu Schrecken führte, aber 1985/86 weniger dramatisch ausfiel – und die vielen Schiffe auf bewegtem Meer zeigen die Angstträume des schlafenden Königs. Wie diese Träume anzeigen, bereitet sich Wilhelm mit seinen Mannen darauf vor, die ihm zustehende Königswürde mit kriegerischen Mitteln zu erkämpfen.
Hier taucht auch Odo, der Halbbruder Wilhelms auf dem Teppich auf, den man heute übereinstimmend für den Auftraggeber des Wandteppichs hält, den er im Jahr 1077 zur Eröffnung des Doms von Bayeux als dessen Bischof dann für Jahrhunderte dort aufhängen ließ. Die dreitausend Schiffe der Normannen – so in einer zeitgemäßen historischen Schrift, die von anderen bestritten wird, heute einigt man sich auf rund 450 Schiffe, 2 000 Pferde und 7 000 bis 8 000 Männern – werden nicht alle dargestellt, aber der Teppich flutet fast über vor Schiffen, deren Maste bis in die obere Bordüre hinreichen und deren Masse und Gefährlichkeit andeuten. Man sieht den verschiedenen Schiffen auch deutlich an, wo die Herrschaft fährt, auch die Damen, und wo das dann kämpfende Fußvolk dicht beieinander sitzt. Ab dem 28. September 1066 landen sie und die Mannschaft zieht erst einmal aus, um Proviant zu besorgen und die Lage zu sondieren. Jetzt folgen als Ruhe vor dem Sturm köstliche Szenen, wie gekocht wird und geprasst und Bischof Odo das Ganze weiht. Man wartet auf Harald.
Der zieht auch mit seinen 7 000 Angelsachsen gen Hastings, auf Pferden, aber mehr noch zu Fuß. Und so fällt auf dem Teppich auf, dass nur König Harald auf einem schwarzen Pferd angeritten kommt, dessen Mähne im Gegensatz zu den normannischen Pferden ganz kurz geschnitten ist. Die Bogenschützen der Normannen rücken vor, die Engländer können kaum Widerstand leisten, die Pferde fallen, aber die Reiter stürmen zu Fuß weiter und Wilhelm „vervielfacht“ sich und hilft als Held der Schlacht an jeder Stelle, ein beliebter Topos auf Bildern und in der Kriegsliteratur. Obwohl die linke Front unter den Engländern nicht Stand halten kann, treibt Wilhelm seine Leute nach vorne und im Pfeilregen der Normannen fällt König Harald, keiner weiß wo. Gottesurteil, wie alle glauben. Auf dem Teppich sieht man nur noch die fliehenden Engländer und der Teppich bricht so plötzlich ab, dass man weiter phantasiert. Das hat auch Heinrich Heine getan, der in „Schlachtfeld bei Hastings“ Haralds Witwe Edith den Toten erkennen lässt, an drei Stellen auf seiner Schulter, „Denkmälern der Lust“. Wilhelm der Eroberer blieb bis zu seinem Tod 1087 englischer König. Fortsetzung folgt.
„Der Teppich von Musée de la Tapisserie de Bayeux: Öffnungszeiten bis August von 9 Uhr bis 19 Uhr, bis 15. November bis 18.30 Uhr; 16. November bis 14.März 2011 von 9.30 bis 12.30 Uhr; von 14 bis 18 Uhr.
Ausstellung der Impressionisten in Honfleur: bis 6. September 2010. Weitere Impressionistenausstellungen im ganzen Land bis in den Herbst.
Katalog: Honfleur entre tradition et modernité. 1820-1900, íˆdition Societé des mais du musée Eugène Boudin 2010. Für die Katalogtexte, die in verschiedene Themen einführen wie: Der Salon der Impressionisten, Baudelaire und Boudin in Honfleur, Bilder der französischen Seefahrt, muß man schon Französisch können, aber die anderen Katalogteile nützen auch den nur Deutschsprechenden. Denn neben der Abbildung der Werke – ganzseitig und umfassen und dafür kauft man ja Kataloge – gibt es im hinteren Teil noch wichtige Hilfestellungen. Sucht man zum Beispiel einen Maler, wird in der Liste der ausgestellten Werke eine Namenliste präsentiert, wo man erst einmal über das fehlende ABC staunt, dann aber schnell versteht, wie sinnvoll das ist: es werden nämlich die Künstler der Reihenfolge ihrer Geburt nach gelistet, was einem eine gute Nachhilfe gibt. Innerhalb des Namens sind dann vorbildlich erst die Katalognummern angegeben, dann aber zusätzlich die Seite im Buch. Schon beim Blättern sieht man sofort, wer als Ausnahme in Honfleur war, und wer dort ständig zu Hause war und malte.
Info: Wir konnten den Teppich von Bayeux und die Ausstellungen des Impressionisten-Festivals mit sehr freundlicher Unterstützung der Französischen Bahnen SNCF durchführen. Zugfahren macht das Informieren leichter. Auf dem Hinweg waren das die Reiseliteratur und auf der Rückfahrt die diversen Kunstkataloge. Die schnelle Fahrt im ICE geht von Frankfurt nach Paris im Katzensprung, vier mal täglich möglich. Vom Gare de l`Est zum Bahnhof Saint Lazare wechseln, wo Sie in knapp zwei Stunden in Pont L`Eveque sind, einer besonders guten Ausgangsstation für die Normandie. Das ist keine reine Zugfahrt, sondern eine Besichtigungsfahrt der Normandie, von der man vor allem das tiefe satte Grün der Weiden und Wälder in Erinnerung behält. Einschließlich des friedlich weidenden Viehs. Entnehmen Sie die Ausstellungen in Bayeux und weitere Besichtungen sowie das darüber hinausführende Programm des gesamten Impressionisten-Festivals den Webseiten.
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