Berlin, Deutschland (Weltexpress). Bereits auf dem Caravan Salon vor zwei Jahren überraschte Dethleffs, der Hersteller von Caravans und Reisemobilen in Isny im Allgäu, sowohl den Wettbewerb als auch die Besucher mit der Studie eines vollelektrischen Reisemobils auf Iveco-Basis. Der neueste Coup der Allgäuer ist ein elektrischer Wohnwagen, also ein Elektro-Anhänger. Was soll das jetzt?
In jedem Falle muss das ein echter Hit sein, den Dethleffs erhielt bereits eine bedeutende Auszeichnung für die Entwicklung der Caravan-Studie e.home Coco – den European Innovation Award 2019. Dass man bei Dethleffs auf so eine Idee kam, ist begreiflich. Alle Welt redet von der Elektrifizierung von Pkw’s, Nutzfahrzeugen und Bussen. Aber was macht man dann mit einem Wohnanhänger?
Wenn der an ein Elektromobil angehängt wird, geht es mit der ohnehin zumeist bescheidenen Reichweite direkt bergab. Deshalb sind Elektroautos normalerweise nicht mit einer Anhängerkupplung ausgestattet. Eine Lösung muss her, und für eine solche steht das nunmehr ausgezeichnete Konzept von Dethleffs in Zusammenarbeit mit dem Zulieferer ZF, mit dem die Grundidee des Caravans praktisch neu erfunden wird: Der Wohnwagen wird mit einem eigenen Antriebsstrang ausgestattet, beteiligt sich so am Vortrieb des Gespanns und muss den Akku des Elektro-Fahrzeugs nicht belasten.
Angetrieben wird der Leichtbau-Wohnwagen e.home Coco von zwei je 40 kW/54 PS starken Elektromotoren, die ihre Energie aus Hochleistungs-Lithium-Ionen-Batterien mit einer Kapazität von 80 kWh beziehen. 3000 Ladezyklen sollen die Batterien aushalten. Die Radnabenmotoren laufen im Gespann mit und entlasten so das ebenfalls elektrisch angetriebene Zugfahrzeug. Beim Bergabfahren werden die Batterien mittels Rekuperation wieder aufgeladen. Zudem sind sie mit einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach kombiniert.
Der elektrische Schleuderschutz ESP und eine intelligente Steuerelektronik sorgen für den Anschub in Einklang mit dem Antriebsmotor – der passive Anhänger wird zu einem aktiven Mobil. „So können künftig auch kleine Fahrzeuge schwere Anhänger ziehen. Wir sehen das als einen Innovationssprung sondergleichen“, sagt Dethleffs-Geschäftsführer Alexander Leopold. Eine Steuerungselektronik ermöglicht das einfache Rangieren des Caravans auf dem Stellplatz. Und mit der Energie des Akkus kann auch die Einrichtung des e.home Coco betrieben werden – die Camper sind damit unabhängig von einer externen Stromversorgung.
Um die teuren Batterien aber nicht nur ein paar Mal im Jahr zu nutzen, soll der Elektro-Wohnwagen – wie auch das Elektro-Reisemobil – als mobiler Stromspeicher für die heimische Photovoltaik-Anlage genutzt werden. Damit könnte mit dem elektrischen Wohnwagen nicht nur das elektrische Zugfahrzeug entlastet werden, sondern auch das häusliche Stromnetz. Immer öfter wird die Photovoltaikanlage zu Hause mit einem Stromspeicher kombiniert – das sichert eine weitgehende Unabhängigkeit.
Die Studie dieses Elektro-Wohnwagens wurde bereits vorgestellt. Von der Studie zum wirklich funktionierenden Gespann war noch einiges an Feinarbeit zu erledigen. Auf dem Caravan Salon in Düsseldorf Ende August wurde der nun für abschließende Testfahrten fertige e.home Coco gezeigt und stieß auf großes Interesse. Im kommenden Jahr will Dethleffs mit diesem Wohnwagen und einem Elektroauto zum Gardasee fahren. Ziel ist, die Alpenüberquerung ohne Ladestopp zu schaffen. Mit einem Gespann aus Elektroauto und einem herkömmlichen Wohnwagen wäre das nicht möglich.