Ich tanz ´ mich in Dein Herz hinein – „Street Dance 3D“ kombiniert Alternativkultur und Ballett zu einem massentauglichen Tanzfilm

Regeln brechen, mit Freiheit tanzen. So habe Street Dance begonnen, sagt Carly in einer Szene. Die Worte, welche Drehbuchautorin Jane English ihrer Hauptfigur in den Mund legt, sind selbstverräterischer Fingerzeig auf die größten Mängel des Tanzfilms. Inszenatorisch ist das Regie-Duo Max Giwa und Dania Pasquini peinlich der Uniformität verhaftet. Die Choreografien sind ebenso formvollendet wie förmlich. Von den für Street Dance prägenden Elementen der Improvisation und Spontaneität vermitteln die perfekten Tanzeinlagen nichts. Die Leidenschaft, welchen die Ballettlehrerin Helena bei ihren Schülern vermisst, spürt man auch bei den Street Dancern des Films nicht. Sich gegen angestaubte dramaturgische Regeln aufzulehnen, wagt erst recht niemand. „Street Dance 3D“ folgt streng den Konventionen eines Teenager-Musicals. Zwei unterschiedliche Tanz- oder Musikgruppen treffen aufeinander. Nach anfänglichem Misstrauen gegenüber den Fähigkeiten der anderen, lernen sie einander schätzen. Gemeinsam sind wir stark, jeder kann vom anderen lernen. Mit der simplen Moral des oberflächlichen Unterhaltungsfilms ließe sich auch eine Kindergartentanzgruppe anfeuern. Gegensätze ziehen sich bekanntlich an, daher verlieben sich mindestens zwei Mitglieder aus unterschiedlichen Gruppen ineinander. Dass in „Street Dance 3D“ zur Abwechselung nicht die Balletttänzerin dem lässigen Rocker oder Breakdancer verfällt, sondern umgekehrt, ist eine der wenigen Abweichungen, welche sich die Handlung von Genreklischees erlaubt.

Noch angepasster als das Drehbuch sind die Charaktere. Optisch wie charakterlich makellos erscheinen sie als Modells einer vorbildlichen Jugend. Die Zeiten von ’Anarchy in the UK’ sind längst vorbei. Stattdessen singt in „Street Dance 3D“ Europas erfolgreichste Girl-Group Sugababes ihren Hit „Get sexy!“. Die Aufforderung verhallt ungehört. Die Regisseure setzen die gut aussehenden Jungdarsteller mit familienfreundlich zahmen Sex-Appeal in Szene, welcher die britische Produktion an amerikanische Jugendfilme erinnern lässt. „You can look but You can ´t touch“ – die Songzeilen stehen sinnbildlich für die keusche Zurückhaltung der Figuren. Vermeintliche erotische Sünden bestraft das Drehbuch sofort. Nach einer Liebesnacht mit ihrem Freund Jay muss Carly erfahren, dass er zu einer konkurrierenden Tanzgruppe übergelaufen ist. Kleinere romantische Dissonanzen sind die einzigen, welche die Charaktere kennen. Versagensängste und Selbstzweifel werden nur vereinzelt und zudem unglaubwürdig dargestellt. Materielle, schulische oder familiäre Probleme sind kein Thema. Eine „positive Geschichte“ habe er erzählen wollen, betont Produzent James Richardson. Das Resultat ist vor lauter Optimismus realitätsfern. Armut bedeutet in „Street Dance 3D“ in coolen Lofts zu wohnen, Markenkleidung zu tragen und ein Regal voller Designerturnschuhe zu haben. Mittelständler wohnen vermutlich im Buckingham Palast.

So weiß wie die Sohlen ihrer Turnschuhe ist das glückliche Paar, welches das vorhersehbare Ende präsentiert. Die tänzerischen Leistungen der Akteure bleiben das einzig Bemerkenswerte an der sauberen Traumtänzerei, die fernab der Wirklichkeit eine schon unzählige Male gezeigte cineastische Repertoire-Nummer durchtanzt.

Titel: Street Dance 3D

Land/ Jahr: Großbritannien 2010

Genre: Tanzfilm

Kinostart: 3. Juni 2010

Regie: Max Giwa, Dania Pasquini

Drehbuch: Jane English

Darsteller: Nichola Burley, Charlotte Rampling, Richard Winsor, George Sampson, Elenor Bron

Laufzeit: 98 Minuten

Verleih: Universum

www.universumfilm.medianetworx.de

www.streetdance-derfilm.de

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