Der heutige Winterdienst basiert auf hochmoderner Informationstechnik. Um den Räumservice bei plötzlichem Schneefall schnellstmöglichst organisieren zu können, erfassen rund eintausend Glättemeldeanlagen (GMA) – davon etwa 800 an den Autobahnen – eine Vielzahl von Informationen über den Fahrbahnzustand. Sie melden unter anderem die jeweiligen Temperatur und Niederschlagsmenge direkt an die Einsatzzentralen der Autobahn- und Straßenmeistereien, deren Experten die Daten permanent auswerten. Die Einsatzzentralen sind nicht nur mit den GMA in ihrem Gebiet vernetzt, zum Teil stehen sie auch im direkten Kontakt mit den Wetterstationen. Die Daten werden zudem bundesweit mit dem Niederschlagsradar angezeigt.
Auch in diesem Jahr gab es bei dem frühen Schneefall wieder kilometerlange Staus auf den Autobahnen, weil Lkw und Pkw quer standen. Oft können die Räumfahrzeuge deshalb nicht zügig zum Einsatzort kommen, weil die Autofahrer ihnen zu oft keinen Platz machen. Zudem können sie mit dem Freipflügen der Fahrbahnen erst dann beginnen, wenn der Schnee bereits gefallen ist. Und bei dichtem Schneegestöber oder Blitzeis kommen auch die Winterdienstfahrzeuge nur langsam vorwärts. An fehlenden Informationen über den aktuellen Zustand des Straßen- und Autobahnnetzes liegt es in der Regel nicht. Mit dem Einsatz modernster Technik wird versucht, die Einsätze vor Ort schnell und situationsgerecht zu organisieren.
Seit Neustem werden Glatteismeldeanlagen mit berührungslosen Sensoren eingesetzt, die an Masten am Fahrbahnrand angebracht sind und sogar die Dicke des Wasserfilms auf der Straße erfassen. Gleichzeitig mißt ein Infrarotthermometer die Temperatur der Fahrbahn. Diese Meßdaten sind für einen an die Straßenverhältnisse angepaßten Winterdienst nötig, und der Einsatz berührungsloser Sensoren stellt einen großen Schritt dar. Bisher wurden die Sensoren in die Fahrbahn verlegt; mußte jedoch die Fahrbahndecke erneuert werden, wurden auch die meistens noch intakten Sensoren zerstört.
Der neuste Trend sind automatisierte Glättemeldeanlagen mit Kamera. Durch deren Bilder über die Verkehrssituation und den Straßenzustand bekommt der Winterdiensteinsatzleiter über die reinen Meßdaten hinaus einen aufschlussreichen Eindruck und wichtige Informationen. Er kann sehen, wie es vor Ort wirklich aussieht und erhält zudem auch Bilder vom Gegenverkehr. So können Entscheidungen situationsabhängiger und gezielter getroffen werden.
Die Einsatzzentralen wissen heute genau, wo sich die Räumfahrzeuge befinden. Mit Hilfe von GPS kann ihre Tour verfolgt werden, gleichzeitig kann das Feuchtsalz flexibel und genau dosiert aufgebracht werden, „bei gleichbleibend hoher Verkehrssicherheit“, betont Dr. Christian Holldorb, Professor an der Hochschule Biberach. „Bei einer Online-Übertragung können beispielsweise die Streudichte zusammen mit den Daten der GMA in einer Karte angezeigt werden“, erläutert Holldorb. Dieses GPS-kontrollierte Streuen sei „ein wahres Highlight“. Denn auch Streubreite und -symmetrie lassen sich automatisch regulieren. Ist im Fahrzeug zusätzlich ein Infratorthermometer installiert, wird die Streudichte sogar der Fahrbahntemperatur angepaßt.
Die Streufahrzeuge entwickeln sich zu „rollenden Hightech-Laboren“, fasst Christian Holldorb zusammen. Noch ist die vorbeugende Streuung, wie sie in Dänemark eingesetzt wird, hierzulande Zukunftsmusik, ebenso wie die vollautomatische Streuung. Dabei ermitteln die Hightechgeräte an Bord der Einsatzfahrzeuge den Fahrbahnzustand, werten die Daten aus, errechnen Streubreite und -dichte und passen beides permanent der Wetter- und Fahrbahnsituation an – und erleichtern dazu den Linksabbiegern das Fahren auf eisglatter Straße, indem die Abbiegespur ebenfalls mit Feuchtsalz besprüht wird. Das bedeutet mehr Sicherheit.
kb