Hacker machen transparent: Antidoping-Agentur WADA begünstigt den Einstieg in verbotene Dopingpraktiken

Den Absprung beim Weitsprung nicht verpassen. Quelle: Pixabay

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Kritiker der Doping-Praktiken in Russland haben vehement von den Russen mehr Transparenz gefordert. Das haben sie nun in einer Form bekommen, die ihnen aber ganz und gar nicht gefällt…

Eine vermutlich russische Hackergruppe namens Fancy Bears ist in das Adams Meldesystems der Welt-Antidoping-Agentur WADA eingedrungen und hat die medizinischen Datensätze von 66 Sportlerinnen und Sportlern veröffentlicht. Jene haben bei der WADA einen TUE-Status und dürfen so dank eines ärztlichen Attests eigentlich verbotene Medikamente einnehmen.

Tennis-Ass Nadal – das ist Hetze

Die Athleten sind mehr oder minder empört, verteidigen die Ausnahmegenehmigung mit dem Hinweis, man habe nichts Unrechtes getan und keinesfalls Doping im Sinne. So äußerte der spanische Tennisprofi Rafael Nadal, einer der Weltbesten der Szene und schon früher von Dopingverdächtigungen begleitet, die Hackerveröffentlichungen seien keine Nachrichten, sondern schlichtweg Hetze!

Andere Prominente mit der Sondererlaubnis sind die Briten Bradley Wiggins und Christopher Froome, Radsport-Profis der Extraklasse, Tour-Gewinner, Olympiasieger, ihr Landsmann Mo Farah, Doppel-Olympiasieger über 5000 m und 10 00 m 2012 und 2016, die US-Tennis-Sisters Williams, Serena und Venus, die vierfache Turn-Goldmedaillengewinnerin jüngst in Rio, Simon Biles (USA), Aktive aus Australien, Spanien, Ungarn u.a.
Öffentlich wurde, dass auch Deutsche den TUE-Passus nutzen: Drei aus dem Bereich Schwimmen, die Überraschungs- US-Open-Siegerin im Tennis-Mix, Laura Siegemund, sowie die Leichtathleten Christina Obergföll (Speerwurf) und Diskuswerfer Robert Harting, mehrfacher Weltmeiser, Europa-Champion und Olympiasieger 2012!

Das Internationale Olympische Komitee IOC, deren WADA und die nationale deutsche Antidoping-Agentur NADA reagierten empört und verurteilen die Datenbekanntgabe als kriminelle Handlung. Als Verstoß gegen Datenschutz-Gesetze und Verletzung der Persönlichkeitsrechte. Was juristisch fraglos unbestritten sein dürfte.

Doch der Vorgang hat nicht nur eine juristische Komponente. Zugleich wurde hier ein wenig das hergestellt, was in vielen Bereichen von Politik, Wirtschaft oder Gesellschaft bemängelt wird, aber unverzichtbar für demokratische Spielregeln sein sollte – ein gewisses Maß an Transparenz!
Auch wenn man nicht vollumfänglich dem Vorwurf der Hacker folgen möchte, die WADA erteile mit der TUE-Praxis quasi die Erlaubnis zum Dopen, so liegt die Vermutung eines Missbrauchs auf der Hand. Beobachter sprechen daher von einer Grauzone im Antidoping-Kampf. Skeptiker meinen gar, dass 90 Prozent der Sondererlaubnisse von leistungssteigernden Absichten mit verbotenen Mitteln getragen werden!

Biles mit ADHS und Ausdauersportler mit Asthma???

So bleibt fragwürdig, dass US-Turnstar Simone Biles einerseits angeblich unter dem Krankheitsbild des Aufmerksamkeitssyndroms ADHS leidet. Und andererseits im Training Höchstschwierigkeiten trainiert und sie im Wettkampf dem staunenden Publikum perfekt vorführt. Bräuchte sie tatsächlich im Alltag Medikamente oder sind diese eher dazu da, um das Maximum an Risikobereitschaft, Konzentration und Mut herauszuholen?

Oder da wären die medizinischen Freigaben für „Asthmatiker“, deren Zahl in jüngster Zeit im Skilanglauf, Radsport, Eisschnelllauf geradezu sprunghaft angewachsen ist. Da Asthmamedikamente eine erhöhte Sauerstoffaufnahme bewirken, ist hier die Intention einer Leistungssteigerung mit eigentlich verbotenen Mitteln (Ephedrin o.a.) unverkennbar!

Von den erwähnten deutschen TUE-Nutzern sind die medikamentösen Hilfen nicht bekannt und man mag angesichts der relativ strikten Kontrollen hierzulande keinem Doping unterstellen. Und so hat denn der Doping-Experte Fritz Sörgel, normalerweise als Hardliner bekannt, in einer ersten Stellungnahme – und vermutlich in Kenntnis von Details – erklärt, man solle aus den Datensätzen keine Dopingfälle konstruieren. In einer zweiten Äußerung zeigte er sich aber verwundert, dass junge Sportler die Freigabe nicht vorübergehend, sondern über einen Zeitraum von vier Jahren erhielten. Das wäre schon eine Art „Freifahrtschein“ in Richtung Doping.

Harting erklärt Hexenschuss-Medikamentation

Recht cool reagierte Diskusrecke Robert Harting auf das Hacking. Er habe nach seinem Hexenschuss-Anfall bei Olympia mittels eines ärztlichen Bescheids cortisoale Präparate gegen die Entzündung eingenommen und alles ordnungsgemäß gemeldet: „Ich bin ein transparenter Athlet und habe mit der Veröffentlichung keine Probleme.“

Das verbotene Cortison wirkt nicht nur bei Entzündungen, sondern verschiebt allgemein körperliche Leistungsgrenzen. Hat bei Radprofis nach Überdosierung Todesfälle verursacht.

Harting als Doper ist schwer vorstellbar. Auch angesichts seiner Attacken auf IOC-Chef Thomas Bach, für dessen Zurückhaltung im Russland-Doping-Clinch er sich schäme, oder der Aufforderung an den Sprint-Hero Usain Bolt, sich stärker im Anti-Doping zu engagieren.

Eigentlich Verboten, aber dann doch gestattet und meist mit leistungssteigernden Effekten einhergehend – Simon Perikles, Sportmediziner aus Mainz, hält diese WADA-Strategie für konträr im Anti-Doping-Kampf. Denn immer mehr Topstars des Sports haben die Lücke zum legalen Dopen entdeckt. So hatte die WADA 2013 insgesamt 636 TUEs erteilt – 2015 aber bereits 1330!

Perikles sieht die Sondergenehmigungen daher als „Einladung zum Dopen“ und wünschte sich diese abgeschafft.

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