Hachings Serie ist um so erstaunlicher, da die Mannschaft in der Vorsaison trotz des dritten Pokalsieges in Folge am Ende fast auseinander zu fallen drohte. Als Haching im Meisterschafts-Halbfinale am späteren Vize-Meister Berlin scheiterte, wurden Dissonanzen untereinander erkennbar. Ein Teil der Spieler offenbarte einen Vertrauensverlust zur intransparenten Personalpolitik des Trainers Mihai Paduretu. Vier Akteure – allesamt Leistungsträger – verließen den Verein. Während Nationalmannschafts-Libero und Abwehrspezialist Ferdinand Tille danach erst mit Mühe einen Auslandsjob fand, hatte Berlin den als wertvollsten Ligaspieler ausgezeichneten Hauptangreifer Paul Carroll (Australien), Mittelblocker Tomas Kmet (Slowakei) und Außenangreifer Roko Sikiric
(Kroatien) an die Spree lotsen können.
Augenscheinlich eine Verstärkung für Berlins Volleyball-Team Nummer eins. Und zugleich eine mutmaßliche Schwächung der Vorort-Münchner.
Mitnichten, wie sich zumindest die Kräftekonstellation am Donnerstag darstellte. Berlin präsentierte sich laut seines tief enttäuschten Managers Kaweh Niroomand wie eine Gruppe "von Freizeitvolleyballern, die sich auf Einzelaktionen verließen". Haching – mit sieben Deutschen gegenüber drei bei Berlin im 13-er Aufgebot – hingegen agierte wie aus einem Guss. War in allen Belangen – Annahme, Angriff, Block – besser. Spielte cool und kontrolliert, nahezu fehlerlos, fernab jeglicher Emotionen wegen der zurückliegenden Querelen und Abgänge. Der gebürtige Rumäne Paduretu hat ganz offensichtlich ein gutes Näschen bei den Neuverpflichtungen bewiesen und ohne Reibungsverluste das Zusammenspiel neu justiert…
Vor allem an Letzterem aber mangelt es den mit großen Ambitionen ("Wir wollen endlich einen Titel") gestarteten Berlinern. Neben dem erwähnten Personalwechsel gab es ja die durch den Hauptsponsor bedingte Namensänderung (von SCC Berlin zu Berlin Recycling Volleys) sowie die Aufstockung des Gesamtetats erstmals über eine Million Euro. Die Erkenntnis des australischen Cheftrainers Mark Lebedew nach dem 0:3-Debakel hört sich
ernüchternd an: "Haching war im Zusammenspiel einfach besser. Wir haben zwar die stärkeren Einzelspieler, aber es fehlt die kompakte Mannschaftsleistung." Der mehr emotionalere Niroomand sprach davon, man müsse sich für die Darbietung der Mannschaft schämen, "und sich bei den Fans entschuldigen".
Hachings Kapitän, Nationalspieler und Mittelblocker Max Günthör, strahlte dagegen satte Zufriedenheit, aber auch Zurückhaltung aus: "Das hätten wir nie gedacht, hier so glatt gewinnen zu können. Zumal ja fünf Spieler erst von ihren Nationalmannschaften bei der Olympiaquali unterwegs waren…aber die Chemie stimmt, die Stimmung ist gut und alle haben richtig Spaß am Volleyball und am Gewinnen."
Doch bis zur Meisterschaft ist es noch ein langer Weg. Weiß auch Generali-Libero Sebastian Prüsener, jahrelang Publikumsliebling in Berlin: "Das war heute ein so perfektes Spiel von uns, wie man es in der Saison nur ein- oder zweimal erwischt … ich wäre froh, wenn wir diese Form auch in die Meisterschafts-Play-offs bringen könnten." Jahrelang haben die Riesen vom Bodensee aus Friedrichshafen die nationale Szene am Netz dominiert. Häufig zum Leidwesen der Berliner, die den Bock nun "endlich" umstoßen wollten. Ist Haching diesmal der lachenden Dritte? Die neue Hochburg der
Volleyball-Bundesliga? Die Antwort gibt es erst zum Meisterschafts-Finale im April.